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Hochschwanger zu den Olympischen Spielen

Hochschwanger zu den Olympischen Spielen

Die normalen Schützen-Hosen passen Nur Suryani Mohd Taibi nicht mehr. Die 29-Jährige braucht eine Spezial-Anfertigung. Der Grund ist offensichtlich und freudig zugleich: Sie ist hochschwanger.

Wenn die Malaysierin am 28. Juli bei den Olympischen Spielen in der Qualifikation mit dem Luftgewehr über zehn Meter antritt, ist sie bereits im neunten Monat. Geburtstermin ist der 2. September.

Für die Stress-Situation hat sie sich bereits einen Plan zurecht gelegt. „Ich werde vor dem Wettkampf mit dem Baby reden: Mama geht nur kurz zum Schießen. Bitte tritt mich jetzt nicht, bleib bitte für die nächsten 75 Minuten ruhig“, erklärt sie gegenüber „Reuters“.

Eine vielleicht einmalige Chance

Auf Olympia zu verzichten, kam für die Nummer 47 der Weltrangliste nie in Frage. Auch wenn dies von einigen Funktionären ihres nationalen Verbandes gefordert wurde. Aber nicht mit Nur Suryani, die wenige Tage vor dem Qualifikationsturnier im Jänner in Doha von ihren freudigen Umständen erfuhr.

„Ich habe gesagt: Ich habe die Quali, also gehört der Platz mir.“ An Ersatzleuten hätte es in Malaysien nicht gemangelt.

„Es ist eine dieser Herausforderungen“, meint sie mit Blick auf ihren runden Bauch. „Würde ich das nicht wagen, wer weiß? Wenn ich vier Jahre warten würde, bekomme ich diese Gelegenheit vielleicht nicht mehr.“ Zumal sich die Siegerin der Commonwealth Games 2010 durchaus Chancen ausrechnen darf.

Schwanger und keine Probleme

Ihr Ehemann steht hinter ihrer Entscheidung. „Ich fühle mich stark und mein Gatte sagt, so lange ich mich dadurch gepusht fühle, soll ich es machen.“

Von ihren übrigen Familien-Angehörigen werde sie immerzu gefragt, ob sie das schaffen kann. „Ich sage ihnen immer, dass ich keine Probleme hätte und dass ich mich durch das Baby nie alleine fühle. Wenn du schwanger bist, hast du keine Probleme, ich genieße es.“

Ihr Arzt gab dem Projekt Olympia seinen Segen. „Laut ihm bin ich fit und es ist okay, dass ich bis zum achten oder neunten Monat trainiere.“

Sollte sie aber spüren, dass es sich der Rummel auf den Nachwuchs negativ auswirke, wolle sie ihr Vorhaben noch einmal überdenken.

Keine Zeit für Sightseeing

Allzu lange wird ihr Aufenthalt in London aber nicht dauern. Bereits am 25. Juli möchte sie das Nationale Olympische Komitee zu den Spielen schicken und möglichst schnell nach ihrem Wettkampf wieder nach Hause fliegen lassen.

„Was ich über die Malaysian Airlines gehört habe, fliegen sie Frauen ab der 35. Schwangerschaftswoche nicht mehr“, erklärt Nur Suryani, die in der 34. auf dem Schießstand von London stehen wird.

Ihr Kämpferherz in allen Ehren, doch so ein dicker Bauch fordert ihren Tribut. Das muss sich auch Nur Suryani eingestehen. „Ja, ich kann nicht mehr auf dem Bauch liegen.“ Womit sich die Teilnahme im Dreistellungskampf (Liegend, stehend, kniend) automatisch zerschlägt.

„Zunächst war ich sehr enttäuscht darüber, aber wenn ich zurückdenke, ist es nach wie vor eine große Gelegenheit für mich. Wie auch immer, vielleicht werden viele sogar sagen, dass es unfair ist, weil zwei Menschen um eine Goldene kämpfen“, lacht sie.

Von Oblinger-Peters bis Julin

Da das IOC keine offiziellen Aufzeichnungen über Schwangere bei Olympia führt, ist nur schwer abzuschätzen, wie viele bisher an Spielen teilnahmen.

Aus österreichischer Sicht ist freilich Violetta Oblinger-Peters zu nennen. Die Wildwasser-Kanutin war bei ihrer Bronze-Fahrt in Peking 2008 im dritten Monat.

Bereits fünfeinhalb Monate schwanger war die kanadische Curlerin Kristie Moore bei den Heimspielen in Vancouver 2010. Darüber hinaus sind auch die Fälle der Deutschen Diana Sartor (Vierte im Skeleton 2006) und der Schwedin Magda Julin (Gold im Eiskunstlauf 1920) bekannt.

Reinhold Pühringer