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Tour de France: Geplatzte Träume, Pech und Pannen

Tour de France: Geplatzte Träume, Pech und Pannen

Es war ein chaotischer Auftakt dieser 100. Tour de France.

Auf der einen Seite trägt erstmals seit Stefan Schumacher 2008 mit dem strahlenden Sieger Marcel Kittel wieder ein Deutscher das Gelbe Trikot, auf der anderen gibt es auch viele Pechvögel, die bereits nach dem ersten Tag ihre Wunden lecken.

Erst versperrte ein Teambus das Ziel und konnte im letzten Moment noch entfernt werden, dann kamen einige Kilometer vor dem Ziel viele Fahrer zu Fall.

Martin auf dem Weg ins Krankenhaus

Gute Besserung, Tony!

Am schlimmsten hat es Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin erwischt. Der Deutsche aus dem Omega-Rennstall musste mit Verdacht auf einen Schulter- oder Schlüsselbeinbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden und verlor im Ziel zweimal das Bewusstsein. Zwar konnte inzwischen ein Bruch ausgeschlossen werden, der Deutsche trug jedoch eine Lungenquetschung sowie Verletzungen an Hüfte, Schulter, Knie und Brust davon. Zudem hat er eine fünf Zentimeter tiefe Wunde an seinem linken Ellbogen, die bis zum Muskel geht und bei jeder Bewegung starke Schmerzen verursacht. Die Entscheidung über sein Tour-Aus oder über eine Weiterfahrt soll erst noch getroffen werden, zunächst wird Martin wieder zu seinen Teamkollegen stoßen. Bereits im Vorjahr hatte der 28-Jährige bei der "Grande Boucle" kein Glück. Bei einem Crash auf der ersten Etappe brach er sich das Kahnbein und musste eine Woche später entkräftet aufgeben.

Die Entstehung des Sturzes

Chance des Lebens vergeben

André Greipel entkam zwar ganz knapp dem Sturz und wähnte sich somit zunächst in äußerst aussichtsreicher Position. Einige hundert Meter später stand er jedoch völlig verzweifelt am Straßenrand und wartete auf den Materialwagen - eine defekte Schaltung zerstörte seinen Traum vom Etappensieg und dem Gelben Trikot ganz knapp vorm Ziel. "Ich bin sehr enttäuscht. Ich werde vermutlich nicht noch einmal eine derartige Chance auf das Gelbe Trikot haben - es war die Chance meines Lebens. Du kannst es nicht ändern, wenn du Pech hast und musst es akzeptieren... Das macht es jedoch nicht weniger enttäuschend", erklärte ein trauriger Greipel nach dem Rennen.

Ziel-Verschiebung sorgte für Verwirrung

Auch die Sprinterkollegen Mark Cavendish und Peter Sagan mussten ihre Hoffnungen auf Gelb vorerst begraben. Der Massensturz verhinderte, dass die beiden um den Sieg mitkämpfen konnten. Sagan stürzte und zog sich Prellungen und Abschürfungen am Rücken zu. Cavendish ging zwar nicht zu Boden, wurde aber durch den Sturz aufgehalten: "Ich bin glücklicherweise nicht gestürzt, ich war direkt hinter dem Crash. Die Etappe war nicht schlecht, eine ganz normale Tour-de-France-Etappe. Was die Probleme machte, war die Verschiebung des Ziels. Als wir fünf Kilometer vor dem Ziel waren, hörten wir über Radio Tour, dass der Sprint in zwei Kilometern sein sollte. Einen Kilometer später kam der Massensturz."

Klöden vom Sturz gezeichnet

Schrammen und Abschürfungen

Andreas Klöden kam mit einem blauen Auge davon. Der deutsche Routinier aus dem RadioShack-Team ging zu Boden, als er bemüht war, seinen Teamkollegen Tony Gallopin für den Sprint in Position zu bringen. Der 38-Jährige erlitt er zahlreiche Schrammen und Abschürfungen, blieb aber von schwereren Verletzungen verschont. Am späten Samstagabend gab der Rennstall Entwarnung und verkündete, dass es Klöden gut gehe.

Chaos

Matthew Goss schaffte es zwar, dem Massensturz zu entgehen, aber 500 Meter vor der Ziellinie kam er zu Fall, da er in die Bande gedrängt wurde. Außer einigen Abschürfungen ist ihm glücklicherweise nichts passiert:

Beschwerde an Organisation

Bei Johnny Hoogerland muss man sofort an dessen furchtbaren Crash 2011 in den Maschendrahtzaun denken. Auch diesmal kam er nicht ohne Sturz davon: Er fuhr in eine Werbebande am Straßenrand. Einige Kilometer danach passierte anderen Fahrern ein ähnliches Missgeschick an ähnlich aufgestellten Bannern. Nicht umsonst beschwerte sich der Niederländer anschließend: "Autsch. Die ASO kann sich nur entschuldigen, dass die Banner zu weit auf der Straße standen. Ich spüre meinen Ellbogen, der Rest ist ok, denke ich."

Contador und der harte Asphalt

Auch Alberto Contador erwischte es, der Spanier kam mit schmerzverzerrtem Gesicht sowie einigem Rückstand ins Ziel. "El Pistolero" hat sich an der Schulter verletzt. Aufgrund des Chaos um das zwischenzeitlich vorverlegte Ziel beschloss die Jury jedoch, alle Fahrer mit der gleichen Zeit zu werten. Glück im Unglück für den Mitfavoriten und zweimaligen Tour-Sieger. "Es geht mir gut. Wir werden sehen, wie ich mich morgen fühle", sagte Contador. "Bei der Tour weiß man eben nie, was passiert." Auf Twitter  beruhigte er seine Fans: "Vielen Dank für eure Botschaften, wir glauben, dass ich mir nichts gebrochen habe. Nun brauche ich eine Menge Eis und Ruhe. Französischer Asphalt ist sehr hart!"

Die Liste der Verletzten ist lang

Missverständnis bei Froome

Topfavorit Chris Froome hatte zu Beginn der Rundfahrt - oder beinahe noch davor - seine Schwierigkeiten: Er kam in der neutralisierten Zone zu Fall und musste sein Rad wechseln. Am Abend nahm er sein Missgeschick aber schon wieder mit Humor und twitterte ein Bild von sich und einem Eispack. Dabei erwähnte er ein kleines Missverständnis zwischen ihm und der Absperrung.

Lotterie

Auch Tejay Van Garderen und Weltmeister Philippe Gilbert waren Opfer des Sturzes, kamen aber glücklicherweise glimpflich davon. Ryder Hesjedal - ebenfalls durch den Crash gestoppt - sorgte für das Zitat des Tages: "Es gibt KEINE sichere Zone im Peloton: Es ist eine Lotterie da draußen! Du ziehst einfach deinen Helm auf und hoffst das Beste."

 

Henriette Werner