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Walter Wels peilt das Viertelfinale an

Walter Wels peilt das Viertelfinale an

Man stelle sich vor, ein österreichischer Fußballklub gewinnt im Bernabeu. Und feiert danach einen weiteren Auswärtssieg in Frankreich.

So ungefähr lässt sich dem Tischtennis-Laien die bisherige Champions-League-Saison der SPG Walter Wels übersetzen.

Die Oberösterreicher, oft im Schatten von Serienmeister SVS beziehungsweise Weinviertel Niederösterreich stehend, machen im dritten Jahr auf der großen europäischen Vereinsbühne einen großen Schritt aus dieser.

Ein fast unmöglicher Sieg

Mit Fakel Orenburg, dem russischen Starensemble rund um die Top-Ten-Spieler Dimitrij Ovtcharov und Vladimir Samsonov, wurde der amtierende Throninhaber vor eigenem Publikum zum ersten „Opfer“ der Underdogs.

Und im Anschluss bestätigte man die Sensation. Denn mit Vaillante Angers gab es auch beim zweiten Klub in der Gruppe der Welser lange Gesichter. Aus Westfrankreich wurde ebenfalls ein 3:1-Sieg mit auf die Heimreise genommen.

Und vor dem ersten Spiel in eigener Halle gegen den FC Saarbrücken (Freitag, 30.10., 19:15 Uhr – LIVE auf LAOLA1.tv) lacht man plötzlich von der Tabellenspitze – zwei schwere Partien hat man nun bereits erfolgreich bewältigt.

Die Erwartungen übertroffen

„Die Zielsetzung war immer, Gruppendritter zu werden, um im ETTU-Cup weiterspielen zu können“, schätzt Gerhard Demelbauer, Obmann der Welser Spielgemeinschaft, gegenüber LAOLA1 ein.

Nach dem Traumstart können sich die Riesentöter aber an höheren Zielen orientieren. „So super, wie es bislang gelaufen ist, muss das Ziel die Viertelfinal-Qualifikation sein“, legt er die neuen Gegebenheiten offen.

„In Russland war noch ein Überraschungseffekt da, und Ovtcharov hatte sicher nicht seinen besten Tag. Aber das muss man erst nutzen. Nun ist der Respekt erspielt worden.“

Dass es ausgerechnet in diesem Jahr so gut läuft, obwohl man in der Vorsaison als österreichischer Überraschungs-Meister mit viel Selbstvertrauen ins Rennen ging, hat einen offensichtlichen Grund: Yuya Oshima.

Ein absoluter Goldgriff

Der 21-jährige Japaner nimmt neuerdings die Rolle als Top-Spieler in Wels ein und brannte in den letzten Wochen ein spielerisches Feuerwerk ab.

Seit der Verpflichtung durch die Oberösterreicher machte das Talent über 50 Weltranglistenplätze gut und liegt aktuell auf Rang 23.

In beiden bisherigen Spielen für Walter Wels blieb Oshima makellos. Und dabei musste er gegen Ovtcharov, Samsonov und die schwedischen Nationalspieler Lundqvist und Persson an den Tisch.

Beim Engagement ihre Finger im Spiel hatte, wie bei quasi allen heimischen Tischtennis-Erfolgen der letzten Zeit, die Werner Schlager Academy.

„Eine Trainerin hat das dort eingefädelt, nachdem wir früher über unserem japanischen Ausrüster schon erfolglos versucht haben, einen jungen Mann aus Fernost zu bekommen“, erklärt Demelbauer.

„Wenn man weiß, was Spieler dieser Stärke sonst kosten, war es ein absoluter Glücksgriff. Dass er derart explodiert, ist nicht abzusehen gewesen.“

(Fast) ohne Österreicher unterwegs

Gemeinsam mit dem Serben Zsolt Petö und dem Italiener Mihai Bobocica formt Yuya Oshima ein ausgeglichenes Trio ohne absoluten Top-Star, das jedoch – wie jetzt unter Beweis gestellt – jedem Gegner lästig werden kann.

Dass man mit drei Legionären antritt, hinterlässt bei manchem Beobachter aber einen schalen Beigeschmack.

Auch Stefan Fegerl erklärte jüngst im LAOLA1-Interview, dass es in seinen Augen „nicht Sinn und Zweck der Sache ist, sich drei Spieler einzukaufen, die einen Tag vorher zum Verein kommen und nach der Partie wieder weg sind. Da ist kein Bezug zum Klub da“.

Kritik, die beim Obmann auf Unverständnis stößt. „Bei Weinviertel gibt es überhaupt keinen Unterbau, mit Hou Yingchao wird auch ein Chinese eingeflogen. Ich weiß nicht, wo da der Unterschied ist.“

Schließlich sei es hinter den Niederösterreichern, die außer Robert Gardos und Chen Weixing das ganze Nationalteam in ihren Reihen wissen, unmöglich, anders mitzuhalten: „Wir haben diese Klasse ja nicht zur Verfügung.“

Dominique Plattner, der einzige Österreicher im Welser Kader, nimmt in der Champions League nur die Rolle als Reservist ein.

„Bei ihm ist es so, dass er seinen Fokus schon etwas verändert hat. Er kann nicht mehr so viel trainieren wie früher. Daher müssen wir froh sein, wenn er das Niveau hält, denn es ist irrsinnig wichtig, einen vierten Spieler zu haben, der bei Bedarf einspringen kann“, so Demelbauer über den 25-jährigen Villacher, aktuell Nummer 396 der Weltrangliste.

Zuhause ist es nicht am schönsten

So müssen wohl auch gegen Saarbrücken die drei Legionäre einen weiteren Schritt in Richtung Viertelfinale machen. Und dabei einen „Fluch“ hinter sich lassen.

Denn bislang konnte Walter Wels noch kein Champions-League-Heimspiel für sich entscheiden.

„Zuhause ist die Halle voll, alle erwarten sich viel, und dann flattern die Nerven doch etwas. Es wird diesmal kaum leichter, wenn man fast als Favorit in die Partie geht. Daher ist der Ausgang in meinen Augen offen“, kommentiert der Obmann die statistische Besonderheit.

Nach den ersten Auftritten müsse man sich gegen die deutsche Truppe, die mit Tiago Apolonia (Portugal/Weltranglisten-Nummer 22), Adrien Mattenet (Frankreich/39) und Bojan Tokic (Slowenien/64) kurioserweise auch auf drei Mannen mit anderen Nationalitäten setzt, aber sicher nicht fürchten.

 

Johannes Bauer

 

SPG Walter Wels-FC Saarbrücken - Freitag, 30.10., 19:15 Uhr - LIVE auf LAOLA1.tv