#2 Don’t Stop Believin‘

Chris Froome und sein Namensvetter Horner haben nie den Glauben an sich selbst verloren und wurden in diesem Jahr für all ihre Mühen belohnt. Der Brite, bei der WM 2006 noch für Kenia am Start und nicht wirklich Herr über sein Rad, war bei Rundfahrten kaum zu schlagen und deklassierte die Konkurrenz bei der Tour de France.

Horner wurde in den letzten Jahren immer wieder von schweren Verletzungen zurückgeworfen oder musste sich seinen Teamkapitänen unterordnen. Bei der Vuelta schlug seine große Stunde – mit knapp 42 Jahren avancierte er zum mit Abstand ältesten Grand-Tour-Gewinner aller Zeiten.

„Don’t Stop Believin‘“ aber auch aufgrund aller Dopingunterstellungen und –vorwürfe gegen das Duo. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, außergewöhnliche Leistungen mit einer Prise Skepsis zu begutachten. Dennoch haben beide – die in ihrer gesamten Karriere nie positiv getestet wurden oder mit auffälligen Werten ins Blickfeld der Fahnder rückten – es verdient, eine Chance zu bekommen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

 

#3 Smells Like Teen Spirit

Erfreulich vielen jungen Talenten gelang 2013 der Durchbruch. Der Niederländer Danny van Poppel – ab dem nächsten Jahr gemeinsam mit seinem Bruder Boy Teamkollege von Riccardo Zoidl bei Trek – trug mit 19 Jahren als jüngster Tour-Teilnehmer seit dem zweiten Weltkrieg das Weiße Trikot des besten Nachwuchsprofis, nachdem er auf der ersten Etappe aufs Podium sprintete.

Georg Preidlers Teamkollege Warren Barguil, ein 21-jähriger Franzose, konnte gleich bei seiner ersten Teilnahme an einer großen Landesrundfahrt - der Vuelta a Espana - in eindrucksvoller Manier zwei Etappen gewinnen. Der Vorjahressieger der Tour de l’Avenir gilt vollkommen zu recht als die neue französische Hoffnung.

Noch einer zeigte eindrucksvoll bei der Vuelta auf: Der 23-jährige Australier Michael Matthews - U23-Weltmeister von 2010 - gewann bei seiner ersten Grand Tour ebenfalls zwei Teilstücke, allerdings im Massensprint. 

Spanien-Rundfahrt, die Dritte: Kenny Elissonde ist 22 Jahre alt und konnte bei seiner ersten dreiwöchigen Rundfahrt ebenfalls eine Etappe gewinnen – allerdings nicht nur irgendeine: Ausgerechnet am berühmt-berüchtigten Angliru feierte er den größten Sieg seiner Karriere und hielt auch den späteren Gesamtsieger Chris Horner auf Distanz.

 

#4 Message In A Bottle

Urin spielt eine wichtige Rolle im Radsport, nicht zuletzt aufgrund der vielen Dopingkontrollen, die ein Fahrer im Jahr vor den Augen der Kontrolleure abliefern muss. Doch Sprintstar Mark Cavendish (OPQ) erlebte auf der 11. Etappe der Tour de France noch eine ganz andere Begegnung mit dem Ausscheidungsprodukt: Beim Einzelzeitfahren wurde ihm aus einem Becher Urin ins Gesicht geschüttet. Erboste Fans waren der Meinung, er hätte dies verdient, da er im Massensprint am Vortag Tom Veelers (ARG) zu Fall gebracht hatte.

Bei einem anderen Vorfall bekamen gleich mehrere Fahrer die "goldene Flüssigkeit" ab: Der Weißrusse Yauheni Hutarovich verrichte seine Notduft bei starkem Wind, was Chris Juul-Jensen auf Twitter – mehr oder weniger – trocken kommentierte: "Fantastisch. Hatte heute mal wieder die Pisse eines anderen Fahrer im Mund…". Auch Karsten Kroon zwitscherte alles andere als begeistert: "Hutarovich pinkelte von seinem Rad und der Seitenwind bescherte 100 Fahrern eine 'golden shower'. Was für eine Pussy."

#5 Ain't No Sunshine

Oh, was hatten die Fahrer in diesem Jahr zu leiden. Der Wettergott kannte kein Erbarmen und stellte das Peloton vor schier unlösbare Herausforderungen. Minusgrade und heftiger Schneefall setzten den Teilnehmern von Mailand-San Remo derart zu, dass das Rennen unterbrochen werden musste. Beim Giro d’Italia hatte Frau Holle erneut eine Sonderschicht eingelegt und für Schneefall gesorgt. „Aufgrund widriger Witterungsbedingungen wurde die 19. Etappe abgesagt“,  lautete die offizielle Aussendung der Organisatoren, nachdem sie keinen anderen Ausweg mehr sahen.

