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Warum eine Judo-Medaille diesmal ausblieb

Warum eine Judo-Medaille diesmal ausblieb

Mit Judo geht eine der österreichischen Medaillen-Banken des vergangenen Jahrzehnts bei den Olympischen Spielen in London leer aus.

Dabei wurde mit Ludwig Paischer (bis 60 kg), Sabrina Filzmoser (bis 57) und Hilde Drexler (bis 63) ein aussichtsreiches Trio auf die britische Insel entsandt.

LAOLA1 nimmt die drei Fälle unter die Lupe und erklärt, warum es am Ende nicht gereicht hat:

Ludwig Paischer

Ludwig Paischer

"Einen Welttitel holen", hatte der Salzburger nach seiner Silbernen in Peking als Ziel ausgegeben. Dies misslang erneut. Paischer scheiterte nach einem Auftaktsieg über Jacob Gnahoui (BEN) in der zweiten Runde am Weltranglisten-Ersten und späteren Bronze-Gewinner Rishod Sobirov (UZB).

Dass am Ende Zielstellung und Ergebnis weit auseinanderragen, liegt beim 30-Jährigen aber weniger an der Leistung, als wohl viel mehr an der großen Erwartungshaltung. 2010 ist aufgrund einer Regelumstellung ein deutlicher Bruch in Paischer Ergebnislisten festzustellen. Das Verbot der direkten Beingreifer kostete "Lupo" zwar nur EINE Spezialtechnik, traf ihn aber über Umwege sehr hart. Da die Gegner seither während der Kämpfe viel aufrechter stehen, funktionieren Paischers Opferwürfe, die seine gefährlichste Waffe sind, nicht mehr so gut wie früher.

Klar ist Paischer an der Schere zwischen Zielsetzung und Ergebnis selbst verantwortlich. Doch welche Ziele soll sich ein Olympia- und WM-Zweiter sonst stecken? Ein siebter Platz etwa wäre wohl zu wenig, um genügend Motivation für eine jahrelange Olympia-Vorbereitung aufzubringen.

Sabrina Filzmoser

Sabrina Filzmoser

Jeder hätte ihr nach dem tränenreichen Erstrunden-Aus 2008 ein Happy End vergönnt. Doch das spielte es nicht. Die Welserin unterlag nach zwei Auftaktsiegen über Jolian Melancon (CAN) sowie Hortance Diedhiou (SEN) der späteren Bronze-Gewinnerin Automne Pavia (FRA) und Giulia Quintavalle (ITA), was am Ende Platz sieben bedeutete. Überflüssig zu erwähnen, dass das dem von ihr herbeigesehnten "Karriere-Höhepunkt" nicht entsprach.

Im Turnier wirkte Filzmoser unsicher. Der verunglückte erste Angriff gegen die Kanadierin, der fast das Aus bedeutet hätte, sprach Bände. Es war wenig zu sehen von der Souveränität und der unglaublichen Präsenz auf der Matte, welche die achtfache Weltcupsiegerin noch vor knapp einem Jahr ausgezeichnet hatten.

Auch wenn die körperliche Verfassung von Filzmoser, die als eine der härtesten Trainiererinnen im ÖJV-Lager gilt, zweifellos top war, hätte jene des Selbstvertrauens besser sein können. Mitschuld daran hat ein Knöchelbruch 2011. Dessen Langwierigkeit zwang Filzmoser zu einer Turnierpause, der den damaligen Lauf der Heeressportlerin stoppte.

Hilde Drexler

Hilde Drexler

Ein knapper Sieg, eine knappe Niederlage. Die Wienerin als Medaillen-Bringerin in die Pflicht zu nehmen, wäre überzogen. Die 28-Jährige rief in London jenes Potenzial ab, welches man sich im Vorfeld von ihr erwarten durfte.

Ohne Frage hat bei der Achtelfinal-Niederlage gegen Alice Schlesinger (ISR) nicht viel gefehlt, doch auf der anderen Seite hätte auch der Auftakt-Kampf über Rizlen Zouak (MAR), bei dem sie erst 14 Sekunden vor Schluss in Führung ging, gut und gerne anders ausgehen können.

An Drexlers zufriedenstellender Form konnte Gott sei Dank auch eine Bänder-Verletzung im Knie, an der sie heuer lange knabberte, nichts ändern. Gott sei Dank deshalb, weil diese ein LAOLA1-Redakteur wenige Wochen vor den Spielen beinahe noch einmal aufgefrischt hat. Der Zwischenfall während eines Trainingskampfs, von dem wir uns jetzt erst zu berichten trauen, zog außer einem kurzen Schmerz keine weitreichenden Folgen nach sich.

Ausblick

Was bleibt nach den Sommerspielen von Österreichs Top-Trio übrig? Während Filzmoser bereits klargestellt hat, keinen weiteren Olympia-Zyklus mehr mitzumachen, wollte sich Paischer unmittelbar nach dem Turnier noch nicht festlegen. Die WM 2013 in Rio würde in reizen. Gut möglich, dass er diese noch mitnimmt. Eine weitere Olympiade scheint aus heutiger Sicht aber eher unwahrscheinlich.

Drexler hat bei ihrem ersten Olympia-Auftritt richtig Blut geleckt. Rio 2016 möchte sie wieder mit dabei sein. Das ist wenig verwunderlich, schließlich trainiert die 28-Jährige erst seit rund vier Jahren professionell im Linzer HSZ unter Coach Klaus-Peter Stollberg. 2003 hatte die ehemalige Jugend-Europameisterin ihre Karriere bereits beendet. "Damals wollte ich vom Judo nichts mehr wissen, habe alle meine Kimonos vergeschenkt", schildert sie.

Abseits davon könnten für 2016 Peter Scharinger und Max Schirnhofer, die das Ticket für London verpasst hatten, wieder ein Thema werden. Dahinter klafft eine Lücke auf, die demnächst vorzugsweise im Damen-Bereich geschlossen werden könnte.

Reinhold Pühringer