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Kafelnikov: "Früher war alles enger beisammen"

Kafelnikov:

Mit einem ganz großen Namen können die Lyoness Open in Atzenbrugg (25. Bis 28. Juli) in dieser Woche aufwarten.

Yevgeny Kafelnikov gibt sich im Tullnerfeld die Ehre. Der 38-jährige Russe ist einer der erfolgreichsten Tennis-Spieler der letzten zwanzig Jahre und versucht nun im Golf-Zirkus sein Glück.

Neben seinen beiden Grand-Slam-Titeln in Paris und Melbourne sicherte er sich vor allem mit seinem Olympia-Sieg bei den Spielen 2000 in Sydney einen Platz in den Geschichtsbüchern.

„Das war einer der stolzesten Momente meiner Karriere“, erzählt der ehemalige Weltranglisten-Erste im großen LAOLA1-Interview, in dem er auch die große Bedeutung der Olympischen Spiele in Russland mehrmals heraus streicht.

Außerdem macht sich Kafelnikov bei uns auch so seine Gedanken über die aktuelle Situation im Herren-Tennis und er erklärt, warum er einen ganz besonderen Rekord nie aus der Hand geben wird.

LAOLA1: Herzlich Willkommen, Yevgeny! Kannst du dich noch an deinen letzten Besuch in Österreich erinnern?

Yevgeny Kafelnikov: Das letzte Mal war ich 2002 in der Wr. Stadthalle in Österreich. Ganz sicher bin ich mir aber nicht. Ich hatte immer viele Fans in Österreich. Deshalb habe ich hier eigentlich immer gerne gespielt.  Ich war sowohl in Kitzbühel, St. Pölten als auch in Wien.

LAOLA1: Was hast du für Erwartungen für die Lyoness Open in Atzenbrugg?

Kafelnikov: Ich will so viel Erfahrung wie möglich sammeln. Hier spielen die besten Leute aus Europa. Das kann mir für meine Golf-Karriere nur helfen.

LAOLA1: Wann bist du zum ersten Mal mit dem Golfsport in Kontakt gekommen?

Kafelnikov: Ich habe vor 18 Jahren begonnen. Zum ersten Mal habe ich in den USA bei einem dieser Country Clubs gespielt. Es war Liebe auf den ersten Blick!

LAOLA1: Und wann hast du dir zum ersten Mal gedacht, dass du es auch gerne als Profi versuchen würdest?

Kafelnikov: Das war vor drei Jahren. Ich habe damals schon fast jeden Tag gespielt und da habe ich mir gedacht, dass ich es ruhig professionell beginnen könnte, wenn ich eh schon täglich spiele.  Ich will einfach schauen, wie gut ich werden kann.

LAOLA1: Was ist schwieriger zu lernen? Tennis oder Golf?

Kafelnikov: Beides ist gleich schwer. Wenn man auf dem höchsten Level spielen will, ist es immer schwierig. Es ist unmöglich, zwei Sportarten in dieser Hinsicht zu vergleichen. Jede Sportart ist auf ihre eigene Art besonders. Ganz egal, ob es Radfahren, Tennis oder Golf ist.

LAOLA1: Was für Gemeinsamkeiten gibt es zwischen Tennis und Golf?

Kafelnikov: Bei beiden Sportarten ist es auf dem höchsten Level einfach etwas ganz Spezielles. Man spielt es dann vor so vielen Menschen und das macht es dementsprechend interessant. Beim Tennis war es allerdings nichts Besonderes mehr für mich. Wenn ich heute den Golfball schlage, kann ich aber dafür gar nicht glauben, wie nervös ich da sein kann.

LAOLA1: Was ist deine größte Motivation?

Kafelnikov: Das ist sicherlich die Teilnahme in einer anderen Sportart bei den Olympischen Spielen.  Das wäre wirklich etwas Besonderes für mich. Das geht aber nur Schritt für Schritt und bis nach Rio 2016 ist es noch ein langer Weg.

LAOLA1: Angeblich gehst du öfters mit deinem Freund Andrei Medvedev (ehemaliger French-Open-Finalist) Golf spielen. Dabei soll es immer um ein paar Tausend Dollar gehen. Stimmt das?

