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Zoidl überstrahlt sie alle

Zoidl überstrahlt sie alle

Die 65. Österreich Rundfahrt ist Geschichte. Mit Riccardo Zoidl erlebte die Ö-Tour zum ersten Mal seit 2008 einen heimischen Sieger.

Aber auch die Fans und die internationalen Stars sorgten für Highlights. Zu hinterfragen ist hingegen die Sendestrategie des ORF und eine umstrittene Disqualifikation:

LAOLA1 präsentiert die Tops und Flops der Ö-Tour:



Zoidl und seine "Leberkäs-Equipe": „Auf den letzten 500 Metern habe ich realisiert, dass ich die Rundfahrt gewonnen habe. Ich bin überwältigt“, sagte Riccardo Zoidl im Ziel. Was der 25-Jährige kurz zuvor geschafft hatte, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Er setzte sich gegen hochkarätige Konkurrenz durch und bewies, dass er das Zeug für die WorldTour hat. Nicht zu verachten ist der Anteil seines Teams. Vor allem Matija Kvasina und Markus Eibegger, die schon die ganze Saison ihre eigenen Ambitionen für ihren Kapitän zurückstecken, sind da hervorzuheben. Gourmetfein Simplon, das sich gerne selbst als „Leberkäs-Equipe“ bezeichnet, schaffte es trotz Mini-Budget ins Gelbe Trikot und fuhr taktisch einfach besser als Astana.

Ö-Tour als Fanmagnet: Ein starker und sympathischer Ricci Zoidl machte sich auch bei den Zuschauerzahlen bemerkbar. Die traditionell gut besuchten Ankünfte am Sonntagberg (Tagessieger Mathias Frank sprach von „Tour-de-France-Feeling“) und am Kitzbüheler Horn präsentierten sich auch 2013 im besten Licht, in Poysdorf erwies sich die Ö-Tour ebenfalls als Fan-Magnet. In Wien hat man überhaupt noch nie so viele Zuseher erlebt, wie heuer. Das Finish der Schluss-Etappe sorgte beim frischgebackenen Rundfahrtssieger für „eine wahre Gänsehaut“.

 

Starauflauf: Fabian Cancellara, Tom Boonen, Thor Hushovd und viele mehr. Die Ö-Tour war so prominent besetzt wie noch nie. Alleine die ersten drei lockten eine noch nie dagewesene Anzahl von Autogrammjägern zur Rundfahrt. Dass mit Hushovd, Cancellara und Gerald Ciolek drei der ganz großen Namen auch Etappensiege feierten, zeigt noch einmal den Stellenwert der Ö-Tour.

BMCs Machtdemonstration in Matrei
BMC räumt ab: Drei Etappensiege – kein Team feierte mehr. Der Doppelsieg durch Thor Hushovd und Daniel Oss mit mehr als einer Radlänge Vorsprung in Matrei war beeindruckend. Mathias Frank zeigte mit zwei Tagessiegen auf und staubte zusätzlich die Prämie für den Glocknerkönig ab. Nachdem der Schweizer sah, dass er im Klassement nicht ganz vorne mitmischen kann, ließ er sich am Horn absichtlich ein wenig zurückfallen, um danach zuzuschlagen. Plan voll aufgegangen!


Vorbildliche Organisation: Wo man sich nur umhörte, erntete die Ö-Tour Lob: „Egal mit wem man spricht, die Österreich Rundfahrt ist eine der besten Rundfahrten auf der ganzen Welt. Der Heimsieg tut uns gut, nicht nur der Rundfahrt, sondern dem gesamten Radsport. Ich hoffe, dass dieser Hype nun mitgenommen wird, damit wir neue Sponsoren finden, die ihr Herz dem Radsport verschreiben“, meint Marko Haller und spricht damit den Fans der Rundfahrt aus der Seele. „Wo sonst hat man fast immer nur 200 Meter vom Hotel bis zum Startort und so wenig Transfers?“, fragte sich etwa Fabian Cancellara. Apropos Transfer: Da der Felbertauernpass nicht befahrbar war, musste der Start des dritten Teilstücks nach Heiligenblut verlegt werden. Auch diese nicht ganz so einfache Mission wurde bravourös gelöst. So trotzte das Rennen nicht nur der widrigen finanziellen Situation, sondern auch Wind und Wetter.


Basso im Niemandsland: Ivan Basso hat wegen einer Verletzung den Giro verpasst und will bis zur Vuelta wieder in Topform sein. Deswegen hatte die Ö-Tour für den Italiener nur Vorbereitungs-Charakter. Trotzdem hätte man sich ein bisschen mehr vom Cannondale-Kapitän erwartet. Basso konnte auf keiner der Bergetappen mit den Besten mithalten und verlor insgesamt über 36 Minuten auf Zoidl. Er landete damit im Niemandsland des Klassements.

Gelb im Zeitfahren verspielt: Astana

Astana, Sky und Omega-Pharma: Zwei Sondertrikots, Platz zwei und drei in der Gesamtwertung sowie der Gewinn der Mannschaftswertung können sich mehr als nur sehen lassen, aber dass das große ProTour-Team (Budget: 20 Millionen Euro) gegen Gourmetfein (Budget: 200.000 Euro) das Nachsehen hatte, ist schon ein wenig peinlich. „Sie sind taktisch schlecht gefahren“, konnte sich Markus Eibegger einen Seitenhieb nicht verkneifen. Sky und Omega-Pharma – Quickstep hätten für ihren Aufwand, beide Teams betrieben oft Führungsarbeit im Feld, auch mehr herausholen können.

Mitternachtseinlage des ORF: Ohne LIVE-Bilder wird die Ö-Tour nicht überleben. Umso trauriger ist es, wie stiefmütterlich das größte heimische Radsportereignis vom Staatsfunk behandelt wird. Wen bitte interessiert eine 25-minütige Zusammenfassung mitten in der Nacht? Immerhin machten es sich auch Fabian Cancellara und Co. Zur Aufgabe den ORF in die Pflicht zu nehmen („Es gibt mehr als nur Skifahren und Skispringen“), vielleicht bringt es ja etwas.


Brändles Disqualifikation:
Matthias Brändle war verwirrt und wütend zugleich. Er soll sich auf der Glockner-Etappe von einem Auto ans Gruppetto herangeführt haben lassen. Das Problem an der Geschichte: Der Vorarlberger war stets weit vor dem Gruppetto. „Man kommt sich einfach nur blöd vor, wenn man gar nichts gemacht hat und disqualifiziert wird“, sagte der IAM-Legionär vor dem Start der 5. Etappe, um kurz danach mit gepackten Koffern von dannen zu ziehen.



Von der Ö-Tour berichten Máté Esterházy und Jakob Faber