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Zehn Dinge über ... die Tour de France 2014

Zehn Dinge über ... die Tour de France 2014

198 Fahrer machen sich auf, eine 3.656 Kilometer lange Strecke zu bewältigen.

Zwölf Millionen Zuschauer verbringen im Durchschnitt sechseinhalb Stunden auf den Straßen, um ihre Lieblinge für wenige Sekunden zu sehen.

1.450 Betten für die Organisatoren und Teams werden jeden Tag belegt. Rund 3,5 Milliarden Menschen kommen in den nächsten drei Wochen mit ihr in Berührung.

Es ist wieder Zeit für die Tour de France.

Das größte jährliche Sportereignis der Welt elekrisiert die Massen auch 111 nach seiner Premiere und sorgt für Begeisterung rund um den Globus.

Wir verschaffen euch einen Überblick, was die Rad-Szene vor dem Start in Leeds beschäftigt. Zehn Dinge über ... die Tour 2014:

Froome vs. Contador

Titelverteidiger Chris Froome (Sky) oder Herausforderer Alberto Contador (Tinkoff)? Die Favoritenrolle ist auf ihre Schultern verteilt. Der Brite reist mit Gesamtsiegen bei der Tour of Oman sowie der Tour de Romandie an und gewann zwei Etappen beim Criterium du Dauphine. Der 29-Jährige erwartet ein "sehr offenes Rennen". Der Spanier Contador, seines Zeichens Sieger der "Grande Boucle" in den Jahren 2007 und 2009, triumphierte bei Tirreno-Adriatico sowie der Baskenland-Rundfahrt. Zuletzt wurde er Dauphine-Zweiter und ließ den von einem Sturz gehandicapten Froome deutlich hinter sich. Bei der Tour genießen beide die volle Unterstützung ihrer Teams, wobei Contador auf Edelhelfer Roman Kreuziger verzichten muss. Aufgrund zu hoher Blutwerte wurde er aus dem Aufgebot genommen und durch den Giro-Sechsten Rafal Majka ersetzt.

 

Kittel vs. Cavendish

Im Vorjahr war Marcel Kittel (hier geht's zum großen Interview) der große Sprint-Dominator. Vier Etappen entschied der Deutsche aus dem Giant-Rennstall für sich, zudem durfte er sich gleich zum Auftakt auf Korsika das Gelbe Trikot überstreifen. Besonders prestigeträchtig war Kittels Erfolg auf den Champs Elysees, wo er die vierjährige Dominanz von Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) beendete. Der Brite, 2013 immerhin zweimal erfolgreich, sinnt auf Revanche. Der Manxman hält bei insgesamt 25 Etappensiegen bei der Frankreich-Rundfahrt und will Rekordhalter Eddy Merckx (Belgien, 34 Siege) näher rücken. Favorit auf Grün ist allerdings Peter Sagan, der unter den Sprintern der mit Abstand beste Allrounder ist und auf den mittelschweren Etappen der Konkurrenz ein Schnippchen schlagen will.

 

Der einzige Österreicher

Die Jubiläums-Rundfahrt im Vorjahr ging ohne Österreicher über die Bühne, in diesem Jahr ist mit Bernhard Eisel immerhin ein ÖRV-Profi beim Auftakt in Leeds mit von der Partie. Der Steirer feiert ein persönliches Jubiläum, ist es doch seine zehnte Teilnahme. "Die Tour de France ist für jeden Radsportler das Größte", zeigt er sich erleichtert und höchst erfreut, von Sky berücksichtigt worden zu sein. Nachdem er vor zwei Jahren wichtiger Bestandteil der siegreichen Equipe von Bradley Wiggins war, will er diesmal Chris Froome zu dessen zweitem Gesamtsieg in Folge verhelfen.

 

Tour goes China

Das gab es in 111 Jahren Tour de France noch nie: Erstmals wird ein Chinese die 3.656 Kilometer lange Strecke in Angriff nehmen. Die Equipe Giant-Shimano hat Ji Cheng in ihr neunköpfiges Aufgebot berufen. Der 26-Jährige, der am zweiten Ruhetag in Besancon Geburtstag feiert, soll Marcel Kittel und John Degenkolb in den Sprints tatkräftig unterstützen. Ji zur Chinesen-Premiere: "Ich bin vielleicht nicht der talentierteste Radsportler meines Landes, aber es ist mir wichtig, zu zeigen, dass Chinesen ebenfalls dieses Niveau erreichen können, wenn sie sich wie Profis verhalten. Ich nehme an all diesen Rennen teil, um andere Fahrer zu inspirieren."

