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Die neue Waffe im Anti-Doping-Kampf

Die neue Waffe im Anti-Doping-Kampf

„Das ist das Instrument der Zukunft im Anti-Doping-Kampf.“

Michael Cepic, Geschäftsführer der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), ist in Bezug auf den „Athlete Biological Passport“ – kurz ABP –zuversichtlich.

Genau genommen hat die Zukunft bei den heimischen „Blutsaugern“ jedoch bereits begonnen.

Seit 2013 läuft das Programm, bei dem via Aufzeichnung von Blutwerten sowie Kennwerten ein langfristiges Profil eines Athleten erstellt wird, mithilfe dessen auch das Dopen mit Mikro-Dosierungen sowie Eigenblut-Doping nachgewiesen werden kann.

Direkt und weniger direkt

Hinter dem recht komplexen Analyse-System steckt ein simples Prinzip. Von einem Spitzensportler werden hierfür pro Jahr durchschnittlich fünf bis sechs Blutproben genommen. Werte wie beispielsweise der für die Sauerstoff-Aufnahme verantwortliche rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) werden erfasst und deren Verlauf dargestellt. Über einen längeren Zeitraum ergibt sich daraus eine individuelle Kurve eines Athleten.

Ein Programm errechnet eine Ober- und Untergrenze, zwischen welchen sich der Wert beim jeweiligen Athleten aufgrund der gesammelten Daten bewegen sollte. Dieser Korridor wird fortlaufend adaptiert und zugespitzt.

„Gibt es ungewöhnliche Ausreißer, KANN das ein Hinweis von Doping sein“, ist Günter Gmeiner, Leiter des Doping-Kontroll-Labors in Seibersdorf, bemüht, die indirekte Vorgangsweise im Falle des ABP hervorzustreichen.

Denn im Gegensatz von direkten Nachweis-Methoden, wenn zum Beispiel eine körperfremde Substanz wie das anabole Steroid Stanozolol (Ben Johnson) im Körper gefunden wird, ist eine Einnahme von im Körper ohnehin vorhandenen Mitteln wie etwa des Nebennieren-Hormons EPO nur über andere Werte – also indirekt – nachweisbar.

Außerhalb des Korridors

„Um einen Hinweis darauf zu bekommen, ob jemand beispielsweise Eigenblut-Doping betreibt, müssen diverse Parameter nebeneinander gestellt und interpretiert werden“, spricht Gmeiner die zentrale Rolle von Experten an.

Das Programm weist zwar eine Doping-Wahrscheinlichkeit aus, „diese ist aber lediglich ein errechneter Wert“, so Gmeiner. Entstehen Verdachtsmomente, wird der fragliche Sportler in Folge gezielter kontrolliert, um vielleicht einen direkten Nachweis zu erzielen.

Wenn das nicht gelingt, muss ein dreiköpfiges Experten-Panel unabhängig und einstimmig zu dem Entschluss kommen, dass ein ungewöhnlicher Kurven-Verlauf eine Folge von Doping ist, damit ein Prüfantrag der NADA eingebracht werden kann.

„Davor gibt es keine gesetzliche Handhabe und es dürfen auch weder Sportler, noch der Fach-Verband über Verdachtsmomente informiert werden“, erklärt Cepic. Eine mögliche Anspielung auf den Fall von Johannes Dürr. Der bei den Olympischen Spielen erwischte Langläufer hatte in den Vormonaten eine Vielzahl von Kontrollen über sich ergehen lassen müssen. Ein mögliches Indiz, dass das biologische Profil Unregelmäßigkeiten auswies. „Ein Indiz ja, allerdings muss es das nicht zwingend bedeuten. Schließlich gehört es zum Prinzip des Intelligent-Testing, dass ein Sportler nicht weiß, wie oft und wann er kontrolliert wird“, erläutert NADA-Mitarbeiter David Müller.

Mehr Bluttests

Mehr Bluttests
Zu ihm sprechen die Diagramme: Günter Gmeiner

Seit 1. Jänner 2014 gibt es dieses Profil nicht nur für Blutwerte, sondern auch für den Steroid-Haushalt. Da der Nachweis hierfür über den Urin erfolgt, kann dazu auf eine Vielzahl von vergangenen Kontrollen zurückgegriffen werden, was bei der statistischen Schärfung von Profilen hilft.

Im Umkehrschluss heißt das auch, dass mit der Einführung des Blutpass-Programms die Zahl der Blut-Kontrollen angehoben werden musste.

Die einst knapp 200 Tests pro Jahr wurden mithilfe von 200.000 Euro Förderungen durch Bund und Land auf 600 bis 800 hochgeschraubt. Um Anfahrtswege zu minimieren, gibt es österreichweit 60 neue Ärzte, welche die Kontrollen durchführen.

Eine Kosten-Nutzen-Rechnung

Gmeiner bezeichnet den ABP als „unverzichtbar“. Dass dadurch Doping aber nicht ausgerottet werden könne, dessen ist sich der Mediziner freilich bewusst.

„Allerdings geht es im Anti-Doping-Kampf nicht zwingend darum, jeden Sünder zu erwischen, sondern auch um präventiv zu wirken, den Spielraum einzuengen.“

Cepic stimmt in diesen Tenor mit ein: „Natürlich ist der ABP keine Garantie dafür, dass künftig nicht mit Mikro-Dosierungen gedopt wird, jedoch stellt sich für den Athleten irgendwann auch die Frage der Kosten-Nutzen-Rechnung: Lohnt sich das ganze Risiko für das Bisschen Leistungsgewinn, den ich durch diese noch mögliche Doping-Variante habe, überhaupt noch?“

Um den Spielraum weiter einzuengen, soll der biologische Pass mit Parametern für Wachstums-Hormone erweitert werden. Nichtsdestoweniger wird deren Nachweis äußerst knifflig bleiben.

Reinhold Pühringer