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"Oft hat das nötige Quäntchen Glück gefehlt"

Lange war die Zukunft von Thomas Rohregger unklar.

Nach Bekanntwerden der Fusion Leopard-Treks mit Radioshack machte das Gerücht die Runde, im neuen DreamTeam, das sich RadioShack-Nissan-Trek nennt, wäre kein Platz für den 28-Jährigen.

Rohregger bewies das Gegenteil und unterschrieb einen Zweijahres-Vertrag im vermeintlich stärksten Rennstall der Welt.

Im LAOLA1-Interview spricht der Tiroler über die brodelnde Gerüchteküche, seine Ambitionen und die von vielen Fans und Experten kritisierte Fusion.

Zudem nimmt Rohregger Stellung zum streitbaren Teamboss Johan Bruyneel und verrät, auf welches Event er 2012 ein besonderes Auge wirft.

LAOLA1: Thomas, Gratulation zum neuen Vertrag. Wie schwierig haben sich die Verhandlungen gestaltet?

Thomas Rohregger: Erst mal danke. Wir hatten immer gute Gespräche, daher war für mich klar, dass sich das Ganze in diese Richtung entwickeln würde. Ich bin natürlich stolz und sehr froh, dass mir das Team dieses Vertrauen entgegen bringt und meine Leistungen aus diesem Jahr honoriert wurden.

LAOLA1: Zuletzt gab es immer wieder Meldungen, für dich wäre kein Platz im neuen Team. Wurde der Kontrakt erst jetzt unterschrieben oder warum hast du damit hinter dem Berg gehalten?

Rohregger: Ich habe das Ganze immer nüchtern betrachtet. Ich wusste über den Ist-Zustand Bescheid. Wenn einer ein Gerücht streut, schnappen es 25 andere auf. Dahingehend habe ich das aber links liegen lassen. Es gab vom Team natürlich eine Strategie, wann und wie man darüber spricht und deshalb wurde es jetzt so kommuniziert.

LAOLA1: Was versprichst du dir von den kommenden zwei Jahren?

Rohregger: Ich möchte mich natürlich weiterentwickeln und will richtig Gas geben. Vom Umfeld her ist das alles gewaltig, ich fahre im stärksten Team der Welt. Es gibt viele Vorschusslorbeeren, die natürlich dementsprechend großen Druck bedeuten. Wir freuen uns aber darauf und sehen es als große Challenge.

LAOLA1: Auch im besten Team der Welt gibt es nicht nur Vorteile. Machst du dir angesichts der teaminternen Konkurrenz Sorgen, bei deinen eigenen Ambitionen zu kurz zu kommen?

Rohregger: Nicht wirklich. Wir waren auch heuer eines der stärksten, wenn nicht sogar das stärkste Team der Welt. Dennoch habe ich meine Chancen bekommen. In diesem Sport ist es immer ein Geben und Nehmen. Wichtig ist, dass man zusammen Erfolg hat. Wenn man dementsprechend ein gutes Teamklima hat – wie es bei uns der Fall ist – kommen die Erfolge von alleine und jeder erhält seine Möglichkeiten. Als bestes Beispiel gilt Oliver Zaugg. Er hat das ganze Jahr gearbeitet, bekam bei der Lombardei-Rundfahrt seine Chance und hat diese mit dem Sieg genützt.

LAOLA1: Gab es abgesehen von RadioShack-Nissan-Trek weitere Angebote?

Rohregger: Ich habe auch mit anderen Teams gesprochen. Die Nummer-1-Variante war aber immer meine alte Mannschaft.

LAOLA1: Dein neuer Boss wird mit Johan Bruyneel eine streitbare Persönlichkeit. Die einen feiern ihn, die anderen lassen kein gutes Haar am Belgier. Wie schätzt du ihn ein?

Rohregger: Ich bin erfreut, dass Johan die Geschicke leitet. Er ist ungemein erfahren und ist ein guter Kapitän, der das Boot in die richtige Richtung lenken wird.

LAOLA1: Der Giro ist dein erstes großes Saisonziel, doch auch auf Olympia hast du ein Auge geworfen. Kommt der Kurs eher den Sprintern, oder doch den kletterstarken Profis entgegen?

Rohregger: Olympia ist enorm wichtig für mich, das gibt es nur alle vier Jahre. Ich habe mit einigen Leuten darüber gesprochen und alle sind der Meinung, dass das Rennen sehr selektiv sein wird. Durch Leute wie Cancellara oder Gilbert wird es sicher schwer, zudem geht es über rund 250 Kilometer. So gesehen sollte man genug Erfahrung haben und einige Jahre Profi sein, um mitfahren zu können. Es wird in jedem Fall nicht einfach.

LAOLA1: Mit Haller hat ein weiterer Österreicher den Sprung in die ProTour geschafft. Siehst du den heimischen Radsport im Aufwind?

Rohregger: Ich hoffe, dass es so ist. Es freut mich, dass wieder ein Junger dazukommt. Das ist gut, aber im Nachwuchs muss weiter gearbeitet werden. Mit dem Team Tyrol haben wir eine Top-Mannschaft, die als Plattform dient. Es sind einige gute junge Fahrer unterwegs.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Christoph Nister

LAOLA1: Du hast nun schon für einige Rennställe in die Pedale getreten. Was zeichnet die Equipe Leopard-Trek bzw. RadioShack-Nissan-Trek aus?

Rohregger: Wir haben einfach ein tolles Klima. Man freut sich, die Kollegen und Freunde bei Rennen zu treffen. Bei der Vuelta hatten wir richtig viel Spaß. Wenn der vorhanden ist, stimmt auch der Erfolg. Diese Wechselwirkung ist bei uns gegeben. Ich gehe davon aus, dass dies auch so bleibt.

LAOLA1: Nach der Fusion mit RadioShack gab es zwiespältige Meinungen. Kritische Stimmen sahen die Jobs einiger Fahrer und Betreuer in Gefahr. Kannst du ihre Bedenken verstehen?

Rohregger: Ich glaube, im Endeffekt bleibt niemand auf der Strecke. Soweit ich weiß, hat jeder ein neues Team gefunden. Es ist momentan generell nicht einfach, da gehören auch solche Entwicklungen dazu. Wenn man dann noch so ein riesiges Team hat, kostet es entsprechend viel. Da ist es verständlich, dass sich Sponsoren-Allianzen bilden, um noch stärker zu werden. Aus rein wirtschaftlichen und sportlichen Gesichtspunkten ist das nachzuvollziehen. Rein emotional betrachtet, gibt es natürlich viele unterschiedliche Herangehensweisen.

LAOLA1: In der abgelaufenen Saison war Leopard-Trek häufig dran an großen Siegen, fuhr aber zumeist haarscharf vorbei. Was hat bei der Tour oder den Klassikern gefehlt?

Rohregger: Oft hat einfach nur das nötige Quäntchen Glück gefehlt. Es ist allerdings auch so ein Wahnsinn, gleich im ersten Jahr nach der Entstehung derart viele Erfolge einzufahren. Es hätte kaum jemand damit gerechnet, dass es sich so gut entwickelt. Man muss zufrieden sein mit dem, was man erreicht hat, auch wenn es immer noch besser laufen könnte.