news

Wie geht es mit dem Heeressportzentrum weiter?

Wie geht es mit dem Heeressportzentrum weiter?

„Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres? Sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?“

Darüber wird Österreich am Sonntag im Rahmen der Volksbefragung abstimmen. Die hitzige Debatte ist in den vergangenen Wochen und Tagen medial ausgeschlachtet worden. Vergleichsweise unbeachtet blieb indes die sportliche Komponente.

Und das, obwohl das Bundesheer mit dem Heeressportzentrum (HSZ) eine der wichtigsten Säulen im heimischen Spitzensport bildet. Aktuell bietet der Bund täglich im Schnitt 275 Athleten die Möglichkeit, ihrem Sport professionell nachzugehen. Insbesondere in den Randsportarten stellt ein Platz im HSZ meistens die einzige Möglichkeit dar, vom Sport leben zu können.

Doch das Heeressportzentrum, das in den vergangenen 20 Jahren 63 Olympia-Medaillen (17 x Gold, 21 x Silber, 25 x Bronze) einheimste, könnte bei einem "Nein" zur allgemeinen Wehrpflicht herbe Veränderungen bevorstehen.

Nicht mehr leistbar?

Tatsache ist, dass sich die im Schnitt 275 Heeressportler aus 192 Fixplätzen (Militärpersonen auf Zeit) sowie aus über das Jahr gesehen 150 Grundwehrdiener zusammensetzen. Letztere fallen bei einem "Nein" zur Wehrpflicht logischerweise weg.

Darüber hinaus sind Experten davon überzeugt, dass bei einer Umstellung auf ein Berufsheer derartig große Leistungssport-Kontingente finanziell nicht mehr tragbar sind. "Das kostet viel Geld. Da würde sich jedes Heer dagegen wehren, dass der Sport in einer so großen Dimension gefördert wird, wie es derzeit der Fall ist", berichtet ein Insider LAOLA1.

Zumal rund 50 Personen des 192er-Kontigents auf die militärnahen Sportarten Fallschirmspringen, Orientierungslauf, Schießen, Biathlon und Langlauf entfallen. "Hier investiert das Heer auch in Infrastruktur, Ausrüstung oder Trainingskurse. Es ist davon auszugehen, dass hier nicht eingespart wird."

Ein ebenfalls schlechtes Bild zeichnet ein aktueller HSZ-Unteroffizier, der ebenfalls ungenannt bleiben will: "Bei einem Wegfall der Wehrpflicht wäre der jetzige Betrieb nicht aufrechtzuerhalten." Der Alltag in den einzelnen Stützpunkten droht, auf den Kopf gestellt zu werden.

Keine optimale Lösung

Erschwerend kommt hinzu, dass Heeressportler seit den Bestimmungen 1995 provisorische Beamte im öffentlichen Dienst sind. Das Beamtentum bringt diverse Vorgaben (Dienstauftrag, Meldepflicht, usw.) mit sich, die mit einem Leistungssportler, der zu zahlreichen Wettkämpfen, Trainingskursen oder Ähnliches reisen muss, nicht gut verträglich sind.

"Wenn man ein derartiges System heute neu installieren müsste, würde man nie einen Spitzensportler, der vom Bund gefördert werden soll, als Beamten ansiedeln. Das ist teuer und sehr kompliziert", erklärt der Experte weiter.

Ein Einwand, den Helmut Iwanoff, Abteilungsleiter des Heeres-Leistungssport, nicht gelten lassen will: "Jeder, egal ob er im Heer oder bei einer Bank arbeitet, hat Pflichten, denen er nachkommen muss. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass dieses System funktioniert."

Kein Grund zur Sorge

Geht es nach dem Büro von Verteidigungs- und Sportminister Norbert Darabos, hätte ein Wegfall der Wehrpflicht naturgemäß "keinerlei negative Auswirkungen" auf das Heeressportzentrum. "Das Heeressportzentrum bleibt in seiner derzeitigen Größe bestehen", bezieht sich sein Sprecher Stefan Hirsch auf die 192 Militärpersonen auf Zeit.

Oberst Eckelsberger ist der Kommandant des Heeressportzentrums

Was geschieht mit den jährlich 150 Grundwehrdienern, die zumindest nach den ersten Wochen Basisausbildung professionell trainieren können? Diese sind verloren, was Hirsch allerdings nicht allzu sehr beunruhigt: "Die Grundwehrzeit ist für die 18-jährigen Talente nur ein Hindernis. Das ist nicht gleichzusetzen mit einer Sportförderung."

Wo er freilich nicht Unrecht hat, da etliche Sportler, die leistungsmäßig den Sprung in das HSZ nicht schaffen, während der Grundwehrzeit weitgehend nicht trainieren können. Doch Faktum bleibt, dass die Zahl der Sportler, die täglich in den Heeressportzentren trainieren um knapp 80 Athleten zurückgehen würde.

Auch wenn die absoluten Leistungsträger wohl ohnehin gute Chancen auf einen Platz im 192-Mann-Kontingent haben, füllen Grundwehrdiener hier oftmals die wichtige Rolle des Trainingspartners aus. Bei einer Streichung ihrer Plätze wären somit indirekt auch die Aushängeschilder betroffen.

Eine andere Möglichkeit

Iwanoff könnte sich anstelle der Grundwehrdiener einen anderen – wie er es nennt – "Nachlauf" (Personen, die nach einem Ausscheiden eines Athleten in das 192er-Kontingent nachrücken) für die Militärpersonen auf Zeit vorstellen.

"Man müsste sich freiwillig für einen Ausbildungsdienst auf zwölf Monate verpflichten lassen. Die Möglichkeit dazu existiert ja bereits." Freilich müsste die derzeitige Form speziell auf Leistungssportler angepasst werden.

"Aber so könnten beispielsweise die 150 Plätze für Grundwehrdiener reduziert in ein anderes Dienstverhältnis transferiert werden."

Im Sinne der Landesverteidigung?

Bei der Umstellung auf ein Berufsheer ist davon auszugehen, dass sich die Gesamtzahl der vom Bundesheer beschäftigten Personen reduziert. Die Anzahl des 192er-Kaders im Heeressportzentrum soll jedoch beibehalten werden, also proportional zu anderen Abteilungen sogar wachsen.

Aus der Sicht des Sports ist das sicherlich gut, aber inwieweit ist das mit der Kernaufgabe des Heeres, der Landesverteidigung, vertretbar? Iwanoff sieht das pragmatisch: "Der Nationalrat hat dem Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport den Auftrag erteilt, den Spitzensport zu fördern." Der Rest sei somit mehr eine Frage des zur Verfügung stehenden Budgets.

Ob Wehrpflicht "JA" oder "NEIN" – am Ende wird es darum gehen, dass die Aufwendungen, die das heimische Bundesheer für den Spitzensport (im Wert von über sieben Millionen Euro) aufbringt, auch weiterhin den Athleten zugutekommen.

Egal ob dies weiterhin in Form des seit 50 Jahren bewährten Bundesheeres oder künftig in einer anderen Institution beheimatet ist.

Reinhold Pühringer