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Italienischer "Hai" schlägt zum dritten Mal zu

Italienischer

Die Jubelpose sitzt perfekt. Immerhin durfte Vincenzo Nibali diese schon oft üben - allein bei der aktuellen Tour de France feierte der Italiener am Freitag bereits den dritten Etappensieg.

Zudem trug er das Gelbe Trikot schon elf Tage lang - mit Ausnahme der zweiten und neunten Etappe führte er die diesjährige Große Schleife immer an.

Seit Freitagnachmittag ist er überdies der offizielle Träger des Bergtrikots.

Attacke

Die 101. Tour de France entwickelt sich zu einer One-Man-Show. Bereits vor den eigentlichen Bergetappen wusste Nibali zu überzeugen, auch die Kopfsteinpflaster-Etappe konnte ihn nicht aufhalten.

Auf der 13. Etappe machte der "Hai von Messina" seinem Namen alle Ehre und unterstrich im Hochgebirge seine Dominanz. Der 29-Jährige zeigte bislang noch keinen einzigen Moment der Schwäche, konnte alle Attacken seiner Gegner kontern.

Er ruht sich nicht auf seinem Vorsprung und seinen sehr guten Zeitfahr-Qualitäten aus, sondern fährt ein offensives Rennen, attackiert und - gewinnt.

In Gedenken an Casartelli

"Es ist etwas ganz Besonderes für mich, am Jahrestag des tödlichen Sturzes von Fabio Casartelli zu gewinnen", erwies Nibali seinem 1995 auf tragische Weise ums Leben gekommenen Landsmann die Ehre, ehe er auf das Rennen zu sprechen kam.

"Ich wollte das Rennen kontrollieren und Zeit herausholen, besonders gegen Valverde - ich hatte Sorge, er würde die Lücke wieder schließen können. Der Anstieg war endlos, er hörte einfach nicht auf."

Historisches greifbar nahe

Mit dem Sieg in Chamrousse ist er seinem großen Ziel, dem Tour-de-France-Sieg, einen sehr großen Schritt näher gekommen.

Nibali wäre der erste italienische Sieger der Frankreich-Rundfahrt seit Marco Pantani im Jahre 1998. Zudem könnte er der erst sechste Fahrer in der Geschichte werden, der bei allen drei großen Rundfahrten triumphiert.

"Ich bin vielleicht in der Form meines Lebens, weil ich in diesem Jahr einen guten Saisonaufbau hatte. Ich habe zwar nicht die großen Resultate erzielt, aber alles war auf das große Ziel Tour de France ausgerichtet", verrät er sein Erfolgsrezept.

Nicht ohne Leiden

Im Gesamtklassement konnte sich der Sizilianer nach den sturzbedingten Ausfällen der Favoriten Chris Froome und Alberto Contador eines weiteren Konkurrenten entledigen: Richie Porte. Skys Ersatzkapitän verlor beinahe neun Minuten und damit wohl auch jegliche Ansprüche auf einen Podestplatz.

"Ich habe heute sehr unter der Hitze gelitten. Aber am letzten Anstieg habe ich mich zunehmend besser gefühlt. Ich habe meine Gegner sehr genau beobachtet. Meine Absicht war nur, das Finale zu kontrollieren, aber als ich gesehen habe, dass Richie Porte Schwierigkeiten hatte - was bei der Hitze jedem passieren kann - war mein Ziel, Valverde ein paar Sekunden abzunehmen."

Wermutstropfen

Der einzige Rückschlag für Nibali, der im Gesamtklassement bereits 3:37 Minuten Vorsprung auf den zweitplatzierten Alejandro Valverde hat, war der Sturz seines Teamkollegen Jakob Fuglsang.

Der wichtigste Helfer des Mannes in Gelb kam in der Abfahrt vom vorletzten Berg zu Fall. Der Däne rappelte sich aber mit Hautabschürfungen und Prellungen wieder auf und fuhr die Etappe zu Ende.

"Ich habe Nachricht von ihm, es geht ihm gut", beruhigte Nibali. Das ist auch gut so, denn bereits am Samstag geht es weiter durch die Alpen. Drei Bergwertungen stehen an, darunter der legendäre Col d'Izoard, der in diesem Jahr mit 2360 Metern das "Dach" der Tour bildet.

Sorgen muss man sich um Nibali keine machen, auch wenn Astana-Teamchef Alexander Vinokurov noch tiefstapelt: "Wir müssen vorsichtig sein. Vincenzo hat Freitag viele Energien verbraucht. Ich hoffe, er hat sie Samstag wieder."

Auch die Tatsache, dass Tinkoff-Saxo-Besitzer Oleg Tinkov bei "Eurosport" noch einmal von der einzigartigen Form schwärmt, in der sich Alberto Contador vor seinem Sturz befunden habe und auch nicht vergisst, noch einmal darauf hinzuweisen, dass Vorjahressieger Chris Froome ebenfalls fehlt, ändert nichts daran, dass es keinen Zweifel mehr daran gibt, wer heuer der Stärkste bei der Tour ist.

 

Henriette Werner