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Nibali: "Es ist anders, es ist größer, es ist schöner"

Nibali:

Es war kein Sieg wie jeder andere.

Es war eine Demonstration, die ihresgleichen sucht.

Vincenzo Nibali hat der 101. Tour de France nicht nur seinen Stempel aufgedrückt, er hat sie dominiert wie nur wenige vor ihm. (Siegerliste)

Der 29-jährige Italiener, der für das kasachische Astana-Team unter der Führung von Alexander Vinokourov in die Pedale tritt, erreichte am Sonntag die Avenue des Champs Élysées mit einem Vorsprung von 7:52 Minuten – dem größten seit der Jahrtausendwende.

Nicht weniger als vier Etappen fügte er seiner Palmarés hinzu, Nibali verlor auf keiner einzigen Bergetappe Zeit auf einen seiner direkten Konkurrenten.

Die neue Generation

Wenngleich sein Umfeld äußerst fragwürdig erscheint – neben dem des EPO-Dopings überführten Vinokourov und seinem Edelhelfer Michele Scarponi, ebenfalls ein Sünder, soll er früher mit „Dottore EPO“ Michele Ferrari zusammengearbeitet haben, was er dementierte -, gilt der Allrounder als Fahrer der neuen Generation.

„Es ist anders, es ist größer, es ist schöner. Der Level der Konkurrenz ist zudem höher“, fügt er an. Zugleich seien allerdings auch seine Siege in Spanien („Er hat mir gezeigt, dass ich in der Lage bin, große Rundfahrten zu gewinnen“) und Italien („Für mich als Italiener ist es offenkundig ein spezieller Sieg“)  ähnlich hoch einzuschätzen.

Noch genügend Ziele

Die Ziele gehen dem „Hai von Messina“, nicht aus, er zeigt sich weiter gefräßig. „Ich möchte zum Beispiel einmal die Lombardei-Rundfahrt gewinnen und war ja auch schon mehrfach nah dran. Zudem ist auch die Straßen-Weltmeisterschaft ein Ziel von mir.“

Und dann wäre da noch die Tour 2015 – mit einem Line-up, das seinesgleichen sucht. Neben Froome und Contador, die auf Rache sinnen werden, wird auch Giro-Dominator Nairo Quintana (Movistar) mit von der Partie sein. Nibali freut sich darauf. „Ja, warum sollten wir denn auch keine großartige Schlacht haben im nächsten Jahr?“

Die Radsport-Fans hätten sicher nichts dagegen.


Christoph Nister
 

Entsprechend zeigt er sich froh über die in den letzten Jahren eingeführten Maßnahmen, um Doping den Kampf anzusagen. „Mit den Schritten, die eingeleitet wurden – ich spreche über gezielte Tests, den biologischen Blutpass und die MPCC (Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport) – habe ich einen großen Schritt gemacht und plötzlich kamen die Resultate. Vielleicht muss ich danke dafür sagen, vielleicht wäre ich ansonsten nicht hier.“

"Ein würdiger Patron"

Die Tatsache, dass mit Titelverteidiger Chris Froome (Sky/Knochenbrüche an beiden Händen) und Alberto Contador (Tinkoff-Saxo/Schienbeinbruch) seine zwei Hauptkonkurrenten vorzeitig verletzungsbedingt von ihrem Arbeitsgerät steigen mussten, stört ihn nicht weiter.

Es sei natürlich schöner gewesen, die beiden im direkten Vergleich zu schlagen, doch auch so betrachte er sich als verdienten Sieger. Das untermauert auch Vinokourov: „Trotz aller Polemik hat Vincenzo bewiesen, dass er ein würdiger Patron der Tour ist.“

In Italien hat Nibali einen Boom ausgelöst, die Tifosi feiern ihren neuen Liebling, der ihnen den zehnten Tour-Sieg bescherte. Zuletzt durften sie vor 16 Jahren durch Marco Pantani jubeln. Vergleiche mit dem Erfolg des „Piraten“ will er keine anstellen.

Keine Pantani-Vergleiche

„Es ist schwer, das zu tun. Während Marco die Tour in der letzten Woche gewann, war es bei mir das genaue Gegenteil. Ich habe das (Gelbe) Trikot bereits nach dem zweiten Tag übergestreift.“ Der Astana-Kapitän freut sich, dem Radsport in seiner Heimat  zu neuem Glanz zu verhelfen, nachdem er in den letzten Jahren deutlich an Interesse einbüßte.

Es stimme zwar, dass sein Sport Probleme habe, aber das liege nicht an fehlenden Talenten. „Es fehlt an Sponsoren“, erklärt er und führt dies auf wirtschaftliche Probleme zurück. Mit seinem Triumph hofft er, potenzielle Geldgeber von einem Engagement im Velo-Zirkus überzeugen zu können.

"Grand Slam" geknackt

In die Geschichte geht Nibali nicht nur wegen seiner Dominanz ein, sondern auch aufgrund seines Eintritts in einen äußerst elitären Kreis. Nachdem er 2010 die Vuelta a Espana für sich entschied sowie im Vorjahr beim Giro d’Italia reüssierte, hat er jetzt den „Grand Slam“ des Radsports als erst sechster Fahrer in der Tasche.

Vor ihm gelang dies lediglich den beiden Franzosen Jacques Anquetil und Bernard Hinault, Nibalis Landsmann Felice Gimondi, dem Spanier Alberto Contador sowie dem Belgier Eddy Merckx, der als erfolgreichster Radprofi aller Zeiten gilt und deshalb den Spitznamen „Kannibale“ erhielt.

Von Nibali zu "CaNibali"

Aufgrund seiner Hegemonie wurde Vincenzo bereits als „CaNibali“ tituliert, dabei fühlt er sich in erster Linie geehrt, das bedeutendste Radrennen der Welt gewonnen zu haben. „Was die Tour so außergewöhnlich macht und von allen anderen Rennen abhebt, ist die internationale Aufmerksamkeit“, hält der „Tourminator“ dieses Jahres fest.

Name Nation <span style=\'color: #ff00ff;\'>Giro <span style=\'color: #ffff00;\'>Tour <span style=\'color: #ff0000;\'>Vuelta Gesamt
Jacques Anquetil Frankreich 60, 64 57, 61, 62, 63, 64 63 8
Felice Gimondi Italien 67, 69, 76 65 68 5
Eddy Merckx Belgien 68, 70, 72, 73, 74 69, 70, 71, 72, 74 73 11
Bernard Hinault Frankreich 80, 82, 85 78, 79, 81, 82, 85 78, 83 10
Alberto Contador Spanien 08 07, 09 08, 12 5
Vincenzo Nibali Italien 13 14 10 3