Weniger Gnade kannten die Vuelta-Bosse. Trotz eines Kältesturzes – binnen eines Tages sanken die Temperaturen von rund 30 Grad auf knapp über den Gefrierpunkt. Dass innerhalb von drei Tagen nicht weniger als 24 Athleten das Rennen beenden mussten, hielt die Veranstalter nicht davon ab, das Rennen knallhart und ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen. Auf unorthodoxe, aber höchst clevere Art und Weise wehrte sich Juan Manuel Garate gegen die Kälte. Zunächst glaubte sein Sportdirektor, der Spanier würde das Rennen aufgeben. Doch falsch gedacht: Der Routinier setzte sich einige Minuten ins Begleitfahrzeug, stellte die Sitzheizung an und wärmte sich auf, ehe er das Rennen fortsetzte.

 

#6 I Will Survive

Hart, härter, Radprofis! Wer es nicht glaubt, dem liefern wir gerne ein paar Beweise: Geraint Thomas brach sich auf der ersten Tour-Etappe die Hüfte und litt unter höllischen Schmerzen. Aufgeben blieb für den Briten allerdings ein Fremdwort, war er doch als wichtiger Helfer für Chris Froome vorgesehen. Der Sky-Profi hielt bis zum Ende durch. Michael Schär stürzte ebenfalls schwer und kugelte sich die Schulter aus. Kaum zu glauben, aber wahr: „Ich habe sie dann wieder reingemacht!“

Der Schweizer hielt noch einen Tag durch, musste dann aber einsehen, dass es keinen Sinn mehr macht, weiterzufahren: „Ich bin eine Gefahr für alle anderen.“ Einen haben wir noch: Jim Songezo wurde zum ersten dunkelhäutigen Profi bei Mailand-San Remo. Der 22-Jährige, extra aus dem warmen Südafrika eingeflogen, bekam die Rennunterbrechung aufgrund der Wetterkapriolen nicht mit und fuhr auf den Passo Turchino. Ein Offizieller klärte Songezo auf, der sich daraufhin – von einer Eisschicht umhüllt und halb erfroren - den Weg zum Teambus bahnte.

 

#7 The Pretender

Gleich zu Beginn des Jahres gab es einen Paukenschlag: Lance Armstrong gestand bei Oprah Winfrey jahrelanges, systematisches Doping. Dennoch war dieser Auftritt – in typischer Armstrong-Manier  – perfekt inszeniert und berechnend. Er gab nicht mehr preis, als er musste, Anschuldigungen an ehemalige Kollegen, Ex-Teamchefs oder den Weltverband blieben aus.

Der jahrelange Dominator der Tour de France und des Pelotons wirkte dadurch nicht unbedingt menschlicher - ruhig und überlegt gab er seine Antworten beinahe emotionslos. „Der unbändige Wille zu siegen. Das wurde zur Charakterschwäche. Ein arroganter Sack. Das war nicht gut," war noch das Selbstkritischste, was er von sich gab. Ohne Doping wäre es nicht möglich gewesen, die Tour sieben Mal zu gewinnen, betonte er zudem mehrfach.

 

#8 All The Small Things

Die Herren Bernhard Kohl und Christian Pfannberger haben dem heimischen Radsport aufgrund ihrer positiven Dopingtests vor einigen Jahren einen Bärendienst erwiesen. Der Sport war hierzulande am Boden und kam kaum wieder auf die Beine. Inzwischen gibt es jedoch ein zartes Pflänzchen, das langsam erwachsen ist und behutsam aufgebaut werden soll. Da wäre beispielsweise ein Sprössling, der auf den Namen Georg Preidler hört und zu den größten Kletterhoffnungen des Landes zählt.

Dann gibt es Patrick Konrad, der bei der Tour de l’Avenir toller Dritter wurde. Matthias Brändle und Stefan Denifl, die mit dem Schweizer IAM-Team im kommenden Jahr zur Tour wollen. Und natürlich Riccardo Zoidl, der für den ersten rot-weiß-roten Sieg bei der Ö-Tour seit 2008 sorgte und maßgeblich dafür verantwortlich war, dass der ÖRV erstmals seit 2006 sechs Tickets für das WM-Straßenrennen löste. Der Radsport in Österreich lebt - und das ist gut so!

