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Armstrong-Urteil: Stimmen gegen UCI werden lauter

Armstrong-Urteil: Stimmen gegen UCI werden lauter

Nach der Aberkennung der sieben Tour-de-France-Siege Lance Armstrongs steht der Internationale Radsport-Verband (UCI) nun selbst immer stärker in der Kritik.

Experten sind der Meinung, dass ein Neuanfang im Radsport nur mit einer neuen Führung des Weltverbandes möglich ist.

Vorwürfe in USADA-Bericht

Im Bericht der amerikanischen Anti-Doping-Agentur USADA werden unter anderem mögliche vertuschte Kontrollen der UCI beschrieben.

Floyd Landis und Tyler Hamilton sagen aus, dass Armstrong mit einer Geldspende an die UCI eine positive Dopingprobe erfolgreich verheimlichen konnte.

Auch ein inkonsequentes Verfolgen von Doping-Aussagen wird dem Weltverband vorgeworfen.

Neuanfang gefordert

Um die Glaubwürdigkeit des Radsports wiederherzustellen, fordert auch WADA-Präsident John Fahey Rücktritte der UCI-Vorsitzenden.

"Niemand, der in Armstrongs Jahren bei der UCI an verantwortlicher Stelle tätig war, kann noch rechtfertigen, weiterhin an der gleichen oder einen ähnlichen Stelle zu sein", sagt Fahey gegenüber dem australischen Rundfunksender "ABC Radio".

"Es gab eine Zeit, in der Doping für jeden Fahrer dazu gehörte. Alle Zeugen gegen Armstrong sagten aus, dass man ohne nicht konkurrenzfähig gewesen ist. Und wenn Doping so weit verbreitet war, muss man Fragen stellen: Wer wollte das stoppen? Wer hat dagegen gearbeitet? Warum ist es nicht gestoppt worden?", so der WADA-Präsident.

UCI-Präsident schließt Rücktritt aus

"Der Radsport kann seine Glaubwürdigkeit nicht wiederherstellen und kein neues Vertrauen gewinnen, wenn die verantwortlichen Personen bei der UCI sich diese Fragen nicht stellen und keine Konsequenzen für sich und ihren Verband daraus ziehen", bilanziert Fahey.

Doch UCI-Präsident Pat McQuaid schließt am vergangenen Montag seinen Rücktritt noch während der Bekanntgabe der Entscheidung gegen Armstrong aus.

Stattdessen schiebt er die Schuld von sich, in dem er den US-Amerikaner zur persona non grata degradiert: "Lance Armstrong hat keinen Platz mehr im Radsport. Er muss vergessen werden."

UCI-Ehrenpräsident glaubt an Armstrongs Unschuld

Der aktuelle UCI-Ehrenpräsident und McQuaids Vorgänger Hein Verbruggen hatte Armstrong noch bis zur Urteilsverkündung aus Mangel an Beweisen für unschuldig erklärt.

Verbruggen war bis 2005 Präsident der UCI und somit während Armstrongs erfolgreichster Jahre im Amt.

Der Niederländer gilt als weiteres Beispiel dafür, dass im Radsport-Weltverband noch immer die alten Strukturen und Denkweisen vorherrschen, die dringend aufgebrochen werden müssen.

IOC ist gefragt

Auch der Dopingexperte Fritz Sörgel fordert gegenüber Sky Sport News einen Neuanfang: „Man muss das System neu aufstellen".

Damit dies gelingt, nimmt er das Internationale Olympische Kommitte (IOC) in die Verantwortung:

„Das IOC ist gefragt. Es hat starke Mittel in der Hand, den Radsport zu bestrafen: Zum Beispiel, den Radsport bei den Olympischen Spielen für zwei Perioden auszusetzen. Die Länder sollten verpflichtet werden, die Weltmeisterschaften auszusetzen. Nur so geht es, nur so entsteht genug Druck im System selbst, so dass es dann dazu kommt, dass die Leute innerhalb des Systems ausgetauscht werden.“

Tour-de-France-Direktor nicht überrascht

Der Direkor der Frankreich-Rundfahrt, Christian Prudhomme, zeigt sich ob des UCI-Urteils nicht überrascht.

"Wir hatten es erwartet. Lance Armstrong ist nicht mehr der Sieger der Tour de France der Jahre 1999-2005. Wie schon gesagt, Wir wollen die Siegerlisten dieser Jahre frei lassen.“

Die Armstrong-Epoche soll demnach als Warnung dienen. "Diese Epoche muss gekennzeichnet sein durch das Fehlen von Siegern" ,so Prudhomme.

Merckx sauer

Eddy Merckx - nach der Aberkennung von Armstrongs Tour-Siegen nun wieder gemeinsam mit Jaques Anquetil, Bernard Hinault und Miguel Indurain Rekordsieder der Frankreich-Rundfahrt - ist sehr enttäuscht von Armstrongs Lügenkonstrukt.

"Das macht mich krank", äußert sich der Belgier gegenüber der Zeitung "Le Soir".

"Ich habe Lance Armstrong mehrere Male getroffen. Nie hat er mit mir über das Thema Doping gesprochen. Ich bin einfach auf ihn hereingefallen. Sein Verhalten erstaunt und enttäuscht mich sehr, natürlich umso mehr, nachdem er vorher seine Krebserkrankung überstanden hatte".

Henriette Werner