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Verbände im Closeup: Tennis und Judo

Verbände im Closeup: Tennis und Judo

Groß war das Tamtam um Tennis und Judo im Vorfeld der Olympischen Spiele gewesen.

Auf der einen Seite der spannende Kampf um das Ticket von Tamira Paszek, der quasi erst im Tiebreak entschieden werden konnte. Am Ende verwelkten unsere Tennis-Asse am saftigen Grün von Wimbledon aber sang- und klanglos. Viel Lärm um nichts.

Die Judoka ließen uns nach 2004 und 2008 erneut auf Edelmetall hoffen. Diesmal allerdings vergebens.

Da aber jede Krise auch eine Chance ist, nimmt LAOLA1 in einer Serie heimische Verbände unter die Lupe und will Möglichkeiten aufzeigen, wo der Hebel angesetzt werden kann.

Nach Leichtathletik sind diesmal Tennis und Judo an der Reihe:

Aushängeschilder und deren Finanzierung:

Jürgen Melzer, Andreas Haider-Maurer, Tamira Paszek, Patricia Mayr-Achleitner, Yvonne Meusburger

Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Sport-Verbänden kann man sich seine Karriere im Tennis ab einem gewissen Leistungs-Level selbst finanzieren. Als Grundregel gilt: Ab den Top 200 können die Athleten gut davon leben, ab den Top 100 können auch Reserven für die Zeit nach der Karriere angespart werden. Dies hängt allerdings auch vom Investitionsaufwand der jeweiligen Spieler ab. Schließlich zahlen sie ihre Trainer und Betreuer aus der eigenen Tasche. Die jährlichen Reise- und Trainer-Kosten eines aufstrebenden jungen Spielers betragen 50.000 bis 70.000 Euro.


Ex-Sportdirektor Gilbert Schaller

Produktion von Spitzensportlern:

Der österreichische Tennis-Verband versucht seit Jahren, an die glorreiche Muster-Ära Ende der 80er, Mitte der 90er anzuschließen. Damals spornten sich Thomas Muster, Horst Skoff und Alex Antonitsch unter der Leitung von Stan Francker in der Südstadt gegenseitig zu Höchstleistungen an.

Nachdem dieses Konzept in den 90er Jahren zu Grabe getragen wurde, versuchte es Gilbert Schaller als ÖTV-Sportdirektor nach der Jahrtausendwende mit der Wiederbelebung. Der Steirer scheiterte aber, da er es nicht schaffte, die „Besten der Besten“ in die Südstadt zu lotsen.

Die vielversprechendsten Talente setzten lieber auf Privat-Initiativen oder vertrauten einem der neun Landesverbände. Von den fünf zu Beginn angeführten Aushängeschildern spielte nur Andreas Haider-Maurer für eine kurze Zeit in der Südstadt. Melzer und Paszek gingen eigene Wege, Mayr-Achleitner und Meusburger reiften in den Bundesländern.


 

Kritik und Reform-Bedarf:

Die Situation im österreichischen Tennis-Sport ist verworren. Auf der einen Seite versucht der ÖTV die besten heimischen Talente in einem Bundessportzentrum (Südstadt) zu bündeln, damit sie gegenseitig voneinander profitieren können. Auf der anderen Seite kocht auch jeder der neun Landesverbände sein eigenes Süppchen und will seine Spitzenspieler nicht abgeben. Zusätzlich setzen viele Eltern auf private Initiativen. Jürgen Melzer, der beim NÖTV seine ersten Schritte machte, Tamira Paszek, Niki Hofmanova, Dominic Thiem oder Babsi Haas sind die prominentesten Beispiele.

Aushängeschilder und deren Finanzierung:

Ludwig Paischer, Sabrina Filzmoser, Hilde Drexler, Peter Scharinger, Max Schirnhofer

Alle angeführten Athleten finanzieren ihren Lebensunterhalt über das Heeressportzentrum. Förderungen wie jene von „Team Rot-Weiß-Rot“ ermöglichen Trainingslager und Turniere.

Obwohl diese an und für sich zweck- und personengebunden sind, wurden zuletzt kritische Stimmen laut. In der Olympia-Vorbereitung wurde moniert, dass mithilfe der Trainer-Kosten getrickst wurde. Anstatt die Aufwendungen anteilsmäßig auf alle fraglichen Sportler aufzuteilen, sollen diese bei lediglich einem Sportler eingerechnet worden sein, um das Budget eines anderen nicht zu belasten. Der Verband streitet dies ab.