#9 Free Fallin‘

Als unbelehrbar entpuppten sich glücklicherweise nicht allzu viele Fahrer. Doch unter den überführten Dopern 2013 tummelte sich ein alter Bekannter: Nach einer positiven EPO-Probe im April droht Danilo di Luca eine lebenslange Sperre, da es bereits das dritte Vergehen des 37-Jährigen war. 2007 wurden Kontakte zu Dopingarzt Carlo Santuccione bekannt, 2009 wurde der Italiener beim Giro d‘Italia des CERA-Dopings überführt.

Landsmann Mauro Santambrogio fiel ebenfalls negativ mit einer positiven EPO-Probe beim Giro d’Italia auf. Im Oktober kündigte der gesperrte Fahrer auf Twitter einen Suizidversuch an („Adios, Welt! Ich schaffe es nicht mehr!"), konnte aber glücklicherweise von Freunden davon abgehalten werden.

Auch der Sieger der Türkei-Rundfahrt, Mustafa Sayar, wurde positiv auf das Blutdopingmittel EPO getestet. Besonders überraschend war diese Nachricht nicht, bereits während der Rundfahrt kamen Zweifel am plötzlichen Leistungssprung des 24-jährigen Türken auf. Marcel Kittel twitterte beispielsweise bereits im April: "Ich war in meinem Leben selten so wütend über das Ergebnis eines anderen. Und ich sehe viele Leute, die ähnlich fühlen."

 

#10 Won’t Get Fooled Again

„Lance Armstrong hat keinen Platz mehr im Radsport. Er hat es verdient, vergessen zu werden.“ Harter Tobak, den der ehemalige UCI-Präsident Pat McQuaid zu Jahresbeginn vom Stapel ließ. Und das, obwohl er jahrelang als Intimus des Texaners galt und angeblich selbst jede Menge Dreck am Stecken hat. Inzwischen ist auch für den 64-Jährigen kein Platz mehr. Trotz Trickserei bei der Nominierung wurde der Ire abgewählt und Brian Cookson zum neuen Boss des Weltverbandes bestimmt.

Dieser will mit der Vergangenheit aufräumen und den Radsport vom Doping-Image befreien. Das „Mandat des Wandels“, wie er seine Ernennung bezeichnete, sorgte allerdings bereits für Kopfschütteln. So berief er ausgerechnet Antonio Rigozzi, der Alberto Contador in der "Rindersteak-Affäre" vertrat, als externer Berater in das UCI-Gremium. Es bleibt zu hoffen, dass er seine Vorhaben in die Tat umsetzen kann.

 

#11 Help!

Als erster heimischer Sieger seit fünf Jahren hat Riccardo Zoidl die 65. Ausgabe der Österreich-Rundfahrt gewonnen und das trotz des wohl besten Teilnehmerfeldes der Geschichte um Thor Hushovd, Tom Boonen, Gerald Ciolek und Fabian Cancellara. Die Organisation war vorbildlich und auch über Zuschauermangel konnte sich die Österreich-Rundfahrt beim besten Willen nicht beschweren.

Dennoch – fast hätte es diese Ausgabe der Österreich-Rundfahrt nicht gegeben, am Ende konnte sie zwar gerettet und stattfinden, jedoch ohne Live-Übertragung des Staatsfunkes. Die Zukunft bleibt aufgrund der großen, finanziellen Probleme weiter ungewiss, die Suche nach Sponsoren gestaltet sich schwierig… Wir wünschen der engagierten Ö-Tour-Direktorin Uschi Riha bei der Akquise potenzieller Geldgeber viel Erfolg und halten es mit unseren Österreich-Rundfahrt-Experten: "Wir lieben die Ö-Tour!"

 

#12 Born To Be Wild

Der Radsport braucht besondere Typen und Peter Sagan ist definitiv ein solcher. Nach der Flandern-Rundfahrt übertrieb es der Slowake allerdings, in dem er Maja Leye an den Hintern fasste. „Es sollte nur ein Scherz sein“, ließ er wissen und zog sich dennoch den Zorn des Podestgirls zu.

Ein Rennen der kuriosen Art lieferte sich Tony Martin Anfang Jänner in Dubai. Über 1.000 Meter trat er gegen ein Pferd an – und zog den Kürzeren. „Nach etwa 100 Metern hab ich die Nüstern schon langsam neben mir schnaufen hören“, war dem Deutschen früh klar, dass er unterliegen würde.

 

Henriette Werner/Christoph Nister