Kafelnikov: Ja, das stimmt. Pro Loch haben wir um ein paar Hundert Dollar gewettet. Golf ist ein ganz besonderes Spiel. Man kann es einfach nur so spielen oder es auch noch ein bisschen interessanter machen. Am Anfang habe ich meistens verloren, mittlerweile mag er schon nicht mehr gegen mich spielen.

LAOLA1: Wie steht es um den Golfsport allgemein in Russland?

Kafelnikov: Leider ist in Russland der Sommer sehr kurz. Deshalb fahre ich im Winter oft in die USA um dort zu spielen.  Golf ist zudem ein sehr teurer Sport.  In Russland muss man für eine Runde 300 bis 400 Euro für eine Runde zahlen.  Es ist ein Sport für sehr reiche Leute. Ich hoffe, das ändert sich bald. In Russland werden gerade viele Golfplätze gebaut. Golf hat derzeit den Stellenwert, den Tennis vor 25 Jahren hatte. Hoffentlich haben wir also irgendwann auch im Golf soviele Stars, wie wir sie derzeit im Tennis haben.

LAOLA1: Interessierst du dich noch für den Tennis-Sport?

Kafelnikov: Ein bisschen. Ich halte mich in Form und spiele ab und zu bei Turnieren auf der Senioren-Tour. Ein bis zweimal in der Woche spiele ich in Moskau mit ein paar Junioren. Im Fernsehen schaue ich bei den Grand-Slam-Turnieren zu.

LAOLA1: Was sagst du zu Roger Federers Rückkehr auf den Tennis-Thron?

Kafelnikov: Niemand bezweifelt, dass Roger Federer einer der größten Spieler aller Zeiten, wenn nicht sogar DER größte Spieler aller Zeiten ist. Die aktuelle Tennis-Ära ist einzigartig. Mit Federer, Nadal und Djokovic dominieren drei Spieler die komplette Tour. Das macht diesen Erfolg für Federer noch befriedigender, dass er sich da noch einmal durchgesetzt hat und wieder Nummer eins ist.

LAOLA1: Wusstest du, dass du eine der besten Head-to-Head-Bilanzen gegen Federer hast?

Kafelnikov: Ja, ich liege mit 4:2 in Führung. Als wir gegeneinander gespielt haben, war Roger noch ein Top-20-Spieler. Er war also noch lange nicht so gut, wie er es später geworden ist. Auf der anderen Seite war damals meine beste Zeit auch schon vorbei. Es ist schön, so eine Bilanz zu haben. Aussagekräftig ist sie aber nicht wirklich. Ich habe auch eine 2:14-Bilanz gegen Pete Sampras und darauf kann ich nicht sonderlich stolz sein. Auch gegen Muster schaut es mit 1:5 nicht gut für mich aus (lacht).

LAOLA1: Erleben wir derzeit eine goldene Ära im Herren-Tennis?

Kafelnikov: Es ist anders als zu meiner Zeit. Als ich noch spielte, gab es bei jedem Grand-Slam-Turnier 15 Titel-Anwärter. Heute sind es nur mehr drei. Ist das gut für das Tenns? Ich weiß es nicht. Gefällt es den Fans? Ich weiß es nicht. Zu meiner Zeit war alles viel enger beisammen.

LAOLA1: Du warst auch ein exzellenter Doppel-Spieler und auch der letzte Spieler, der bei einem Grand-Slam-Turnier sowohl den Einzel- als auch den Doppel-Titel holte (French Open 1996).

Kafelnikov: Das werde ich auch die nächsten 200 Jahre noch sein (lacht). Ich weiß nicht, warum keiner mehr Doppel spielen will. Ich bin auf diesen Rekord aber sehr stolz. Den werde ich für den Rest meines Lebens behalten. Davon bin ich überzeugt (lacht).

LAOLA1: Ein sehr guter Einzel- und Doppel-Spieler ist auch Österreichs Jürgen Melzer. Kennst du ihn und sein Spiel besser?