 

Produktion von Spitzensportlern:

Der Verband selektiert ab der U15 die stärksten Athleten heraus und fördert sie mittels Lehrgängen und der Entsendung zu starken internationalen Wettkämpfen. Richtig strategisch werden diese Bemühungen erst ab dem Jugend-Bereich (U17) betrieben. Trotz dieser Bemühungen ertönt von Seite der Basis der wiederkehrende Vorwurf, dass die eigentliche Ausbildung der Spitzenathleten in den leistungsstarken Vereinen passiert.

Der ÖTV befindet sich derzeit allerdings auch in einer Umbruchphase. Mit Jahresbeginn löste Clemens Trimmel Gilbert Schaller als ÖTV-Sportdirektor ab. Auf dem 33-jährigen Wiener ruhen viele Hoffnungen. Als ehemaliger Spitzenspieler, dem eine große Karriere aufgrund von Verletzungsproblemen verwehrt blieb, und Absolvent einer FH für Unternehmensführung soll er das ideale Bindeglied für sportliche und wirtschaftliche Angelegenheiten werden. Im März übernahm zudem Muster-Macher Ronnie Leitgeb das Amt des ÖTV-Präsidenten vom oft kritisierten Ernst Wolner. Ob dieses Duo alle Beteiligten unter einen Hut bringen wird können, wird erst die Zeit zeigen.

Als eine der ersten Maßnahmen wurden die vor ein paar Jahren eingeführten externen Förderungen erhöht, die an vielversprechende, aber nicht in der Südstadt trainierende Spieler vergeben werden. Fragt sich nur, inwieweit dem Verband dann noch Mittel zur Verfügung stehen, um die Position der Südstadt zu stärken. Darüber kann allerdings nur spekuliert werden. Auf LAOLA1-Nachfrage nach genauen Förderungs- und Budgetzahlen erhielten wir die Antwort: „Der ÖTV gibt solche Daten nicht bekannt!“

ÖJV-Präsident Hans-Paul Kutschera

Ein Gros der Spitzenathleten geht auch durch diverse Schul-Leistungszentren, wo sich in den vergangenen Jahren insbesondere die Südstadt, das Linzer BORG und das Salzburger SSM hervorgetan haben.


 

Kritik und Reform-Bedarf:

ÖJV-Präsident Hans-Paul Kutschera setzte sich zuletzt bei der Nominierung der HSZ-Plätze in die Nesseln. Laut Aussagen diverser Vorstandsmitglieder habe der praktizierende Mediziner die Besetzung des letzten noch freien Platzes zur Chefsache erklärt, streitet dies auf Nachfrage von LAOLA1 aber ab. Kutschera nominierte letztendlich den Wiener Marcel Ott in das HSZ. Auch wenn diese Entscheidung aufgrund Otts jüngster Leistungen durchaus nachvollziehbar ist, bleibt ein fahler Beigeschmack. Im Herbst wird der Vorstand neugewählt und dort hat der Wiener Verband aufgrund der Mitgliederzahlen das größte Stimmgewicht. Es liegt der Schluss nahe, dass politisches Kalkül hinter Kutscheras Nominierung steht. In diesem Zuge wäre auch ein Mehr an Transparenz sowie eine klare Kompetenz-Verteilung wünschenswert.

Zudem wird Kutschera ein zweifelhafter Führungsstil nachgesagt. „Er regiert wie ein Fürst und behandelt die Vorstandsmitglieder wie seine Vasallen“, wettert etwa Franz Haugeneder, der in der Vergangenheit bereits zwei Mal das Amt des ÖJV-Präsidenten bekleidet hatte.

Ein wiederkehrender Kritikpunkt ist die Selektion der Nationalkämpfer insbesondere in den unteren Altersklassen. Die verantwortlichen Trainer forcieren dabei oft die Athleten aus jenen Regionen oder Leistungszentren, aus denen sie selbst stammen bzw. in denen sie tätig sind.

Die Erfolge der jüngsten Vergangenheit sind Athleten zu verdanken, deren Karriere-Ende naht. Die dahinter klaffende Lücke konnte in den vergangenen Jahren nicht geschlossen werden. Zumindest für Kuschera, der von einem Weitermachen von Paischer und Filzmoser überzeugt scheint, kein Grund zur Sorge: "Die guten Nachwuchshoffnungen machen mich zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit den Routiniers in Zukunft weiterhin hohe Qualität bieten könne."

Christian Frühwald/Reinhold Pühringer

 

In den nächsten Tagen folgen weitere Verbände...

ÖJV-Funktionäre
Präsident Hans Paul Kutschera
Vize-Präsident Erich Pachoinig
Vize-Präsident Manfred Hausberger
Finanzreferent Roland Poiger
Technischer Direktor Albert Gmeiner
Generalsekretär Paul Fiala
Cheftrainer Udo Quellmalz