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Nibali & die Deutschen - Rückblick auf 1. Tour-Woche:

Nibali & die Deutschen - Rückblick auf 1. Tour-Woche:

Der erste Teil der 101. Tour de France ist Geschichte. Es war ein sehr langer und ereignisreicher "Ritt" von England über Belgien in die Vogesen. Zehn Etappen sind absolviert, heute "genießen" die Radprofis bei der schwersten Landesrundfahrt der Welt ihre erste Verschnaufpause.

Begonnen hat alles in England vor Millionen von begeisterten Zuschauern, die die drei Tage in Großbritannien unvergesslich machten. Zudem mussten die Klassement-Fahrer schon auf der zweiten Etappe die Katze aus dem Sack lassen.

Für große Aufregung sorgte das fünfte Teilstück, noch bevor es auf die umstrittenen Kopfsteinpflaster-Passagen ging, brachte der Regen viele Fahrer zu Fall.

LAOLA1 mit den wichtigsten Erkenntnissen aus der ersten Tour-Woche:

 

  • Tour d'Allemagne

Die deutschen Fahrer knüpften in der ersten Woche nahtlos an ihre Leistungen aus dem Vorjahr an, als mit sechs Siegen das beste Abschneiden seit 36 Jahren erreicht wurde. Gleich zum Auftakt sorgte zunächst der Älteste des Feldes, Jens Voigt, mit einem Ausreißversuch für Furore, der ihm für einen Tag das Bergtrikot bescherte. Dann wiederholte Marcel Kittel (LAOLA1-Interview) sensationell seinen Coup aus dem Vorjahr: Er gewann die erste Etappe und durfte für einen Tag lang das Gelbe Trikot des Gesamtführenden tragen. Auch auf der dritten und vierten Etappe war gegen den Thüringer Sprintstar kein Kraut gewachsen. Auf dem sechsten Teilstück war es dann André Greipel, der für den vierten deutschen Triumph bei dieser Großen Schleife sorgte. Am Sonntag schließlich dachte sich Zeitfahrweltmeister Tony Martin, "wenn die Organisation nur einen einzigen Kampf gegen die Uhr einbaut, fahre ich einfach mein eigenes Zeitfahren". Sein Plan ging voll auf, nach einer 60 Kilometer lange Solo-Flucht feierte er den 75. deutschen Etappensieg, den fünften allein bei dieser Tour.

 

  • Prominente Ausfälle

Insgesamt gab es bei der Frankreich-Rundfahrt 2014 bereits 18 Aufgaben. Besonders auffällig: Heuer sind bei weitem nicht nur Helfer betroffen, im Gegenteil. Gleich auf der zweiten Etappe erwischte es Sprintstar Mark Cavendish, der im Finale durch eigene Schuld zu Fall kam. Nur einen Tag später gab der Tour-Sieger von 2010, Andy Schleck, das Rennen ebenfalls aufgrund einer Sturzverletzung auf. Auf der fünften Etappe war es ausgerechnet Favorit und Vorjahressieger Chris Froome (SKY), der nach mehreren Stürzen mit Brüchen an beiden Händen das Handtuch werfen musste. Am Vorjahr des Ruhetages erwischte es dann auch noch den zweifachen Tour-Sieger und Mitfavoriten Alberto Contador (TCS), der in einer Abfahrt in ein Schlagloch fuhr und sich das Schienbein brach. Außerdem gab Fabian Cancellara aufgrund der Strapazen vor der elften Etappe auf. Er will sich auf die WM im September konzentrieren.

  • Nibali - und sonst?

Vincenzo Nibali ist der Mann der Stunde. Auf der einen Seite profitierte der Italiener natürlich von den Ausfällen seiner größten Konkurrenten Froome und Contador. Andererseits ließ er schon auf der zweiten Etappe durchblicken, dass er in absoluter Topform ist. Der Astana-Profi leistete sich bislang nicht einen einzigen Fehler, zeigte keinerlei Schwächen und meisterte jedes Terrain - egal, ob Kopfsteinpflaster, Mittel- oder Hochgebirge - mit Bravour. Zudem ist der Vuelta- und Giro-Sieger ein sehr guter Zeitfahrer. Nibali, der das Gelbe Trikot seit der zweite Etappe inne hatte und es nur auf der neunten Etappe einen Tag lang auszog, kann sich wohl nur noch selbst schlagen. Er wäre der erste italienische Sieger bei der Grande Boucle seit Marco Pantani 1998. Die Tour ist zwar noch lang, doch die Konkurrenz steht schon jetzt gehörig unter Zugzwang. Auf Rang zwei mit 2:23 Minuten Rückstand liegt Froome-Edelhelfer Richie Porte, der durch den Ausfall seines Kapitäns selbst zum Leader der Sky-Mannschaft avancierte und sich bislang auffallend gut schlug. Wie gut dem Australier die Kapitänsrolle steht, wird sich noch herausstellen, auf der Rechnung haben sollte man ihn auf jeden Fall: Im Vorjahr wurde er, obwohl er für Froome arbeitete, starker Gesamt-19. der Frankreich-Rundfahrt. Der derzeit Dritte im Kampf um den Gesamtsieg ist Alejandro Valverde. Der Spanier fährt wie immer stark, liegt aber bereits 2:47 Minuten zurück. Wenn er noch eine Chance auf Rang eins haben will, muss er attackieren, denn eines ist sicher: Im Vergleich zu Nibali ist er der schlechtere Zeitfahrer.

 

  • Die Grande Nation meldet sich zurück

Die französischen Fahrer zeigten bei der größten Radrundfahrt der Welt bislang beeindruckend auf und sorgten für viel Freude bei den heimischen Fans, die in den letzten Jahren bei ihrer eigenen Landesrundfahrt nicht gerade erfolgsverwöhnt wurden und seit 29 Jahren auf einen französischen Tour-Sieger warten. Zunächst entschied Blel Kadri die achte Etappe als Solist für sich, dann schlüpfte Tony Gallopin ausgerechnet am Abend vor dem französischen Nationalfeiertag (14. Juli) ins Gelbe Trikot und durfte es somit am Feiertag tragen. Auch wenn er es nach nur einem Tag wieder an Nibali verlor, sieht es im Gesamt-Klassement aus Sicht der Gastgeber sehr erfreulich aus: Die Plätze vier bis sechs sind in französischer Hand: Romain Bardet (+3:01 Min), Gallopin (+3:12) und Thibault Pinot (+3:47) können sich zumindest nach aktuellem Stand durchaus Hoffnungen auf das Podium machen. Auch Jean-Christoph Péraud liegt als Achter noch in den Top Ten. Zudem führt mit AG2R La Mondiale ein Team aus dem Land des Gastgebers das Mannschaftsklassement an.

 

Henriette Werner