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Das Geheimnis von Haider-Maurers Höhenflug

Das Geheimnis von Haider-Maurers Höhenflug

Niemand hatte ihn so richtig auf dem Zettel!

Immer wieder kratzte Andreas Haider-Maurer an den Top 100, Platz 70 war im Jahr 2011 aber das Höchste der Gefühle.

Im Schatten eines Dominic Thiems startete der Niederösterreicher aber mit 28 Jahren einen noch immer andauernden Höhenflug. Seit September verbesserte sich der Rechtshänder von Platz 118 auf Rang 47 und stürmte erstmals die Top 50.

Plötzlich ist der Spätzünder in aller Munde, duellierte sich mit Novak Djokovic erstmals mit einer amtierenden Nummer eins der Welt und ist drauf und dran Thiem (ATP-Ranking: 44.) als Österreichs Nummer eins abzulösen.

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Doch woher kommt dieser plötzliche Wandel in der Karriere Haider-Maurers? Wenn es einer wissen muss, dann Bernd Haberleitner, seines Zeichens seit über zwölf Jahren als Manager für AHM tätig.

LAOLA1 analysiert mit Haider-Maurers langjährigem Weggefährten die Gründe und Erfolgsfaktoren des aktuellen Höhenflugs:

  • DAS UMFELD

Trainer, Manager, Kondicoach, die langjährige Freundin, Bruder und Eltern sorgen dafür, dass sich Haider-Maurer auf das Wesentliche konzentrieren kann. "Das Umfeld ist ganz entscheidend. Die Spieler sind das ganze Jahr unter Druck, werden anders als im Mannschaftssport jede Sekunde eiskalt bestraft, wenn Fehler passieren", weiß Haberleitner. Somit sei es wichtig gewesen, eine Basis zu schaffen, damit sich der Spieler im ausgeglichenen Umfeld fallen lassen, sich entwickeln kann und Spaß hat. Über die Jahre hat sich diese Wohlfühloase entwickelt. "Speziell bei Andreas, der ein sehr sensibler Mensch ist, aber innen drin einen Riesenwillen und fast zu viel Perfektionismus hat, was ihn manchmal bremst. Da gilt es von außen einzuwirken." Die richtige Mischung macht's. Dadurch ist AHM auch als Persönlichkeit gereift und kann das Thema Tennis-Profi besser einordnen als noch vor einigen Jahren.

Kategorie Fakten Kategorie Fakten
Alter: 28 Jahre Schlaghand: Rechtshänder
Geburtsort: Zwettl Profi seit: 2005
Wohort: Innsbruck Trainer: Daniel Huber
Größe: 188 cm beste ATP-Platzierung:
  1. Rang
Gewicht: 85 kg Datum beste Platzierung: 20.04.2015

Haider-Maurers Trainer Daniel Huber
  • DER TRAINERWECHSEL

Ende des vergangenen Jahres wurde die Trennung von Trainer Karel van Wyk bekanntgegeben, der erst 30-jährige Tiroler Daniel Huber sollte sich um die Betreuung des zu diesem Zeitpunkt bereits in die Top-100 gerutschten Spielers kümmern. "Er ist auch ein junger, hungriger Mensch, der im Tennis was bewegen will und auch diese Chance wittert. Die zwei verstehen sich auch privat sehr gut, sind aber am Platz höchstprofesionell", erklärt Haberleitner. Ein Vertrauensverhältnis mit dem davor für Yvonne Meusburger zuständigen Coach war von Anfang an vorhanden. Trotz des geringen Altersunterschieds nimmt Haider-Maurer alles von seinem "Lehrer" an, gemeinsam wird "sehr konstruktiv" getüftelt. "Eine Stärke von Huber ist, dass er sehr viel an Kleinigkeiten feilt und viel Spaß ins Training bringt." Der Erfolg gibt dem erst kürzlich zusammengefundenen Duo recht.