Die (Radsport-)verrückten Briten

Zum 20. Mal findet der "Grand Depart", der Auftakt der Rundfahrt, außerhalb der französischen Landesgrenzen statt. Den Auftakt machte Amsterdam vor nunmehr 60 Jahren, es folgten u.a. Brüssel, Köln, Basel, Berlin, Dublin, London und Monaco. Nun also Leeds. Die Veranstalter-Organisation (A.S.O.) macht sie den Rad-Boom auf der Insel zunutze und trägt gleich drei Etappen in Großbritannien aus. Zwar stellen die Insulaner mit Chris Froome den Titelverteidiger, der ganz große Held des Volkes, Bradley Wiggins, wurde allerdings bei der Nominierung ausgebootet und fehlt.


Doping

Das Thema ist und bleibt ein großes im Radsport. Zwar blieb die Tour de France im Vorjahr von großen Skandalen verschont, doch schwarze Schafe gibt es auch weiterhin. Nachdem Diego Ulissi beim Giro d'Italia der Einnahme verbotener Substanzen überführt wurde, sorgte zuletzt Daryl Impey für Schlagzeilen wider Willen. Der 29-Jährige, der im Vorjahr zum ersten afrikanischen Träger des Gelben Trikots avancierte, wurde bei den südafrikanischen Einzelzeitfahr-Meisterschaften des Dopings überführt und daraufhin von seinem Orica-Rennstall aus dem Tour-Aufgebot genommen.

 

Rekordmann Voigt

"Ich freue mich schon darauf, aber ich habe auch eine gehörige Portion Bammel." Ehrliche Worte einer echten Legende. Ausreißerkönig Jens Voigt nimmt die "Große Schleife" zum 17. und definitiv letzten Mal in seiner Karriere in Angriff. Damit schließt der deutsche Trek-Profi zu den Rekordhaltern Stuart O'Grady (Australien) und George Hincapie (USA) auf. Zugleich ist er mit 42 Jahren der älteste Teilnehmer vor Vuelta-Sieger Chris Horner (Lampre). Wenngleich er sich angesichts seines Alters als Ford Galaxy fühlt, der es mit Formel-1-Boliden aufnehmen muss, will er bei seiner Abschieds-Tour noch einmal alles für seine Teamkollegen geben: "Ich sehe mich als Mädchen für alles!" Ausreißversuche sind garantiert.

 

Die Angst vor dem Pavé

"Die Etappe mit dem Kopfsteinpflaster ist für alle extrem schwierig", erklärt Astana-Sportdirektor Giuseppe Martinelli. "Ein Reifenschaden und alles kann vorbei sein." Der Respekt vor dem fünften Teilstück, das über neun von Paris-Roubaix bekannten Pavés-Passagen führt, ruft bei den Klassementfahrern Angst und Schrecken hervor. Niemand wird dort die Tour gewinnen können, dafür droht jedem einzelnen, sie zu verlieren. Daher verwundert es nicht, dass beispielsweise Chris Froome mit seinen wichtigsten Helfern die Etappe im Vorfeld inspizierte, um zumindest Ortskenntnis zu besitzen. Für alle Eventualitäten gerüstet sein kann man ohnehin nie.

 

Die großen Abwesenden

Bradley Wiggins ist freilich DER Abwesende schlechthin. Der zum Ritter geschlagene Vierfach-Olympiasieger fand keine 'Berücksichtigung bei Sky, was wohl an seiner unterkühlten Beziehung zu Chris Froome liegt. Die britische Truppe baut voll auf den 29-Jährigen, wodurch für "Sir Bradley" kein Platz blieb. Auch David Millar ist zum Zuschauen verdammt. Der Schotte war stinksauer, nachdem ihm laut eigener Aussage eine Woche vor der Kaderbekanntgabe zugesichert wurde, auf ihn zu bauen. Ebenfalls nicht dabei: Robert Gesink (nach Herz-OP noch nicht topfit), Philippe Gilbert (konzentriert sich auf die WM) und Tom Boonen (nur Ersatzmann).

 

Der Marathon-Mann

Eine Grand Tour ist hart. Neun in Folge sind kaum in Worte zu fassen. Für Adam Hansen ist das inzwischen nichts Besonderes mehr. Seit der Vuelta 2011 war er bei jeder dreiwöchigen Landesrundfahrt am Start. Sollte er - wie geplant - auch in Spanien wieder am Start stehen, würde er den Rekord von Marino Lejarreta, der 1989, 1990 und 1991 jeweils das "Triple" abspulte, einstellen. "Zuerst dachten die Leute noch, ich sei verrückt", erklärt der Australier, "inzwischen ist es für sie schon ganz normal".


Christoph Nister