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Rogan: 20.000 Mal probiert, dann ist es passiert

Rogan: 20.000 Mal probiert, dann ist es passiert

Wie ein geprügelter Hund: Das Haar kräuselt sich wild am tiefhängenden Kopf, das Shirt sieht aus, als hätte er sich damit gebettet.

Markus Rogan, der Schwimmer von der traurigen Gestalt, gab am Tag nach „der größten Enttäuschung meiner sportlichen Karriere“ ein jämmerliches Bild ab.

Aber wen wundert's? Kein Auge habe er zugebracht nach dem Semifinale über 200 m Lagen, das mit einer Disqualifikation endete.

"Die Regel ist mir wurscht"

Der anschließende Protest der österreichischen Delegation wurde in erster und zweiter Instanz abgeschmettert.

FINA-Regel 7.1 ("Die ist mir wurscht!") für Laien: Beim Delfinbeinschlag nach der Wende von der Rücken- auf die Brustlage müssen die Arme geöffnet sein.

Der Kampfrichter, ein alter Bekannter, auf der Beckenseite mit dem Startsockel, wollte aber eine geschlossene Armhaltung erkannt haben.

"Dabei haben wir das gemeinsam geübt. Und ich habe diese Wende in meinem Leben sicher 20.000 Mal gemacht.

"Ich wollte diese 200 Meter"

Am Tag danach bleibt nur das Elend. „Ich bin in meinem Leben 45.000 km geschwommen, aber eigentlich wollte ich 45.000 km und 200 m schwimmen“, trauert der 30-Jährige dem Finaleinzug und also seiner letzten olympischen Medaillenchance nach.

Dass seine 1:58,81 Minuten eigentlich nicht für das Finale gereicht hätten, lässt Rogan so nicht gelten.

„Ich habe immer gespürt, dass ich ins Finale komme! Chad le Clos hat mir nach dem Rennen gesagt, dass ich schauen soll, dass das richtig gestellt wird, da er nicht starten wird.“

Außerdem ginge es bei Olympischen Spielen nur um die Chance, auch wenn die noch so klein ist.

„Ein Prozent reicht schon, aber dieses eine Prozent hat man nur, wenn man im Finale schwimmen darf“, hat Rogan trotz großen Rückstands auf die Bestzeiten der Konkurrenz „eine kleine Chance auf eine Medaille“ gesehen.

Die letzten Olympischen Spiele

So enden die letzten Spiele von Markus Rogan, das kann man schon heute sagen, also mit einer Disqualifikation anstatt einer Medaille.

Auch wenn er sich mit leiser Stimme ein Hintertürchen offen lässt. „Ich muss schauen, dafür ist es jetzt zu früh. Aber ich kann nicht mehr tun, kann nicht härter trainieren als in den vergangenen drei Jahren.“

Dazu die Entbehrungen, der Druck und natürlich auch das Alter – bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio wäre Rogan 34 Jahre alt – all das spricht gegen eine Fortsetzung über diese Saison hinaus.

Bis 31. August Mieter in L.A.

Unklar ist, ob der Wiener überhaupt noch einmal für einen Schwimm-Wettkampf ins Becken springt.

Die Staatsmeisterschaften am nächsten Wochenende in Innsbruck wollte er eigentlich schwimmen. Eigentlich, denn jetzt möchte er doch an den Schlussfeierlichkeiten in London teilnehmen.

Und dann? Der Mietvertrag in Los Angeles läuft am 31. August aus. „Bis dahin muss ich mich entscheiden, wie es weitergeht.“

Was bleibt? Zahlreiche große sportliche Momente, unzählige Erfolge, natürlich die 34 Medaillen und auch jede Menge Aufregung.

Rogans persönliche Highlights waren sein erster Weltrekord in Triest, der WM-Titel in Manchester und die gemeinsame Siegerehrung bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen mit Aaron Peirsol.

Disqualifikation auf Französisch

Der US-Amerikaner gewann erst nachträglich Gold über 200 m Rücken, nachdem er wegen eines nicht zulässigen Beinschlags disqualifiziert worden war.

Das US-Team legte gegen die Disqualifikation Protest ein und war damit erfolgreich, weil der japanische Schiedsrichter den Ausschluss in französischer Sprache und nicht wie vorgeschrieben in Englisch ausgesprochen hatte.

Für Rogan, der sich wenige Stunden Olympiasieger nennen durfte, ist das der „schönste Moment“ seiner Olympia-Karriere.

Unterstützung von Peirsol

Bereut hat es der 30-Jährige nicht, dass er sich damals für eine Aufhebung der Disqualifikation seines Gegners stark gemacht hatte.

Der hat das nicht vergessen: In der bittersten Stunde stand ihm Peirsol zur Seite, wollte Rogan unterstützen. Ohne Erfolg.

„Aaron hat probiert, mir zu helfen, aber es hat alles nichts genützt.“

Stephan Schwabl