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Nervenstärke ebnet ÖTTV Weg ins EM-Finale

Nervenstärke ebnet ÖTTV Weg ins EM-Finale

Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, hilft nur die Flucht nach vorn.

Für die ÖTTV-Herren sah es nach dem ersten Tag der Tischtennis-Europameisterschaften in Jekaterinburg (LIVE auf LAOLA1.tv) nicht gut aus.

Mit dem Ziel des Gruppensiegs und einer Medaille ins Turnier gegangen, unterlag man Schweden 2:3. Statt sich in eine günstige Position zu bringen, drohte das vorzeitige Aus.

Und nun ist das Team trotzdem einen letzten Schritt davon entfernt, einen historischen Erfolg einzufahren: Den ersten EM-Titel.

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Viel Zittern um Pflichtaufgabe

„Eigentlich dachten wir gegen Schweden, gute Chancen auf einen Sieg zu haben. Die Schwierigkeiten begannen aber bei der Aufstellung, als der stärkste Mann (Kristian Karlsson, Anm.) auf Position drei gegen mich spielte“, resümierte Stefan Fegerl gegenüber LAOLA1.

Gegen Rumänien und Russland fuhr man im Anschluss die dringend benötigten Siege ein, aber nur das bessere Satzverhältnis sollte für ein Happy End sorgen.

Die Fingernägel litten schon vor dem Kampf mit der Arithmetik, beide Male musste man über ein Entscheidungsspiel.

„Wir sind wieder unter Druck gestanden und hatten wieder Entscheidungsmatches, aber jeder hat seinen Teil beigetragen“, hob der 26-Jährige die zwei auffälligsten Stärken hervor: Mannschaftliche Geschlossenheit und Nervenstärke.

Sensation gegen gute Bekannte

Besonders Letzteres wurde gleich im Viertelfinale erneut zum entscheidenden Faktor.

Man wollte es mit einer besseren Vorrunden-Leistung eigentlich vermeiden, an das portugiesische Spitzentrio Marcos Freitas (Weltranglisten-Nummer 9), Tiago Apolonia und Joao Monteiro zu geraten.

Aber die Sensation wurde nach hartem Kampf geschafft. Wieder ging es über fünf Einzel. Robert Gardos schlug zuerst Apolonia – und glich mit einem weiteren 3:1 gegen Freitas aus.

Wieder hing es an Fegerl. Und wieder einmal entschied er eine Fünfsatzschlacht für sich und beendete so den gegnerischen Traum der Titelverteidigung.

„Es war sogar ein Nachteil, dass wir uns so gut kennen“, schätzte der Schlusspunktsetzer ein. Freitas und Monteiro sind nämlich Stammgäste in der Werner Schlager Academy.

„Diese Spiele haben wir verloren. Ich trainiere oft mit Marcos und habe jetzt erst das zweite oder dritte Mal den Kürzeren gezogen. Apolonia kennen wir vom Training her nicht, haben wir aber zweimal geschlagen.“

Ohne Senioren keine Hürde

Das Pech der Viertelfinalauslosung wiederholte sich im Halbfinale nicht. Mit Weißrussland wartete ein Gegner, der unter normalen Voraussetzungen schlagbar ist.

Im Gegenteil, das Schicksal meinte es gut mit den Österreichern. Bei Altstar Vladimir Samsonov meldete sich der lädierte Knöchel zurück, Evgueni Chtchetinine verzichtete ebenfalls auf einen Antritt. Der 45-jährige Verteidiger hatte noch die vorigen Partien in den Knochen.

Nach bereits erreichtem Edelmetall – beide Halbfinalverlierer bekommen Bronze – unkte man, die Osteuropäer würden sich zufrieden geben und hätten das bronzene Andenken schon am Vorabend gefeiert.

Als Ersatz bot Weißrussland Gleb Shamruk, 17 Jahre, und Aliaksandr Khanin, 19 Jahre, auf. Während Ersterer gegen Gardos kein Land sah, überraschte sein Mitstreiter Daniel Habesohn und holte den Ehrenpunkt seines Landes beim 1:3.

Einer schwächelt

Überhaupt ist die Performance des Wieners, will man ein Haar in der Suppe finden, bislang ausbaufähig. Allerdings ging er durch eine Lebensmittelvergiftung geschwächt in die letzten Tage der Turniervorbereitung.

Seinen bisher einzigen Sieg feierte Habesohn gegen Russland. Gegen Rumänien wurde die taktische Variante mit Chen Weixing vorgezogen, die für das Finale wieder eine Option sein könnte. Die Stimmung in der Mannschaft ist ohnehin bei allen Beteiligten hervorragend.

„Wir haben einen sehr guten Spirit im Team. Auch der Trainer macht seine Sache gut, kennt uns alle genau und stellt uns immer richtig ein“, hatte Fegerl Lob für Qian Qianli, der die Agenden noch nicht lange inne hat, übrig.

Schon wieder die Deutschen

Nach erfolgreicher Verlängerung der Serie – seit 1998 wurde bei jedem Turnier Edelmetall geholt – könnte man nun gegen den ewigen, großen und diesmal gar nicht unschlagbaren Rivalen Deutschland sogar ein traumatisches Erlebnis vergessen machen.

Bei der bisher einzigen Finalteilnahme 2005 in Aarhus unterlagen Werner Schlager, Chen Weixing und Robert Gardos als Favorit den überraschend starken Dänen nach 2:0-Führung noch und mussten sich mit Silber begnügen. Diesen Erfolg hat man schon eingestellt.

Der große Nachbar ist diesmal als Wundertüte zu betrachten. Hinter Dimitrij Ovtcharov, der sich als Nummer eins etabliert hat, fehlt mit Timo Boll der zweite Top-Ten-Spieler.

Aus der Not wird eine Tugend gemacht, die bereits in die Weltspitze drängende Jugend bekommt ihre Chance.

Neben Rückkehrer Patrick Baum, der aus persönlichen Gründen lange kein Thema für das Nationalteam war, stehen mit Verteidiger Ruwen Filus, Patrick Franziska und Ricardo Walther drei beinahe gleichwertige Männer zur Verfügung.

Es wird wieder heiß

Besonders mit Ersterem wird der taktische Vorteil der Österreicher, einen Defensivmann in den Reihen zu haben, ausgeglichen.

Wie groß die Chancen der ÖTTV-Truppe ausfallen, wird daher stark von der Auslosung und der Tagesform der „zweiten deutschen Reihe“ ankommen. Denn sollte sich Ovtcharov keine Blöße geben, muss man in den restlichen Einzeln makellos bleiben.

Das würde eines bedeuten: Das nächste Match über die volle Distanz. Die nächste nervliche Belastungsprobe. Und die nächste Partie für Österreichs Team, die an Spannung nicht zu überbieten ist.

 

Johannes Bauer

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