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"Schleck-Attack" war erst der Anfang

Leichtfüßig, im Wiegetritt, einen kleinen Gang aufgelegt, kontrollierend und stets eine Klasse besser als der Rest: Alberto Contador avancierte in den vergangenen Jahren zum besten Rundfahrer der Welt und dominierte die großen Rundfahrten nach Belieben.

Die Dominanz des Spaniers, der zuletzt beim Giro d’Italia mit seinen Gegnern spielte und nie ans Limit zu gehen schien, könnte gebrochen werden. Mit der ersten Bergankunft der Tour de France in Luz Ardiden wurden wichtige Erkenntnisse gewonnen, eine davon: Der scheinbar unantastbare Contador bietet Angriffsfläche für die Konkurrenz.

Die Gegner zermürbt

Bis etwa drei Kilometer vor dem Ziel hielten sich mit Ausnahme von Sammy Sanchez, der schlussendlich zehn Jahre, nachdem Roberto Laiseka an selber Stelle für den ersten Tour-Etappensieg Euskaltels überhaupt gesorgt hatte, gewinnen sollte, sämtliche Favoriten vornehm zurück. Erst dann ging es Schlag auf Schlag. Die Schleck-Brüder Andy und Fränk hatten die Absicht, ihre Rivalen mit abwechselnden Attacken zu zermürben.

Contador erwischte keinen guten Tag

Es sollte mehr als ein Fingerzeig sein. Der Spanier wirkte angeschlagen und alles andere als souverän. Nun darf bezweifelt werden, dass die auf ihn wartende Anhörung vor dem CAS nach dem positiven Dopingbefund bei der Tour 2010 ihre Spuren hinterließ. Vielmehr könnte sich Contadors Teilnahme am Giro d’Italia als für die Tour wenig förderlich erweisen. Nicht umsonst gelang es seit Marco Pantani 1998 keinem Fahrer mehr, beide Grands Tours in einem Jahr für sich zu entscheiden.

Durchhalteparolen bei Contador

Aus psychologischer Sicht war die erste Bergankunft vor allem für die Schlecks ein enormer Motivationsschub. Contador will derweil seine Niederlage keinesfalls hochstilisieren und übt sich in Durchhalteparolen.

„Ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis und sicher, dass ich von Tag zu Tag besser werde. Das ist für mich das Wichtigste.“ Auf dem Weg nach Luz Ardiden habe er sich nicht besonders wohl gefühlt, seine große Stärke sei aber die „Fähigkeit, gut zu regenerieren. Das wird gerade am Ende der Rundfahrt eine Rolle spielen.“

Angesichts der geringen Zeitabstände wäre es fatal, „AC“ frühzeitig abzuschreiben. Nicht umsonst hat er dreimal die Tour de France für sich entschieden und damit drei Siege mehr gefeiert als das gesamte Peloton zusammen.

 

Christoph Nister

Dabei erwies sich Fränk als der glücklichere (und stärkere), nach mehreren missglückten Versuchen gelang es ihm, sich von den Mitfavoriten zu lösen. Zwar sollte es knapp nicht mit dem Tagessieg reichen, doch die Taktik der Leopard-Trek-Mannschaft ging dennoch voll auf.

„Der Plan war, die Etappe vom Tourmalet weg extrem schwer zu gestalten“, so der 31-Jährige. „Das ganze Team gab an der Spitze Vollgas.“ Nun, das ganze Team stimmt nicht wirklich. Vielmehr war es ein Mann, der für ein ganzes Team arbeitete.

Jens Voigt a.k.a. „the machine“

Jens Voigt, mit 39 Jahren ältester aller Tour-Starter, schlug ein Tempo an, dass zahlreiche Klassementfahrer sämtlicher Chancen auf einen Spitzenplatz beraubte. Ob Robert Gesink, Tony Martin, Andreas Klöden oder Christian Vandevelde – sie alle mussten frühzeitig reißen lassen und der Galavorstellung Voigts Tribut zollen. Fränk Schleck wusste um die Verdienste des Deutschen, auch bekannt als „the machine“.

„Wenn ich der Boss wäre, würde ich Jens für vier weitere Jahre an uns binden. Er ist so unglaublich stark.“ So stark, dass er selbst die eigenen Kollegen aus der Spitzengruppe beförderte. Ursprünglich hätten nach ihm noch Jakob Fuglsang, Linus Gerdemann und Maxime Monfort Führungsarbeit leisten sollen. Sie kamen aber gar nicht dazu und verloren ebenfalls frühzeitig den Anschluss.

Start beim Giro ein Fehler?

Indes geschah auf dem letzten Kilometer ein eingangs erwähntes und lange Zeit für unmöglich gehaltenes Szenario. Contador bekam Probleme und verlor das Hinterrad von Andy Schleck. Dieser rollte gemeinsam mit Cadel Evans und Ivan Basso, die beide einen starken Eindruck hinterließen, über die Ziellinie und knöpfte dem Titelverteidiger weitere 13 Sekunden im Gesamtklassement ab.