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Schulsport: "Es ist ein Skandal"

Schulsport:

Mit großer Sorge registrierte Österreichs Sportszene den sukzessiven Rückgang der Turnstunden-Zahlen an den heimischen Schulen. Die Reduktion war ein deutliches Zeichen dafür, dass Sport in der Ausbildung einen sehr schwache Stellung besitzt.

Viele sehen im schwach ausgebauten Turnunterricht und dem daraus resultierenden Bewegungsmangel einen Hauptgrund, warum Österreich nicht über einen größeren Pool an Talenten verfügt.

Anlass genug für LAOLA1, dem Schulsport einen Themenschwerpunkt zu widmen.

Hier die Meinungen und Gedanken rot-weiß-roter Sporthelden, die um ihren Nachfolger fürchten:

Hans Krankl (Fußball-Legende) auf YouTube:

Hans Krankl (Fußball-Legende) auf YouTube:
Krankl will mehr Bewegung für unsere Kinder

Sie sollen die Mathematik-Stunden kürzen. Sie sollen Latein kürzen. (...) Aber mehr Turnen unterrichten - damit unsere Kinder nicht dick werden! Mehr Turnen - dann sind unsere Kinder gesund. Da rede ich nicht einmal vom Fußballspielen. (...) Alle Kinder sollen turnen.

Wenn sie Sport betreiben, erspart sich der Staat viel Geld. Aber da beginnt die Wurzel allen - auch des Fußballs - Übels. Wenn man nicht einmal in der Schule beginnt Fußball zu spielen oder wenigstens das Seil oder die Leiter hinaufklettert.

Gregor Schlierenzauer (Skisprung-Olympiasieger):

Gregor Schlierenzauer (Skisprung-Olympiasieger):
"Schlieri" litt selbst unter der Stundenkürzung

Mehr Turnunterricht wäre sehr wichtig, genau dort muss man den Hebel ansetzen. Als in meiner Hauptschule im Stubaital von vier auf drei Stunden gekürzt wurde, war ich sehr enttäuscht und habe das nicht ganz verstanden.

Mittlerweile sind es nur noch zwei Stunden, was sehr wenig ist. Dabei können Kinder doch keinen Moment ruhig sitzen, wollen sich immer bewegen. Wenn wir dann so wenige Turnstunden haben, ist das eine Frechheit.

Andrea Mayr (Berglauf-Weltmeisterin und Ärztin):

Andrea Mayr (Berglauf-Weltmeisterin und Ärztin):
Mayr weiß als Ärztin bestens Bescheid

Scheinbar hat Sport in Österreich eine schlechte Lobby, deshalb ist es am leichtesten, genau dort einzusparen. Das ist schlecht - einerseits für die Sportlichkeit, andererseits für die Gesundheit.

Denn mit Sport legt man den Grundstein für ein gesundes Leben. Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnten damit ausgemerzt werden. Sport beginnt in den Kindertagen.

Dinko Jukic (Schwimm-Europameister):

Dinko Jukic (Schwimm-Europameister):
Dinko Jukic nimmt die Politik in die Pflicht

In den Schulen ist wohl so einiges anders, als es sein sollte und dementsprechend sollten wir schauen – angefangen vom Ministerium bis hin zur Politik –, dass wir mehr Schulsport unterbringen. Vielleicht in Form von Wettkämpfen, vielleicht mit einem anderen Stundenplan, welchen die Lehrer dann auch umsetzen müssen.

Es ist bekannt, dass die Professoren oft nur das ins Klassenbuch schreiben, was sie hätten machen sollen, eigentlich wurde aber etwas ganz anderes gemacht.

Wolfgang und Andreas Linger (Rodel-Olympiasieger):

Wolfgang und Andreas Linger (Rodel-Olympiasieger):
Lingers wollen Bewusstseins-Schaffung

Erfolgreiche Sportler werden schon in den Turnstunden gemacht. Es geht darum, dass die Kinder früh anfangen und eine breite sportliche Ausbildung haben. Außerdem tun sich die Kinder danach auch leichter, im Unterricht still zu sitzen. Wir sind selbst in eine Sporthauptschule gegangen.

