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Zwischen Familie und Millionen-Verträgen

Zwischen Familie und Millionen-Verträgen

Was haben Rapper Kanye West, Popstar Rihanna, Footballer Dez Bryant und Basketballer Kevin Durant gemeinsam?

Auf den ersten Blick nicht viel, auf den zweiten Blick stellt man allerdings fest, alle sind bei „Roc Nation“ unter Vertrag.

Dabei handelt es sich um eine Entertainment-Gruppe, deren Gründer niemand geringer als Rapper Jay-Z ist. Der reichste Musiker der Welt rief sie 2008 ins Leben, damals noch für Künstler aller Art, bevorzugt aus der musikalischen Ecke.

2013 stieg Roc Nation mit „Roc Nation Sports“ ins Sport-Business ein. Als erster Athlet wurde mit Robinson Cano gleich ein wahrer Kracher vorgestellt. Der Baseball-Spieler ist Second Baseman und zählt zu den Allerbesten seines Fachs. Es dauerte nicht lange, ehe er auch zum bestbezahlten Spieler seiner Position wurde.

Weitere Superstars folgten dem Ruf von Shawn Carter, wie Jay-Z mit bürgerlichem Namen heißt. Bevorzugte Sportarten sind Baseball, Basketball, American Football und Boxen, mit Frances Tiafoe hat man zudem noch Amerikas größte Tennis-Nachwuchshoffnung unter Vertrag.

Der heimliche Chef

Während sich Jay-Z gerne in der Öffentlichkeit zeigt, zieht die Strippen im Hintergrund des Unternehmens ein gewisser Juan Perez. Aufgewachsen in Harlem, kam er 1996 glücklicherweise in Kontakt mit dem Musiker, sein Türöffner in die Welt der „Reichen und Schönen“.

„Ich machte diese Flughafen-Sache, aber darüber möchte ich nicht sprechen“, erzählte er der „New York Post“ kryptisch. Viel mehr Informationen gibt es über seine Vergangenheit nicht.

„Nur weil ich nicht auf eine Universität oder ein College gegangen bin, heißt das nicht, dass ich blöd bin. Wenn man Erfahrungen macht, wird man klug. Und ich glaube, ein gesunder Menschenverstand bringt einem im Leben mehr als theoretisches Wissen“, so Perez.

Tatsächlich kann man ihm fehlenden Geschäftssinn nicht vorwerfen. Eines haben nahezu alle 18 Athleten gemeinsam, nämlich millionenschwere Verträge. Wenngleich nach offiziellen Angaben andere Werte zählen. Das ganze Unternehmen sei wie eine große Familie, schildert Perez. Die rund 150 Musiker eingeschlossen.

Die PR-Maschinerie

Auch Geno Smith, Quarterback der New York Jets und ebenfalls Teil von Roc Nation Sports, zeigt sich von der Atmosphäre begeistert: „Juan und seine Frau Desiree machen einen tollen Job, indem sie ein familiäres Umfeld herstellen.“

Ab Bild 11 alle Sportler von Roc Nations Sport (inklusive Gehälter).

Jay-Z mit gutem Freund David Beckham

So gern sich alle Beteiligten auch haben, am Ende zählt das liebe Geld. Schnell hat sich das Unternehmen den Ruf erarbeitet, Spieler über ihrem tatsächlichen Wert an den Mann zu bringen.

Robinson Cano unterschrieb ein halbes Jahr nach dem Management-Wechsel einen Zehn-Jahres-Vertrag in Seattle, dieser bringt ihm stolze 240 Millionen Dollar ein. Knapp 100 Millionen mehr als Experten erwartet hätten.

Diese Summen kommen aber nicht etwa durch spezielles Verhandlungsgeschick zustande, vielmehr wissen die Verantwortlichen, ihre Athleten zu verkaufen. „Wir zeigen bei Verhandlungen, wie stark wir in der Marketing-Abteilung sind. Wir helfen dabei, den Spieler auch abseits des Sportplatzes als Marke zu etablieren. Das bringt mehr Fans und mehr Leute, die die Spieler sehen wollen“, erklärt Perez der „GQ“.

Vermischung Stars und Sport

Den Vorwurf, man würde die Sportler durch die viele PR-Arbeit von ihrer eigentlichen Tätigkeit ablenken, lässt sich Perez nicht gefallen: „Ich vergewissere mich immer, dass die Athleten in erster Linie auf ihre Fitness fokussiert sind und in zweiter Linie auf Marketing.“

Stars dürfen nicht fehlen: Jake Gyllenhall und Rihanna bei "throne boxing"

Dass sich Sport und Marketing aber ideal verbinden lassen, nützt man bei Roc Nation natürlich geschickt aus. Bestes Beispiel war ein Charity-Basketball-Match im vergangenen August, als die beiden Baseball-Stars Robinson Cano und CC Sabathia die Basketballer Kevin Durant und Carmelo Anthony forderten. Lediglich Letzterer ist kein Roc-Nations-Klient. Daraufhin hagelte es Kritik, immerhin standen die Baseball-Spieler mitten in der Saison, hatten den Tag zuvor und am darauffolgenden Tag ein MLB-Spiel.

Im Jänner dieses Jahres fand im Madison Square Garden auch das große „throne boxing“ statt, der erste große Vorstoß von Roc Nations Sports in Sachen Box-Promoting.

Für Star-Power auf den Rängen, und der damit verbundenen öffentlichen Aufmerksamkeit, sorgten unter anderem Jay-Z selbst, Rihanna, Rapper Fabolous oder Sängerin Santigold. Allesamt bei Roc Nation unter Vertrag.

Die neuesten Clous

Der letzte große Erfolg des Unternehmens war Ndamukong Suh. Der Defensive Tackle wurde Anfang September vorgestellt, keine sechs Monate später unterzeichnete der 28-Jährige einen Sechs-Jahres-Vertrag bei den Miami Dolphins, der ihm garantierte 60 Millionen Dollar einbringt – Topwert auf seiner Position.

Aktuellster „Neuzugang“ der Roc-Nations-Familie ist der gerade erst 17-Jährige Frances Tiafoe. Als Tennis-Spieler passt er zunächst nicht ins übliche Beuteschema, doch bei näherer Betrachtung ergibt es durchaus Sinn. Er gilt als größte Nachwuchshoffnung der USA, gewann bereits mit 15 Jahren die Orange Bowl - das schafften nicht einmal Roger Federer, Björn Borg oder John McEnroe. Tiafoe könnte der lang ersehnte neue US-Tennis-Superstar werden – und die Kassen gehörig klingeln lassen.

Zu viele Athleten will man aber nicht haben, wie Perez bestätigt: „Momentan sind wir recht exklusiv. Und wir wollen, dass es so bleibt. Vielleicht zehn bis 15 Football-Spieler, zehn bis 15 Baseball-Spieler. Wir wollen nicht 150 oder 1.000 Spieler.“

Zumal sich mit der Elite ohnehin genug Geld verdienen lässt.

 

Julian Saxer