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Erfolgreich, aber umstritten: Horn-König di Luca

Erfolgreich, aber umstritten: Horn-König di Luca

Tapfer kämpfte sich Thomas Rohregger das Kitzbüheler Horn hoch. Immer wieder lancierte er das Tempo, um sich den Traum vom zweiten Sieg auf seinem „Hausberg“ zu erfüllen.

Doch letztlich hatte ein anderer die schnellsten Beine. Altstar Danilo di Luca durfte sich von den Tausenden Zuschauern im Zielbereich feiern lassen. Mit elf Sekunden Vorsprung auf Steve Morabitto (BMC) sowie 16 auf Rohregger übernahm er das Gelbe Trikot.

Start meiner zweiten Karriere“

„Ich bin selten so einen schweren Berg gefahren. Der Beginn war hektisch, dann bin ich mein Tempo gefahren. Erst auf den letzten zwei Kilometern bin ich ein bisschen schneller geworden. Letztlich war es ein Etappensieg ohne Attacke“, so der Acqua-e-Sapone-Profi nach seinem Triumph.

Di Luca bedeutete der Erfolg emotional sichtlich viel. „Es ist ein ganz, ganz wichtiger Sieg. Heute beginnt der zweite Start meiner Karriere“, meinte der Italiener, dessen Laufbahn nach einer positiven Doping-Probe im Jahr 2009 fast zu Ende gewesen wäre.

Vom Talent zum Klassiker zum Rundfahrer

Der heute 36-Jährige galt schon in jungen Jahren als großes Talent in Italien. Bereits in seinem zweiten Profi-Jahr, 1999, gelang di Luca in seiner Heimat beim Giro d'Abruzzo der erste Sieg.

2000 und 2001 ließ der Führende der Ö-Tour mit jeweils einem Giro-Etappentriumph aufhorchen, zudem entschied er die Lombardei-Rundfahrt für sich.

In den Folgejahren entwickelte sich di Luca zu einem mehr als soliden Klassiker-Fahrer. 2004 dann der Tiefschlag: Wegen einer Verwicklung in die Dopingaffäre des Doktors Carlo Santuccione wurde er – trotz durchwegs negativer Proben - von der Tour de France ausgeladen, zudem versank sein Team Saeco zu der Zeit ziemlich im Chaos.

Der „Killer“ gewinnt die ProTour

2005 sollte di Luca bei seinem neuen Team Liquigas zur Höchstform auflaufen. Mit den ersten Plätzen beim Amstel Gold Race und beim Fleche Wallone sowie Tagessiegen beim Giro und der Baskenland-Rundfahrt sicherte sich der Routinier die Gesamtwertung der damals neu geschaffenen ProTour.

Aufgrund seiner aggressiven Fahrweise bekam di Luca den Spitznamen „der Killer“ verpasst. Selbst seine Mutter bezeichnet den Abruzzen als „Einzelkämpfer“ und „Dickschädel“.

Anscheinend bedurfte es dieser Charaktereigenschaften, damit sich der 168-cm-Mann 2007 endlich den großen Traum vom Giro-Triumph erfüllen konnte. Die Freude währte aber nur ein paar Monate: Der „Oil for Drugs“-Skandal (wieder ging es um Carlo Santuccione) erreichte im Oktober auch di Luca, der trotz auffälliger Hormonwerte mit einer dreimonatigen Sperre noch relativ glimpflich davonkam.

CERA wird ihm zum Verhängnis

Eineinhalb Jahre später dann nicht mehr. Während des Giro 2009, den di Luca denkbar knapp hinter Denis Menchov auf Platz zwei beendete, wurde ihm die Einnahme von CERA, der Substanz, die unter anderem auch Bernhard Kohl entlarvte, nachgewiesen.

Ein langer Rechtsstreit sowie die Aussprache einer zweijährigen Sperre folgten. Di Lucas Abstinenz wurde aber wegen Kooperation mit den Behörden um sechs Monate reduziert.

So konnte der mittlerweile Mittdreißiger 2011 als geläuterter Profi auf die Radsport-Bühne zurückkehren. Als er bei Katusha unterzeichnete, gab er Folgendes zu Protokoll: "Die Vergangenheit war mir eine Lehre, ich möchte aber nicht mehr zurückschauen. Ich fühle mich wie ein neuer Mensch. Ich habe Fehler gemacht, aber auch für sie bezahlt."

Bei den Russen fuhr di Luca zwar ohne Gehalt, aber auch ohne nennenswerte Erfolge.

Hält die Serie der Horn-Sieger?

Die Rückkehr nach Italien zum Rennstall Acqua e Sapone zu Beginn des Jahres tat ihm sichtlich gut. Mit dem Erfolg am Horn kehrte er endgültig auf die Bühne des Rennzirkus zurück. Nun gilt er bei der Ö-Tour als Top-Favorit auf die Gesamtwertung. Schließlich trug der Sieger der Horn-Etappe in den letzten drei Jahren immer auch am Ende in Wien das Gelbe Trikot.

Di Luca ist optimistisch, diese Serie fortsetzen zu können. Auch wenn ihn mit den nächsten schweren Bergetappen sowie dem Einzelzeitfahren in Podersdorf noch einiges erwartet.

„Meine Zeitfahrqualitäten sind nicht die Besten. Aber die Rundfahrt ist noch relativ lang, was bedeutet, dass sie für alle viel Substanz kosten wird. Ich blicke positiv auf die nächsten Tage.“ Sein Team sei für etwaige Angriffe, wie sie in etwa Rohregger ankündigte, gerüstet.

Doch auch di Luca selbst muss wohl noch Zeit herausfahren, um die stärkeren Zeitfahrer auf Distanz zu halten. Am Montag auf der Etappe nach Lienz, die über zwei Berge der erste Kategorie führt, hat er die erste Möglichkeit dazu.

 

Aus Kitzbühel berichten Jakob Faber und Mate Esterhazy