Kafelnikov: Ich habe nie gegen ihn gespielt. Als er richtig gut geworden ist, habe ich meine Karriere schon beendet gehabt. Ich habe ihn öfters im Fernsehen gesehen und da hat er mir einen talentierten Eindruck gemacht. Er ist ein Linkshänder mit einem gefährlichen Aufschlag und guten Grundschlägen. Mittlerweile stellt sich natürlich die Frage, wie lange er noch spielen kann.

LAOLA1: Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür. 2000 hast du in Sydney Gold im Herren-Einzel geholt. Wie sind deine Erinnerungen an diese Zeit?

Kafelnikov: Das war einer der stolzesten Momente meiner ganzen Karriere. Ich will Olympia-Gold nicht über meine beiden Grand-Slam-Titel stellen, es ist aber so ziemlich auf demselben Level. Olympische Spiele sind eben nur alle vier Jahre. In Russland ist ein Olympia-Sieg sowieso das Höchste, was man erreichen kann. Da sind alle Leute stolz drauf.

LAOLA1: Wo hast du deine Goldmedaille verstaut?

Kafelnikov: Die ist bei meinen Eltern und dort gut aufgehoben. Für meine Eltern und deren Freunde ist diese Medaille ebenfalls sehr wichtig. Wir Russen sind sehr heimatverbunden. Ich würde zum Beispiel auch nie woanders leben wollen als in Russland.

LAOLA1: Wer ist dein Sieger-Tipp für London 2012?

Kafelnikov: Da in Wimbledon gespielt wird, ist Roger Federer mein Tipp. Dieser Titel ist zudem sicher sehr wichtig für ihn, da er im Einzel noch kein Olympia-Gold zuhause hat. Ich bin mir sicher, dass er das unbedingt noch gewinnen will. Und wenn er das schafft, kann ich mir vorstellen, dass er bald seine Karriere beenden wird. Es gibt dann ja keine Ziele mehr für ihn. Er hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.

LAOLA1: Andererseits spricht Federer immer wieder davon, dass er auch noch 2016 in Rio de Janeiro spielen will.

Kafelnikov: Ich weiß nicht. Er kann ja erzählen was er will. Mittlerweile ist er aber schon 31 Jahre alt. Es gibt natürlich Ausnahmen wie Andre Agassi, der auch mit 36 noch gespielt hat. Ich glaube aber nicht, dass Federer solange spielen wird.

LAOLA1: Kannst du dich noch an die besondere Atmosphäre bei den Olympischen Spielen erinnern?

Kafelnikov: Ja, ich habe damals bei vielen anderen Sportarten zugeschaut. Ich war beim Basketball, beim Volleyball und auch ein paar Mal beim Turnen. Es war sehr interessant.

LAOLA1: Du hast über zwanzig Millionen Dollar Preisgeld gewonnen. Welche Bedeutung hat Geld für dich?

Kafelnikov: Ich bin in einer sehr glücklichen Position, da ich in meiner Tennis-Karriere viel Geld verdient habe. Ich lebe gut und kann viel in der Welt herumreisen – das ist für mich ganz normal.

LAOLA1: Du stammst ursprünglich aus Sotschi. Lebst du noch dort?

Kafelnikov: Nein, ich bin vor acht Jahren, als ich meine Karriere beendet habe, nach Moskau gezogen. Meine Eltern leben aber noch dort und ich besuche sie immer wieder mal. Bei den Olympischen Winterspielen 2016 werde ich natürlich auch dort sein.

LAOLA1: Für Sotschi sind die Spiele sicherlich eine tolle Sache, oder?

Kafelnikov: Das ist für das ganze Land eine tolle Sache. Die Olympischen Spiele sind einzigartig und bringen unzählige Besucher in die Stadt. Die ganze Stadt kann sich toll entwickeln.

LAOLA1: Wie siehst du die Entwicklung deines Landes?

Kafelnikov: Ich will mich in die Politik nicht viel einmischen. Ich glaube, dass es ganz gut läuft. Auch in Österreich werden nicht alle Bürger zufrieden sein. Die meisten Russen sind mit der Politik von Putin zufrieden.

Das Gespräch führte Christian Frühwald