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"Fallen ist keine Schande, nur liegen bleiben!"

 „Ich kann mir nichts vorwerfen!“ Aber Ludwig Paischer stand die Enttäuschung über das frühe Aus bei seinen dritten Olympischen Spielen ins Gesicht geschrieben.

Der Usbeke Rishod Sobirov wurde seiner Favoritenrolle in der zweiten Runde gerecht.

Der Weltranglisten-Erste und Doppel-Weltmeister kam nach etwa drei Minuten mit einem tiefen Angriff, für den es eine Waza-ari-Wertung gab, durch und hielt den 30-Jährigen im Anschluss auf Raten fest.

Für den Salzburger gab es kein Entrinnen mehr. Vor den Augen von Bundeskanzler Werner Faymann, ÖOC-Präsident Karl Stoss und Judo-Kollegin Sabrina Filzmoser ging er als Verlierer von der Matte.

Bei LAOLA1 gibt Lupo Paischer Einblick in seine Gefühlswelt. Wie es bei ihm nach den Spielen weitergeht, weiß er noch nicht.

 

LAOLA1: Du wirkst sehr gefasst nach deinem Aus gegen Sobirov, oder täuscht der Eindruck?

Lupo Paischer: Man lernt als Sportler nach außen hin cooler zu sein, als man gerade ist. In mir drin spüre ich gar nichts. Ich bin enttäuscht, leer, habe keine Gefühle. Aber: Fallen ist keine Schande, nur liegen bleiben.

LAOLA1: Wie hast du den Kampf gegen die Nummer 1 der Welt erlebt?

Paischer: Die ersten Minuten habe ich sehr gut gekämpft. Der Plan war, dass ich ihn beschäftige. Sobirov ist zwar ziemlich kräftig, aber ich habe dafür mehr Ausdauer. Vielleicht wollte ich gegen Ende hin ein bisschen zu viel, da hat er mich beim Vorwärtsgehen eingeteilt und ich bin nicht mehr weggekommen.

LAOLA1: Was ist das für ein Gefühl, beim usbekischen Kraftlackel im Haltegriff zu sein?

Paischer: Beim ersten ist es noch gut gegangen, da bin ich noch raus gekommen. Aber beim zweiten hat er einen Hebel gehabt. Das muss man sich wie bei einer Doppel-Mühle vorstellen: Wenn ich mich bewege, hebelt er mich ab. Bewege ich mich nicht, hat er mich im Festhalter.

LAOLA1: Wusstest du da, dass es vorbei ist?

Paischer: Ich habe probiert, dass ich ihn raus schiebe. Wir waren nur zu weit in der Matte, da ist er einfach zu stark und hat ein zu hohes Niveau. Aber selbst wenn ich raus gekommen wäre, holt man gegen einen solchen Weltklassekämpfer bei nur mehr 20 Sekunden Waza-ari und Yuko nicht mehr auf. Das ist schwierig, fast unmöglich.

LAOLA1: Was ist dir durch den Kopf gegangen, als du erfahren hast, dass du schon in Runde 2 gegen Sobirov ran musst?

Paischer: Ich war überzeugt, dass ich ihn schlagen kann. Er war einer von fünf Kämpfern, wo ich mir gesagt habe: Ich kann gewinnen, kann aber auch verlieren. Dass ich so früh auf ihn getroffen bin, ist Pech. Aber wenn ich zurückblicke, war ich bei allen drei Olympia-Auslosungen nicht vom Glück verfolgt. In Athen hatte ich den amtierenden Weltmeister. 2008 musste ich gegen Craig Fallon kämpfen, gegen den ich eine schreckliche Bilanz hatte. Und jetzt eben Sobirov. Aber ich will nicht lamentieren, ich habe auch schon gute Auslosungen gehabt.

LAOLA1: Hilft es, dass du diese Situation in Athen schon einmal erlebt hast?

Paischer: Ich werde sicher wieder aufstehen, wie nach 2004. Einfacher macht es, dass ich weiß, dass die Form super gepasst hat. Ich bin gegen den Weltmeister von 2010 und 2011 ausgeschieden, er hat in den letzten zweieinhalb Jahren zwei Kämpfe verloren. Aber Niederlage ist Niederlage.

LAOLA1: War das dein letzter Kampf bei einem Großereignis?

Paischer: Das weiß ich noch nicht. Jetzt brauche ich einmal Zeit für mich, um mich zu sammeln, Energie zu tanken und das Ganze zu verarbeiten. Dann entscheide ich, wie es weitergeht.

LAOLA1: Bist du nach einer solchen Enttäuschung der Typ Schneckenhaus oder gehst du in den Wald und schreist den Frust raus?

Paischer: Einfach den Kimono nicht anschauen, das hilft am besten. Und Spaß haben, abschalten, andere Sportarten ausprobieren, ohne Plan und Ziel. Dass einmal nicht alles auf Judo ausgerichtet ist. Sollte ich weitermachen, muss ich stärker werden. Damit ich ihn das nächste Mal schlage!

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

 

Aufgezeichnet von Stephan Schwabl