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Aus drei mach eins: Scherübls Olympia-Dilemma

Aus drei mach eins: Scherübls Olympia-Dilemma

Rainer Pariasek war wieder einmal schlecht vorbereitet. Oder besser: gar nicht.

Denn hätte sich der Sport-Moderator des ORF nur ein bisschen informiert, so hätte er gewusst, dass Christian Scherübl bei den Olympischen Spielen in London eben nicht über 400 und 1.500 m Kraul an den Start gehen wird.

Sondern doch nur in der 4 x 200 m Kraul-Staffel.

Daran hat Pariasek keine Schuld, sondern eine Sport-Politik-Posse made in Austria, die ihren Ausgangspunkt in Kärnten hat.

"Menschenverachtende Vorgehensweise"

Genauer gesagt in Wolfsberg. Es ist noch nicht lange her, dass Bürgermeister Hans-Peter Schlagenholz den Senden-Button drückte und eine E-Mail mit dem Betreff „Von Olympia ausgeschlossen“ an Verteidigungsminister Norbert Darabos schickte.

Der sollte nicht die Panzer in London auffahren lassen, sondern für Schwimmerin Uschi Halbreiner intervenieren und ihr die Olympia-Teilnahme ermöglichen.

„Die Schwimmerin Uschi Halbreiner hätte sich eine Nominierung für die Olympischen Spiele 2012 verdient – auch ohne Protektion. Dies ist eine menschenverachtende Vorgehensweise seitens der Verantwortlichen“, schrieb sich das Stadt-Oberhaupt den Frust über die Nicht-Berücksichtigung „einer Vorzeigeathletin“ von der Seele.

Sechs OSV-Schwimmer rücken nach

Was war passiert? Der Schwimm-Weltverband FINA hatte Mitte Juni Birgit Koschischek, Lisa Zaiser, Nina Dittrich und eben Christian Scherübl zu den Olympischen Spielen in London eingeladen, obwohl sie das A-Limit nicht geschafft hatten.

Der OSV nahm dankend an. Anfang Juli kamen dann auch noch Sebastian Stoss und Hunor Mate hinzu.

Sie alle waren zum Zug gekommen, weil die FINA die 900 Startplätze für London auffüllen konnte und wollte – und weil sie - bis auf Scherübl - neben der vorgegebenen „Olympic Selection Time“ auch die vom OSV mit dem ÖOC vereinbarte nationale Limit-Zeit, aber eben nicht das A-Limit, erbracht hatten.

Halbreiner: "Schlag ins Gesicht"

Das hatte auch Halbreiner geschafft, allerdings war die Kärntnerin über 200 m Lagen langsamer als Zaiser und bei Nicht-Erbringung des A-Limits darf nur eine Athletin entsandt werden.

Über 100 m und 200 m Rücken blieb Halbreiner knapp über der geforderten Norm. Wie auch Christian Scherübl über 400 und 1.500 m Kraul.

„Als ich gesehen habe, dass er eingeladen und vom OSV bestätigt wurde, war das wie ein Schlag ins Gesicht“, wird Halbreiner in der „Kleinen Zeitung“ zitiert.

„Scherübl ist mit der Staffel sowieso in London, mit den 400 m hätte er einen Bewerb zum Einschwimmen gehabt“, erklärt ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel, der ebenfalls Post von Bürgermeister Schlagenholz erhielt und „über den Ton entsetzt“ war.

USC gegen ATUS, das ist Brutalität

Hinter den Kulissen machte nach LAOLA1-Informationen auch der Schwimmklub USC Graz gegen die Entsendung Scherübls, der für den Konkurrenz-Verein ATUS schwimmt, mobil.

Kapfenberg gegen Simmering, das war einmal.

Funktionäre und Trainerinnen vom USC sollen versucht haben, an höchster Stelle zu intervenieren.

Schlussendlich und im Verbund mit Bürgermeister Schlagenholz mit Erfolg: ÖOC und OSV strichen der Zukunftshoffnung die Einzelstarts. In der Staffel wird der Steirer aber dabei sein.

"Schlage keine Saltos vor Freude"

Bei LAOLA1 bricht der 18-Jährige erstmalig sein Schweigen: „Ich schlage natürlich keine Saltos vor Freude und bin sehr enttäuscht. Vor allem von denen, die das Ganze ins Rollen gebracht haben“, weiß der Gratweiner genau, bei wem er sich dafür bedanken muss, dass sein Olympia-Traum „wie eine Seifenblase zerplatzt“ ist.

„Ich habe mich wirklich über die beiden zusätzlichen Start-Möglichkeiten gefreut und auch schon die 400 m Kraul im Training mehr forciert. Aber es ist passiert, ich kann es nicht mehr ändern“, hat sich Scherübl damit abgefunden.

Auf den angedachten „Gegenschlag“ verzichtete er freiwillig: „Ich wollte nicht schauen, wer die besseren Beziehungen hat.“

Verliert Scherübl seine Förderung?

Stattdessen möchte er in der Staffel Gas geben und „zeigen, dass ich es verdient gehabt hätte, auch die Einzelstrecken zu schwimmen.“

Zumindest eine Einzelzeit könnte ihm von den Olympischen Spielen bleiben, nämlich dann, wenn er in der Staffel als Startschwimmer schwimmt.

Durch die Wegnahme der Starts über 400 und 1.500 m Kraul braucht der zweifache Jugend-Europameister von 2011 noch ein zählbares Ergebnis: Sonst verliert er seine Sport-Förderung in Höhe von 2.500 Euro.

Aber ganz egal, was passiert: "2016 in Rio de Janeiro bin ich dann fix dabei!"

 

Stephan Schwabl