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Verrückte 2. Tour-Etappe sorgt für "Favoritensterben"

Verrückte 2. Tour-Etappe sorgt für

Während André Greipel auf der zweiten Etappe der 102. Auflage der Tour de France über den ersten deutschen Tagessieg jubelt, müssen einige Favoriten auf den Gesamtsieg bereits einen schweren Rückschlag einstecken.

Das Teilstück entlang der rauen Nordseeküste sorgte mit den erwarteten Windkanten und einem Wetterumschwung dafür, dass sowohl Titelverteidiger Vincenzo Nibali (Astana) als auch Kletterass Nairo Quintana (Movistar) bereits am zweiten Tag einen Rückstand von 1:28 Minuten kassierten.

Sky-Profi Chris Froome hingegen erreichte als einziger der vier großen Favoriten zeitgleich mit Greipel das Ziel, denn Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) verlor auf den letzten Metern noch vier Sekunden auf den Tour-Sieger von 2013.

Der "Hai" geht baden

Die letzten 50 km der 2. Etappe durch die Niederlande führten über sogenannte "Barrieren", die die Inseln und Halbinseln von Zeeland miteinander verbinden. Das Ziel in Neeltje Jans ist eine künstliche Insel und gleichzeitig die erste Zieleinfahrt in der Geschichte der Frankreich-Rundfahrt, die auf dem Meer liegt – Seitenwinde waren also vorprogrammiert.

Etixx-QuickStep und Lotto-Soudal wollten diese für ihre Zwecke nutzen und machten Tempo, so dass das Peloton rund 60 km vor dem Ziel auseinander fiel. Nibali, Quintana, Alejandro Valverde (Movistar) aber auch John Degenkolb (TGA) sowie der letztjährige Zweite Jean-Christophe Peraud (ALM) und Joaquim Rodriguez (Katusha) verloren den Anschluss.

Zunächst steckte Quintana noch in einer Gruppe hinter Nibali, der Italiener hatte jedoch mit einem Sturz und einem Defekt keine Chance, den Anschluss an die Spitze zu schaffen, sodass es der Gruppe um den Kolumbianer gelang, zum "Hai von Messina" aufzuschließen.

Wieder Pech für Martin

Auch Tony Martin musste nach Platz zwei zum Auftakt erneut eine Enttäuschung einstecken: Zwar war der Vortagessieger Rohan Dennis nicht in der ersten Gruppe vertreten, doch da Fabian Cancellara Martins Teamkollegen Mark Cavendish Rang drei und die dazugehörigen Bonussekunden vor der Nase wegschnappte, reichte es für den Deutschen erneut nicht für das Gelbe Trikot – gerade einmal drei Sekunden liegt er als Gesamt-Zweiter hinter dem Schweizer.

Obwohl die Enttäuschung „sehr, sehr groß“ ist, macht er Cavendish keine Vorwürfe. "Der Kampf um das Gelbe Trikot ist auf eine relativ geringe Anzahl von Fahrern minimiert. Es ist nicht direkt mein Finale, aber ich werde versuchen, meine Chance zu nutzen", hat er die Hoffnung auf das „maillot jaune“ noch nicht aufgeben und hofft auf die dritte Etappe nach Belgien, die auf der gefürchteten Mauer von Huy endet.

Froome straft Kritiker Lügen

Chris Froome, der nach dieser Etappe bereits auf Rang zehn des Gesamtklassements (+48) vorgerückt ist, zeigt sich nach dem verrückten zweiten Teilstück begeistert von den Ereignissen.

"Es ist ein riesiger Vorteil für uns, dass wir nach einer einzigen Flachetappe in dieser Position sind. Aber die Tour ist ein dreiwöchiges Rennen, bei dem sich die Dinge jeden Tag ändern können. Heute sind wir vorne, aber wer weiß, was der Rest der Woche noch für uns bereithält?“

"Ich bin meinen Teamkollegen sehr dankbar, dass sie mich den ganzen Tag über unterstützt haben, vor allem als es darauf ankam, als das Feld auseinander flog. Jeder dachte, dass Froome eine solche Etappe nicht überstehen würde, aber sie haben sich geirrt. Zwei Tage sind vorbei und ich könnte kaum besser dastehen. Es war das absolute Chaos mit dem Gewitter, dem Wind und alledem. In einem Moment war Nibali noch an meiner Seite, einen Augenblick später war ich völlig überrascht als ich hörte, dass er zurückgefallen war", berichtet der Brite vom Chaos auf der Etappe.

Jeder Tag bringt neue Wendung

Der Franzose Thibaut Pinot, gestern noch der bestplatzierte der Favoriten und nun auf Rang 31 (+2:07 Min.) zurückgefallen, pflichtet ihm bei: "So ist das eben, jeden Tag gibt es eine neue Wendung. Es geht manchmal wirklich um Kleinigkeiten. Das Gewitter ist im ungünstigsten Moment ausgangs Rotterdam aufgezogen. Da war ein Kreisverkehr und wir haben ihn von der falschen Seite genommen. Danach war es schwierig, wieder zurückzukommen mit dem Regen und dem Wind, und überall waren Fahrer."

Quintana, der als Gesamt-44. bereits 2:27 Minuten Rückstand auf Gelb sowie 1:39 Minuten auf Froome und 1:27 auf Contador aufgerissen hat, zeigt sich nach der Etappe recht kleinlaut und verschwindet schnell im Teambus, während sein sportlicher Leiter Eusebio Unzue versucht, die Situation herunterzuspielen.

"In der ersten Tour-Woche kann alles passieren, es geht darum, so wenig Pech wie möglich zu haben. Im Endeffekt bin ich froh, dass Nairo sich auf den letzten 50 km gut geschlagen und ihn sein Team gut unterstützt hat. Diese Dinge muss man erwarten und was passiert ist, ist passiert."

Es wäre auch falsch, bereits am zweiten Tag den Kopf in den Sand zu stecken, denn schon am Montag Abend kann es wieder ganz anders aussehen...

 

Henriette Werner