  • SPIELERISCHE WEITERENTWICKLUNG

Eine gewisse Umstellung im Spiel des Niederösterreichers ist klar erkennbar. Sein Manager betont, dass neben der Weiterentwicklung der Technik kaum Ausreißer vorhanden sind, er ein Spiel stets unter Kontrolle hat. Grundlegend wird sich das Spiel erst mit Fortlauf der Zusammenarbeit mit seinem Neo-Coach entwickeln. "Es wird sehr viel daran gearbeitet, dass er näher an der Linie steht, offensiver wird in allen Bereichen." Offensiver ist für Haberleitner ein gutes Stichwort. Wie er Haider-Maurer erstmals im Alter von 12 Jahren gesehen hat, imponierte ihm das am meisten. "Was mich an ihm fasziniert hat, war, dass er ein unglaublich offensives Spiel hatte, was er in den letzten Jahren gar nie so gezeigt hat. Das habe ich österreichweit bei keinem anderen gesehen. Das Service ist seine Stärke und die Vorhand danach, aber es kann noch viel offensiver werden." Somit will man im Training das herausarbeiten, was er ursprünglich in sich hat.

  • DIE ROUTINE

Dass AHM erst mit 28 Jahren der Knopf so richtig aufgeht, ist für seinen langjährigen Wegbegleiter keine Überraschung. "Ich bin absolut der Meinung, dass es das beste Tennisalter ist. Auch in der Weltrangliste ist der Durchschnitt in den Top 100 von knapp 22 auf 28, 29 Jahre gestiegen." Als Beispiel führt er auch Jürgen Melzer an, der ebenfalls erst im fortgeschrittenen Alter sein bestes Tennis spielte. "Haider-Maurer war zudem kein frühentwickelter Spieler. Er hat lange körperlich zu kämpfen gehabt, weil er so schnell gewachsen ist. Er hat auch sehr spät Junior-Tennis gespielt, als Djokovic oder Murray schon wieder aufgehört haben." Die langjährige Erfahrung im Tennis-Zirkus kommt ihm nun aber zugute. Haberleitner ist sogar der Meinung, dass er als Ü30-Spieler erst seine wahren Stärken ausspielen kann: "Er hat die besten Jahre definitiv noch vor sich."

  • KONSTANZ ALS TRUMPF

Die fehlende Konstanz war stets die Achillesferse Haider-Maurers, das ist dem Spieler selbst bewusst. Das Potenzial haben mehrere, nur die wenigsten können es jedoch dauerhaft abrufen. Nach einem Hoch, wie etwa 2010 mit der Finalteilnahme in der Wiener Stadthalle, folgte für ihn meist ein Einbruch. "Das war sein Problem", weiß Haberleitner, der jedoch einen klaren Wandel erkennen kann. "Die Konstanz ist entscheidend. Die hat er seit den letzten zwei Jahren, schon auf Challenger-Ebene. Er hat fast kein schlechteres Ergebnis als Viertelfinale gehabt, das war ein gutes Zeichen. Dass es dann mit Australian Open, Chennai und Rio auch auf der ATP-Tour so läuft, haben wir nicht erwartet", gibt sein Berater zu. "Umso schöner ist es, dass er den Umstieg vom Challenger-Level auf die ATP-Tour geschafft hat und dort auch gleich seine Matches konstant gewinnt."

seit 12 Jahren Manager: Bernd Haberleitner
  • CHALLENGER-EBENE ALS SPRUNGBRETT

Das Jahr 2014 war für Haider-Maurer ein richtungsweisendes. Die Konzentration galt voll und ganz der Challenger-Ebene, wo er mit den Siegen in Brasov und Trnava sowie der Finalteilnahme in San Benedetto Glanzlichter setzte. "Wir wollten sehen, ob er das Jahr 2015 unter den Top 100 beginnen kann. Das ist nur über die Challenger-Ebene aufgegangen, er war dann Nummer 88. Aber die Challenger-Ebene ist brutal und beinhart", verrät Haberleitner. Statt Glamour und finanziellen Höhenflügen musste AHM um jeden Sieg kämpfen. "Du spielst jede Runde gegen Spieler, die Top-100-Potenzial haben, aber aufgrund von Konstanz nicht weiter vorkommen. Auf Challenger-Ebene bleiben auch die meisten hängen. Alle Matches sind körperlich und geistig nicht weniger anstrengend als auf dem ATP-Tour-Level." Zudem sei die erweiterte Weltspitze immer enger zusammengerückt.

