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Sky mit Eisel und Premiere: Giro-Team ohne Briten

Sky mit Eisel und Premiere: Giro-Team ohne Briten

3.481,8 Kilometer.

21 Etappen.

1 Österreicher.

Bernhard Eisel bestreitet den 98. Giro d'Italia, der vom 9. bis 31. Mai von San Lorenzo al Mare nach Mailand führt.

Für den Sky-Profi, der selbst erst zehn Tage vor Beginn von seiner Teilnahme erfuhr, ist es nach 2002, 2012 und 2014 die vierte Italien-Rundfahrt.

"Nach den Klassikern war ich fix darauf eingestellt, die Kalifornien-Rundfahrt zu fahren und jetzt bin ich doch beim Giro", erzählt der Steirer gegenüber LAOLA1 von seiner überraschenden Nominierung.

Der 34-Jährige, der im Frühjahr Vater einer Tochter wurde, hofft, seinen Kapitän Richie Porte zum Sieg fahren zu können und nahm sich trotz Anreise-Stress noch schnell Zeit für ein Interview.

 

LAOLA1: Dein Team bezeichnet dich als "einen der meist respektierten Road Captains im Peloton" und erklärt, dass "nur wenige" ein Rennen so gut lesen können wie Du. Was bedeutet das für dich?

Bernhard Eisel: Das habe ich selbst noch nicht gelesen [lacht]. Es ist schon eine Ehre, auch wenn die Nominierung sehr kurzfristig kam. Als sie mich angerufen haben, habe ich scherzhaft gesagt, okay, dann fange ich jetzt mal an zu trainieren. Die Kalifornien-Rundfahrt wäre sicherlich entspannter gewesen, denn natürlich ist der Druck riesengroß. Es darf in drei Wochen kein Fehler passieren und ich weiß, dass sich die Jungs auf mich verlassen. Ich bin Profi und will die Aufgabe zu hundertprozent erledigen. Da gibt es wenige Minuten zum Entspannen, weder im Rennen, noch davor oder danach.

LAOLA1: Mit welcher Form gehst du nach nur 18 Renntagen an den Start?

Eisel: Die Form ist okay, aber weit entfernt von der Höchstform. Im Endeffekt bin ich 2012 und 2014 aber mit der gleichen Form in den Giro gegangen. Ich weiß, dass ich bis Mailand kommen und meine Arbeit machen kann. Ich hätte auch nicht unbedingt zugesagt, doch Richie (Porte, Anmerk.) wollte mich unbedingt dabei haben… Es liegt schon viel Arbeit vor mir, aber wenn man für einen Mann fährt, der die Rundfahrt gewinnen kann, ist das ein gutes Ziel.

LAOLA1: Wie ist es, für Richie Porte zu fahren? Kennt ihr euch gut?

Eisel: Ja, wir sind im letzten Jahr auch die Tour de France zusammen gefahren. Da war er auch nach einer Woche Kapitän und ich hatte die gleiche Aufgabe. Wir verstehen uns schon seit vielen Jahren ausgezeichnet, sogar schon, bevor er zu uns ins Team kam.

Bernie Eisel und Freundin Tanja freuen sich über Freja Eelonor
LAOLA1: Welche Etappen bedeuten für dich als Road Captain die meiste Arbeit?

Eisel: Alle. Auf den Sprint-Etappen ist es für uns aber eher ruhiger. Auch wenn wir mit Elia Viviani einen sehr guten Sprinter dabei haben, kann er nicht auf viel Unterstützung vom Team hoffen. Vielleicht kann ich ihm ein wenig helfen, aber in erster Linie geht es bei diesen Etappen darum, sich aus allem herauszuhalten, nicht zu stürzen und zu schauen, dass uns keine Windkante oder ähnliches passiert. Wir sollten immer vorne dabei sein, das Rennen mitgestalten und nicht am falschen Fuß erwischt werden. Bei Berg-Etappen besteht meine Aufgabe darin, so lange wie möglich meine Arbeit zu leisten und in der Karenzzeit nach Hause zu kommen. Ich bin im Endeffekt auch das Sprachrohr zwischen Auto und Fahrern. Oft bekommen die Leute im Auto die Informationen viel später, wir müssen aber oft innerhalb von Sekunden Entscheidungen treffen und können nicht darauf warten, was die im Auto sagen.

LAOLA1: Kommt dir da auch deine Routine entgegen? Immerhin ist es schon deine 17. Grand Tour.

Eisel: Ja, natürlich. Man geht schon entspannter rein, es ist zwar erst mein vierter Giro, dennoch habe ich ganz gute Streckenkenntnisse. Ich kenne die Straßen und Berge und weiß, was auf uns zukommt. Wir haben ein super Team am Start mit viel Giro-Erfahrung. Die Jungs sind gut aufeinander eingespielt, fahren schon das ganze Jahr mit Richie Rennen und wissen, was zu tun ist. Meine Aufgabe ist eigentlich nur, sie vorne in den Berg reinzufahren. Den Rest erledigen die Jungs.

LAOLA1: Wie sieht eigentlich deine restliche Saisonplanung aus, vor allem in Hinblick auf die Tour?

Eisel: Die Tour ist noch immer in Planung, ich bin auf der Nennliste. Da stehen, glaube ich, 15 Mann drauf. Aber bis dorthin ist es noch sehr, sehr weit. Ich will jetzt erst einmal den Giro gut fahren, ihn hoffentlich mit dem Team gewinnen und dann werden sich das Team und ich Gedanken über die Tour machen. Die nächsten drei Wochen nicht [lacht].

LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit deiner Saison bisher?

Eisel: Eigentlich sehr. Ich bin zwar durch die Geburt meiner Tochter nur wenig Rennen gefahren und war mehr zu Hause als sonst, dennoch war meine Klassiker-Form genauso gut wie in den letzten Jahren. Das, was von mir erwartet wurde, habe ich erfüllt. Aber es waren für mich keine Highlights dabei, keine Rennen, bei denen ich auf eigene Kappe fahren konnte.

LAOLA1: Du bist im Frühjahr Vater einer Tochter geworden – was hat sich seitdem für dich geändert?

Eisel: Da verändert sich alles, aber nur zum Positiven. In den letzten Wochen habe ich wenig trainiert und war viel zu Hause, wo ich ihr beim Wachsen und Essen zuschauen konnte. Wenn man dann so lange weg ist, spürt man das. Also sie stört es jetzt nicht so, solange die Mama da ist, passt alles. Beim Verabschieden habe ich aber schon gedacht, mir fehlen jetzt dreieinhalb Wochen in ihrer Entwicklung, da wäre ich schon lieber zu Hause. Aber im Endeffekt müssen wir alle arbeiten gehen. Und sie kommen mich ja besuchen, wenn wir in die Nähe der Grenze kommen, nach Jesolo und Treviso. Das ist in der zweiten Woche, da kommen sie auch über den Ruhetag.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Henriette Werner.

LAOLA1: Neben Porte bestreitest du den Giro mit Sebastian Henao, Vasil Kiryienka, Leopold König, Mikel Nieve, Salvatore Puccio, Kanstantsin Siutsou und Elia Viviani. Wie gefällt dir die Zusammenstellung?

Eisel: Wir sind drauf gekommen, dass wir keinen einzigen Briten im Team haben. Das ist, glaube ich, das erste Mal, dass wir ein Rennen ohne einen einzigen Briten fahren. Aber es gibt immer ein erstes Mal.

LAOLA1: Was macht die Italien-Rundfahrt für dich aus?

Eisel: Ich kann gar nicht viel sagen, weil ich mich noch nicht viel mit dem Giro beschäftigt habe. Ich weiß, dass die dritte Etappe schon anspruchsvoll wird, dazu geht es gleich mit einem Mannschafts-Zeitfahren (17,6 km, Anmerk.) los, welches schon der erste Formtest wird. Man kann den Giro dort sicherlich nicht gewinnen, aber man weiß danach schon, wer um den Sieg mitfahren wird... Der Giro ist immer ein Highlight. In den letzten Jahren war er eigentlich immer super organisiert, super Hotels, super Essen. Und natürlich die Tifosi. Italien lebt den Radsport noch immer und es sind wirkliche Fans, die kommen. Schon deshalb macht es immer wieder Spaß, dort am Start zu sein. Auch wenn zwischendrin mal nicht alles hundertprozentig organisiert ist, macht das den Giro aus.

LAOLA1: Im letzten Jahr gab es jede Menge Schneefall. Hast du dir heuer schon den Wetterbericht angeschaut?

Eisel: Das passiert hoffentlich heuer nicht. Die Etappe nach Sestriere ist zwar sehr hoch gelegen und geht über Schotterpisten bergauf und auf Asphalt herunter, was eh gut ist, aber bis dahin haben wir ja noch ein wenig Zeit (vorletzte Etappe am 30. Mai, Anmerk.).

LAOLA1: Du hast es schon erwähnt, der Giro beginnt mit einem Team-Zeitfahren. Freust du dich darauf oder bist du froh, wenn es rum ist?

Eisel: Ich glaube, da sind alle froh, wenn es rum ist. Egal, wie stark das Team ist, Mannschafts-Zeitfahren ist eine ganz eigene Disziplin und davor ist die Anspannung schon sehr groß. Es gibt keine Einroll-Etappe, man muss gleich alles reinlegen, als ob es schon darum geht, den Giro zu gewinnen.

LAOLA1: Apropos gewinnen, dein Kapitän, Richie Porte, hat heuer bereits Paris-Nizza, die Katalonien-Rundfahrt und den Giro del Trentino gewonnen. Hat er das Zeug dazu, den Giro zu gewinnen?

Eisel: Ja, schon. Für mich gibt es nur zwei Favoriten, Alberto Contador und Richie Porte. Rigoberto Uran wird auch eine Rolle spielen und mal schauen, wie Fabio Aru drauf ist, aber der ist heuer, glaube ich, nur 15 Renntage gefahren… (zum Vergleich, Porte hat 33, Anmerk.). Letztendlich wird es sich zwischen Richie und Contador entscheiden, die haben mit Abstand die stärksten Mannschaften am Start.

LAOLA1: Ist es ein Vorteil, einen Gegner wie Uran besser zu kennen, weil er bis 2013 für Sky gefahren ist?

Eisel: Nein, überhaupt nicht. Die machen sich das schon in den Bergen aus und man kennt eh die Stile der Fahrer. Rigo ist eher ein abwartender Fahrer, da muss man nicht so viel Angst haben. Contador ist der Killer, da weiß man nie genau, was er vor hat oder wo er attackieren wird.