Auch wenn wir keine Spitzensportler geworden wären, waren die Turnstunden dort sehr wichtig, weil dadurch bei uns ein Bewusstsein für Sport und Körper entstanden ist. Schreiben und Rechnen haben wir trotz der vielen Sportstunden erlernt.

Doris Schwaiger (Olympia-Fünfte im Beachvolleyball):

Doris Schwaiger (Olympia-Fünfte im Beachvolleyball):
Für Schwaiger sind auch die Eltern gefordert

Es kann nicht genug Turnstunden geben. Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass die Kinder Stress bekommen könnten, weil sie so noch mehr Stunden hätten. Vielleicht können und wollen sie dann irgendwann nicht mehr.

Darum ist es wichtig, einen guten Mittelweg zwischen Turnen und Stunden wie Englisch, Mathe oder Deutsch zu finden, weil diese für die Bildung schließlich von enormer Bedeutung sind. Es sind die Eltern gefragt, mit den Kindern am Nachmittag oder am Abend etwas zu unternehmen.

Clemens Zeller (400-m-Sprinter und angehender Sport-Professor):

Clemens Zeller (400-m-Sprinter und angehender Sport-Professor):
Zellers testete österreichische Schüler

Mit zwei bis drei Stunden kann man gegen Krankheiten nicht viel machen. Früher sind Schüler zu Fuß in die Schule gegangen, wer macht das heute noch? Keiner, jeder wird von den Eltern gebracht oder fährt mit dem Bus. In der Schule gibt es kaum mehr Bewegung. Dann kommen sie heim, machen Hausübungen und setzen sich vor den TV oder Computer.

Meine Diplomarbeit beinhaltete eine Untersuchung mit Schlagball bei Erstklässlern. Da waren Kinder dabei, die haben es bei drei Versuchen nicht über fünf Meter geschafft. Früher haben mich die Lehrer das erste „Hüterl“ bei 15 Meter aufstellen lassen, heute muss man sie bereits bei fünf Meter platzieren, da sicher zehn Prozent unter zehn Metern bleiben.

Werner Raabe (Präsident der ASKÖ Wien):

Werner Raabe (Präsident der ASKÖ Wien):
Raabe kämpft seit Jahren gegen Windmühlen

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass unsere Kinder immer dicker, unbeweglicher und daher auch immer kranker werden. Der Hauptgrund ist der Bewegungsmangel. Dafür ist der Hauptgrund die fehlende Bewegung in der Schule, diese sogenannte dritte oder vierte Turnstunde.

In Wirklichkeit ist es ein Skandal. 15 Prozent unserer Kinder verlassen die Volksschule mit bleibenden körperlichen Schäden aufgrund von Bewegungsmangel und Übergewicht. Jeder weiß es, aber niemand tut etwas dagegen.

Dabei gibt es dafür eine zuständige Ministerin, die dieses Thema von den Dachverbänden mehrfach hochqualifiziert vorgetragen bekommen hat. Wir haben bis jetzt immer verbale Zustimmung erhalten, aber es hat sich überhaupt nichts geändert.

Karl Schweitzer (Präsident der Basketball-Bundesliga und selbst Lehrer) gegenüber der „Sportwoche“:

Karl Schweitzer (Präsident der Basketball-Bundesliga und selbst Lehrer) gegenüber der „Sportwoche“:
Schweitzer initiierte ein Bewegungs-Projekt

Die Situation ist dramatisch. Ich sehe das im Unterricht. Für die meisten Schüler ist ein Klimmzug eine unlösbare Aufgabe. Man darf sich aber nicht nur auf die Schule verlassen, da sind die Eltern gefordert.

Zu meiner Zeit als Sportstaatssekretär hab ich eine Studie in Auftrag gegeben. Durch Bewegungsprogramme könnte man 3,7 Milliarden Euro einsparen. Wir haben damals die „Sportkids“ ins Leben gerufen, wo man schon im Kindergarten die Kids zum Sport bringt. Diese Aktion ist eingeschlafen. Dabei wäre gerade das so wichtig, weil es um die Gesundheit geht.


Patricia Kaiser/Peter Altmann/Stephan Schwabl/Reinhold Pühringer