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Zoidl: "Bin verdammt, heuer wieder zu gewinnen"

Zoidl:

Vor einem Jahr war Riccardo Zoidl der gefeierte Held.

Erstmals nach sechs Jahren stand endlich wieder ein Österreicher ganz oben am Podium der Österreich Rundfahrt.

Auch 2014 gilt der Oberösterreicher wieder als einer der Favoriten. Leicht wird es für ihn und sein neues Team Trek aber nicht. „Die anderen Mannschaften wissen natürlich, dass ich letztes Jahr gewonnen habe und verdammt bin, heuer wieder zu gewinnen“, meint Zoidl im LAOLA1-Interview.

Ein Jahr nach seinem großen Triumph wirkt der 26-Jährige in seiner Persönlichkeit gereift. Er ist in die Rolle als Aushängeschild des österreichischen Radsports hineingewachsen, ohne dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Auch deswegen konnte ihm so mancher Rückschlag in dieser Saison nichts anhaben. Weder ein Schlüsselbeinbruch im Frühjahr, noch ein Magen-Infekt beim Giro d'Italia – jene Rundfahrt, die unfreiwillig zum „guten Trainingslager“ für die Ö-Tour wurde.

LAOLA1: Riccardo, hast du nach dem Giro überhaupt schon wieder genug Körner in den Beinen für die Österreich Rundfahrt?

Riccardo Zoidl: Auf alle Fälle. Aufgrund des Infekts konnte ich mich nie so richtig auspowern. Ich habe  unfreiwillig viel Kraft gespart. Jetzt bin ich umso frischer und komme mit einer besseren Form aus dem Giro, als wenn ich jeden Tag auf Anschlag gefahren wäre. Insofern war es - unter Anführungszeichen - ein gutes Trainingslager für die Ö-Tour.

LAOLA1: Wie fällt das Fazit deiner ersten Giro-Teilnahme aus?

Zoidl: Durchwachsen. Nach der Tour de Romandie hatte ich große Erwartungen. Aufgrund der gesundheitlichen Probleme war ich aber blockiert. Erst in der letzten Woche konnte ich ein wenig aufzeigen. Da war es schon zu spät. Man erholt sich natürlich schlechter, wenn man krank ist. Auch der Regen hat es mir nicht leicht gemacht. Nach meinem Schlüsselbeinbruch im Frühjahr bin ich doch noch ein wenig ängstlich, wenn es nass ist. Alles in allem habe ich jedoch viel gelernt. Gesundheitlich kann es gar nicht viel schlechter laufen, als in diesem Jahr.

LAOLA1: Das war deine erste große Rundfahrt. Was ist der Unterschied zu kleineren Rennen, wie der Österreich Rundfahrt?

Zoidl: Es ist einfach noch eine Stufe höher. Beim Giro gehen 200 Rennfahrer in Top-Form an den Start, bei der Ö-Tour sind es vielleicht 20, die auf die Gesamtwertung fahren. Das macht das Rennen umso schneller. Ich war beeindruckt, wie sehr man reinhalten muss, wenn man vorne mitfahren will. Zwei Bergetappen in Folge kann man vielleicht schnell fahren, aber wenn du dann am dritten Tag auch noch vorne dabei sein willst, wird es ganz schwer. Um so eine große Rundfahrt zu gewinnen, gehört schon sehr, sehr viel dazu.

LAOLA1: Seit ungefähr einem halben Jahr fährst du nun für dein neues Team Trek Factory Racing. Wie hast du dich eingelebt?

Zoidl: Sehr gut. Sie haben mir von Beginn weg viel Vertrauen geschenkt. Gleich in meinem ersten Rennen, der Mittelmeer-Rundfahrt, war ich Kapitän. Das habe ich ihnen mit einem dritten Platz zurückgezahlt. Sie sind zufrieden mit mir. Die Atmosphäre ist relaxed, ich fühle mich sehr wohl.

Zoidl will im WM-Zeitfahren aufzeigen

LAOLA1: Wie wirst du deine Taktik anlegen?

Zoidl: Natürlich werde ich versuchen, in den Bergen so wenig Zeit wie möglich zu verlieren bzw. auch die ein oder andere Sekunde selbst herauszufahren. Für unser Team wird es ein schwieriges Rennen. Die anderen Mannschaften wissen natürlich, dass ich letztes Jahr gewonnen habe und verdammt bin, heuer wieder zu gewinnen. Auf uns wird also großer Druck und viel Verantwortung zukommen. Wir müssen schauen, dass wir uns taktisch klug aus der Affäre ziehen.

LAOLA1: Wie schaut deine Saisonplanung nach der Österreich Rundfahrt aus? Ist die Vuelta ein Thema?

Zoidl: Nein, die werde ich nicht bestreiten. Das ist fix. Nach der Ö-Tour mache ich eine kurze Pause. Dann geht es weiter mit der Polen Rundfahrt sowie den Eintagesrennen in Italien und Kanada. Zum Abschluss der Saison möchte ich mich gezielt auf das Einzelzeitfahren bei der Weltmeisterschaft vorbereiten. Ich sehe da bessere Chancen auf einen Top Ten Platz als beim Einzelrennen.

 

Das Gespräch führte Jakob Faber

LAOLA1: Während du bei der Österreich Rundfahrt startest, fahren einige deiner Teamkollegen die Tour de France. Ist die „Grand Boucle“ für nächstes Jahr das große Ziel?

Zoidl: Ich hoffe schon, dass ich nächstes Jahr den Sprung in den Tour-Kader schaffe. Aber wir werden sehen, wie sich die Umstände entwickeln. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich noch nicht viel dazu sagen.

LAOLA1: Heuer wirst du jedenfalls noch in deinem Heimatland starten. Wie gefällt dir das Etappenprofil der Ö-Tour?

Zoidl: Es wird unglaublich schwer. Für das Gesamtklassement wird es sehr hart, weil es keine Etappe gibt, auf der man sich ausruhen kann. Speziell der Tag vor dem Einzelzeitfahren in Podersdorf mit der Bergankunft am Dobratsch hat es in sich. Letztes Jahr war diese Etappe doch eher gemütlicher.

LAOLA1: Neben dem Dobratsch geht es auch auf das Kitzbüheler Horn und über den Großglockner. Ist die Ö-Tour in diesem Jahr vielleicht sogar zu schwer?

Zoidl: Teilweise denke ich mir das schon. Bei keiner anderen Rundfahrt gibt es so viele Bergankünfte mit so hohen Bergen. Man könnte die eine oder andere Sprint-Etappe mehr ins Programm nehmen. Dort haben mehr Fahrer die Chance auf den Sieg und das Rennen gewinnt an Attraktivität und Abwechslung. Andererseits verstehe ich aber auch die Organisatoren. Sie sind an die Streckenorte gebunden. Es ist sicher nicht leicht, so eine Tour auf die Beine zu stellen.

LAOLA1: Auf welcher Etappe wird die Entscheidung um den Gesamtsieg fallen?

Zoidl: Das Kitzbüheler Horn ist immer entscheidend, aber ich denke, es wird vor allem auf die Etappe hinauf zum Dobratsch ankommen. Die Anfahrt dorthin mit zwei Bergen der ersten Kategorie hat es in sich. Es macht einen Unterschied, ob du mit vier oder fünfeinhalb Stunden Fahrzeit zu einem Schlussanstieg kommst.