  • SCHUB DURCH TOP 100

 Zu den hundert besten Tennisspielern der Welt zu gehören, offenbart neue Möglichkeiten - so auch für Haider-Maurer. "Das hat ihm die Welt eröffnet, das Gefühl, von Anfang des Jahres bei der Weltspitze voll dabei zu sein. Du beginnst mit Hauptbewerben, planst anders, kannst mit den Top-Spielern trainieren, wozu man sonst keine Möglichkeit hat. Das bedeutet den nächsten Schritt." Abgesehen von der Unterbringung in schöneren Hotels, professioneller Organisation und besseren Plätzen rentiert sich der Sprung in die Top 100 auch finanziell. Aufgrund des schnelllebigen Geschäfts ist jedoch Vorsicht geboten. "Man muss möglichst lange Konstanz zeigen, auf Gesundheit achten, richtig trainieren und pausieren, wie Andi dann in Madrid und Rom. Er hat jetzt so viel gespielt, das wird immer mehr. Irgendwann kommt der Punkt, wo man einfach 'Halt' sagen muss."

  • PLATZ 47 ALS MOTIVATION

Das absolute Karrierehoch erreichte Haider-Maurer mit Platz 47 in der ATP-Weltrangliste, das er seit 20. April 2015 hält. Das soll aber noch längst nicht alles gewesen sein. "Wir als Team glauben absolut daran, dass er noch einen Sprung nach vorne machen kann. Wie weit, kann man nie sagen. Es hätte auch niemand je gedacht, dass Jürgen Melzer unter die Top-10 kommt. Da müssen so viele Sachen zusammenspielen." Dass das Erreichen der Top 50 in so einem Eiltempo geschafft wurde, konnte allerdings nicht eingeplant werden. "Es ist überraschend, dass es so schnell kommt, aber definitiv nicht von seinem Potenzial her. Wenn er es konstant bringt, dann ist das möglich. Es war sicher nicht das Ziel für Jahresanfang, aber es ist eine tolle Erfahrung, dass es so schnell gehen kann", lässt Haberleitner Euphorie durchklingen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich AHM noch um weitere Plätze verbessern kann.

  • ÖSTERREICHISCHES TENNIS-HOCH

Nicht nur im Lager des 28-Jährigen herrscht gute Stimmung aufgrund der Weltranglisten-Platzierung. Auch Rot-Weiß-Rot darf sich erstmals seit 1996 (Thomas Muster/Gilbert Schaller) über zwei ÖTV-Athleten in den Top 50 freuen. "Das ist super positiv. Ich habe selber nicht gewusst, dass das seit 1996 nicht mehr der Fall war. Dominic wird nach dem überragenden letzten Jahr auch heuer wieder gut spielen, sich beweisen und weiter vorkommen. Umso schöner, dass auch Andi dabei ist. Das ist für das österreichische Tennis sehr gut", ist Haberleitner überzeugt. Dabei hat AHM durchaus die Chance, Österreichs Nummer 1 zu werden. "Das Ziel, Dominic zu überholen, ist für uns überhaupt nicht entscheidend. Wenn Andi Nummer zehn ist, kann Dominic gerne 7.,8. oder 9. sein." Während Thiem zuletzt im Fokus stand, konnte Haberleitners Schützling in Ruhe arbeiten. "Es ist aber überhaupt kein Konkurrenzkampf vorhanden. Die beiden haben wenig miteinander zu tun, im Daviscup wäre eine Möglichkeit, mal schauen ob er dort dabei ist. Sonst gibt es fast keine Berührungspunkte."

  • BELOHNUNG FÜR DIE MÜHEN

Haider-Maurer hat in seiner Karriere bereits viel erlebt, zur Zeit belohnt er sich aber für die investierte Arbeit. "Der Plan war, irgendwann einmal dorthin zu kommen, auch wenn der ursprüngliche Plan anders ausgelegt war. Nämlich, dass er früher den Sprung schafft." Das vor 12 Jahren ins Leben gerufene Projekt trägt jetzt Früchte, erleichtert auch die Arbeit Haberleitners in puncto Finanzen, Sponsoren, Kooperationen oder Trainerverträgen. Ein Duell gegen die Nummer eins der Welt Novak Djokovic, wie im Achtelfinale von Monte Carlo, ist das Sahnehäubchen. "Wir haben über Jahre immer wieder davon geredet, wann der Punkt kommt. Das war ein Kindheitstraum. Ich hoffe, es kommt noch ein paar Mal vor." Auch wenn man gegen "Nole" keine Chance hatte ("Djokovic ist in allen Punkten so professionell und gut, überall am oberen Limit"), sind es genau diese Spiele, für die sich die harten Jahre ausgezahlt haben. Möglicherweise trifft Haider-Maurer in Zukunft noch öfter auf eine aktuelle Nummer eins.


Alexander Karper

 

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