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Giglmayr: "Ich habe mich nicht einmal atmen gehört!"

Giglmayr:

Als der frischgebackene Olympiasieger gerade die ersten Sieger-Interviews gab, lief Andreas Giglmayr im Hyde Park über die Ziellinie.

Dass der Salzburger die starken Brownlee-Brüder Alistair (Gold in 1:46:25 Stunden) und Jonathan (Bronze) nicht würde fordern können und also etwas mit den Medaillen zu tun haben würde, war schon vor dem Startschuss des Olympia-Triathlons klar. Javier Gomez verhinderte mit Silber den totalen Brownlee-Triumph.

Aber dass es nur Rang 40 für Giglmayr (+4:49 Minuten) werden würde, damit musste man nicht unbedingt rechnen.

Vor allem, da sich der 28-Jährige nach eigener Aussage "in Bestform" befand - und das in allen drei Disziplinen.

LAOLA1 hat den schnellsten Österreicher über die Olympische Distanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen) nach dem Rennen zum Interview gebeten.

 

LAOLA1: Herr Giglmayr, Sie sind als einer der Letzten aus dem Wasser gestiegen. Was ist denn da schief gelaufen?

Andreas Giglmayr: Das war das vierte Mal in zwei Jahren, dass ich die Gruppe verpasst habe. Es soll keine Ausrede sein, aber mit der Verletzung zum Jahresbeginn bin ich in der Weltrangliste weit zurückgefallen. Dadurch bin ich neben lauter schlechten Schwimmern gestanden und musste mehr fighten als ich geschwommen bin. Aber das ist Triathlon, damit muss ich umgehen können.

LAOLA1: Wie kann man sich das vorstellen?

Giglmayr: Es war vor allem sehr hektisch. Jeder hat Panik gehabt, dass der Tag vorbei ist, bevor er überhaupt begonnen hat. Das war ein Kampf auf Leben und Tod. Deshalb ist keiner mehr geradeaus geschwommen, sondern nur kreuz und quer. Die haben an den Hax'n angerissen, an der Schulter, einfach überall. Da ist es schwer, in einen Rhythmus zu kommen.

LAOLA1: Als Sie in die Wechselzone gekommen sind, waren da keine zehn Räder mehr?

Giglmayr: Das ist natürlich nicht toll. Aber ich gebe kein Rennen auf, glaube eigentlich immer daran, dass noch etwas gehen kann. Die Ausgangsposition nach dem Schwimmen war sehr schlecht, die Aufholjagd am Rad ...

LAOLA1: Sie sind immerhin die fünftschnellste Radzeit gefahren?

Giglmayr: … hat mich ziemlich viel Kraft gekostet, die dann natürlich beim Laufen abgeht. So gesehen bringt mir die schnelle Radzeit nicht wirklich viel. Was anderes ist es, wenn ich vorne dabei gewesen wäre und im Windschatten mitfahren hätte können. Dann wäre beim Laufen viel möglich gewesen.

LAOLA1: Zwischenzeitlich ist ihre Verfolgergruppe bis auf 55 Sekunden an die Spitzengruppe herangekommen?

Giglmayr: Bis zur letzten Runde hat es immer wieder Attacken gegeben, anstatt dass wir Kreisel gefahren sind. Das war schwachsinnig, aber das kann man schlecht beeinflussen. Irgendwann war klar, dass wir das Loch nicht mehr schließen werden.

LAOLA1: Der abschließende 10-km-Lauf war demnach nur mehr für die Galerie?

Giglmayr: Ich bin nicht schlecht gelaufen, obwohl ich mich nie toll gefühlt habe. Mein Ziel von 30:50 Minuten habe ich knapp verpasst. Natürlich bin ich mit der Platzierung nicht zufrieden, denn eigentlich war ich in allen drei Disziplinen in Bestform. Im Laufen war ich so gut drauf wie noch nie. Schade, dass ich nicht ganz vorne vom Rad gestiegen bin.

LAOLA1: Konnten Sie denn wenigstens die Stimmung entlang der Strecke genießen?

Giglmayr: Nicht wirklich. Aber da ist es zugegangen wie bei einem Rad-Klassiker. Es war so laut, dass man sich nicht einmal atmen gehört hat. Das hatte ich noch nicht oft, dass ich mein Körpergefühl verloren habe.

LAOLA1: Entlang der Strecke waren zahlreiche Österreich-Fahnen. Haben Sie denn das mitbekommen?

Giglmayr: Nicht nur die Österreicher, auch die Deutschen und Schweizer haben mich ziemlich angefeuert. Triathlon ist eine riesige Family, ich habe trotz der Menschenmassen viele bekannte Gesichter entlang der Strecke gesehen. Denen hätte ich gerne noch ein bisschen mehr gezeigt.

LAOLA1: Gold ging wie erwartet an den Briten Alistair Brownlee. Was können Sie uns über ihn verraten?

Giglmayr: Er hat es sich auf alle Fälle verdient, dominiert seit er von den Junioren gekommen ist. Er trainiert seit seinem 12. Lebensjahr wie ein 25- oder 28-Jähriger. Das macht sich natürlich bemerkbar. Er hat in keiner Disziplin Schwächen und kann ein Rennen nach Belieben dominieren.

LAOLA1: Die Briten hoffen, dass die Brownlee-Brothers bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio weitermachen. Wird man Sie in Brasilien auch wieder sehen?

Giglmayr: Nicht wenn ich sehe, dass ich bei den nächsten Spielen wieder 40. werde. Ich möchte die Top-Ten knacken. Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen vermessen an. Aber wenn wir alle gleichzeitig vom Rad steigen und ich habe frische Beine, dann ist das nicht so abwegig.

LAOLA1: Sie schlagen auf jeden Fall ein neues Kapitel auf, denn ihre Zusammenarbeit mit dem australischen Trainer Darren Smith und seiner Trainingsgruppe ging bis zu den Olympischen Spielen?

Giglmayr: Ja, die Arbeit mit Darren war immer bis London ausgerichtet. Ich habe schon ein paar Ideen, wie meine zukünftige Trainingsgestaltung aussehen soll. Ich möchte auf jeden Fall mit ÖTRV-Sportdirektor Robert Michlmayr mehr machen, beim Laufen habe ich auch schon ein paar Optionen.

LAOLA1: Sie haben zuletzt in der Südstadt erstmals unter Robert Michlmayr trainiert, da ihr Heimbecken in Rif wegen Sommerpause gesperrt war. Was erwarten Sie sich von ihm, der ja vom Schwimmen kommt?

Giglmayr: Er kann mich sicher noch weiterbringen. Dazu hat er eine ähnliche Philosophie wie ich, weil ich möchte nichts, das 180 Grad anders ist. Er kann die Technik noch verfeinern und mich bis zur ersten Boje schneller machen. Beim australischen System schwimmt man mehr wie ein Freiwasser-Schwimmer, relativ gleichmäßig.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

 

Das Interview führte Stephan Schwabl