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Der OSV und das Drillings-Dilemma

Der OSV und das Drillings-Dilemma

Diffuse finanzielle Gebarungen. Gerichtsverhandlungen, die eine Lawine an Schadensersatzforderungen nach sich ziehen könnten. Dazu eine Gruppe oppositioneller Vereine.

Über die Baustellen des heimischen Schwimm-Verbands (OSV) wurden an dieser Stelle in den vergangenen Monaten ausführlich berichtet. Eine blieb bislang aber unerwähnt – und das nicht ganz ohne Grund.

Es handelt sich um die verzwickte Situation im Synchronschwimmen. Verzwickt sowohl in sportlicher, aber vor allem in menschlicher Hinsicht. Mittendrin stecken griechische Drillings-Schwestern, die eigentlich nichts dafür können, aber für reichlich Zündstoff sorgen.

Die Geschichte der Drei gibt Rätsel auf. Niemand will so recht wissen, wie genau das Trio nach Österreich kam und wer einen Einbürgerungsantrag auf Schiene brachte.

Rundherum ist ein wüster Streit im eigentlich überschaubaren Synchronschwimmlager entbrannt, von dem OSV-Präsident und „Chef-Händereicher“ Stefan Miklauz nach einem gescheiterten Schlichtungsgespräch sagt: „Die Gräben sind tiefer, als ich befürchtet hatte.“

Wie alles begann

Anna Maria, Vasiliki und Erina Marina Alexandri sind 16 Jahre alt und machen von klein auf Synchronschwimmen. Das können sie gut, sogar so gut, dass das Talent des Trios über die Grenzen ihrer griechischen Heimat hinaus bekannt ist.

Vor zwei Jahren übersiedelten sie an den Schnitzel-Äquator. Genauer gesagt in das Leistungszentrum Südstadt, wo sie seither zur Schule gehen. Ein Umzug, der nicht komplikationsfrei über die Bühne ging. Die Mutter, die eine Scheidung hinter sich hat, blieb in Griechenland, weshalb ihre Mädchen in der Fremde praktisch auf sich allein gestellt waren.

Darüber hinaus führte der Wechsel zu einer Verschlechterung des Verhältnisses der beiden National-Verbände Österreichs und Griechenland. Es steht der Vorwurf im Raum, Österreich habe das Trio „geködert“ oder gar „eingekauft“. Es scheint schwer vorstellbar zu sein, dass drei international aussichtsreiche griechische Hoffnungen wegen der sportlichen Perspektive in die vergleichsweise eher „asynchrone“ Alpenrepublik, in der das Wasser zwar blau, aber die Becken rar gesät sind, ziehen.

Fragt sich wiederum, wer verantwortlich dafür zeichnet? Etwas, das nicht einmal der OSV beantworten kann. „Das entzieht sich meiner Kenntnis“, so der neu gewählte Präsident Miklauz, der sich aufgrund der Brisanz in der Causa zur einzigen Auskunftsperson im OSV ernannt hat. Er kann nur mutmaßen. Wie weitere Quellen ortet Miklauz die Wegbereiter für das Trio bei der Schwimm-Union Wien.

Die Namen Walter Witzersdorfer sowie Martin Brandl, Vater des österreichischen Aushängeschilds Nadine Brandl, fallen. Ersterer gibt sich gegenüber LAOLA1 recht zugeknöpft. „Wie die drei Griechinnen hierherkamen, weiß ich nicht“, meint er am Telefon.

Offenbar eine Lüge, wie sich herausstellt. Denn bei besagtem Schlichtungsgespräch sagte er vor Zeugen, dass das Vorgehen bezüglich der drei Griechinnen im Vorstand der Schwimm-Union vorab besprochen wurde.

Brandl, der ebenfalls im Vorstand der Union sitzt, streitet dies nicht ab, wehrt sich aber gegen die Anschuldigung, die Griechinnen nach Österreich gelockt zu haben. „Die sind an uns herangetreten.“

Sportministerium fragte beim OSV nach

Wie auch immer sind die drei Griechinnen jedenfalls da und – wie Miklauz befindet – „auch sehr gut integriert“. Richtig mysteriös wird es aber, wenn es um die Staatsbürgerschaftsanträge des Trios geht. Diese sollen laut Brandl seit rund eineinhalb Jahren laufen.

Das Sportministerium bestätigt gegenüber LAOLA1, dass der Antrag von ihnen an das Bundes-Ministerium für Inneres weitergeleitet wurde. Davor wurde, wie in diesem Prozess üblich, schriftlich Auskunft beim fraglichen Fachverband, dem OSV, über die sportliche Qualität eingeholt.

Die Crux an der Sache: Beim OSV existiert ein derartiges Schreiben nicht und offiziell weiß niemand, wer dieses unterzeichnet haben soll. In E-Mails verneinen der ehemalige Vizepräsidenten Peter Putzgruber sowie Generalsekretär Thomas Unger eine Befassung des OSV mit dieser Thematik.

Dennoch soll der Antrag gemäß Aussagen von Witzersdorfer, die der Mitarbeiter der Volksanwaltschaft in besagter Sitzung tätigte, demnächst durch sein. Sollte dem tatsächlich so sein, wären das die ersten vom Ministerrat eingebürgerten Sportler in den vergangenen drei Jahren.

Miklauz gibt an, einen neuerlichen Antrag nicht zu unterstützen, möchte den laufenden Prozess aber im Sinne der Mädchen auch nicht mehr aufhalten.

Soweit so gut, würde ein positiver Bescheid nicht auch noch Konsequenzen nach sich ziehen.

"Ausleben von Konkurrenz-Denken"

Miklauz versuchte sich bei einem Schlichtungsgespräch als Mediator

Seit dem Auftauchen der griechischen Talente sind nach und nach Gräben quer durch die heimische Szene entstanden, die aktuell unüberbrückbar erscheinen. So galt als eines der großen Ziele für diese Saison, bei der Junioren-Weltmeisterschaft Ende Juli ein Team an den Start zu schicken.

Mithilfe der eingebürgerten Alexandris wäre man auf die dafür notwendigen neun Mädchen gekommen. Es gelang jedoch nicht, ein Gruppen-Gefüge zu formen. Einige Mädchen klagen über eine Bevorzugung der Griechinnen durch Südstadt-Trainerin Albena Mladenova. Sie sehen keine Zukunft unter ihr. Die Kompetenzen der Bulgarin wurden in diesem Zuge in Frage gestellt. Während eine Seite über das Kopieren von Trainingsplänen berichtet, tut dies Miklauz als „respektloses Ausleben von Konkurrenzdenken“ ab.

„Die Alexandris sind eine Klasse besser. Und im Sport entscheidet nun mal Leistung und nicht das Eliminieren einer anderen durch so ein Verhalten.“

Miklauz will Ruhe

Von einer Schlichtung scheint der Unternehmer jedenfalls weit entfernt zu sein. Drei der betroffenen Mädchen kündigten ihr Karriere-Ende an, sollten die Griechinnen tatsächlich eingebürgert werden, womit ein Team-Start so oder so flach fällt und Österreichs ohnehin dünn gesäte Synchron-Szene um weitere Sportlerinnen ärmer sein wird.

Miklauz ortet das Problem aber weniger bei den Athletinnen, sondern viel mehr bei den ins Spiel gebrachten Egoismen derer Eltern.

Witzersdorfer, dessen Töchter sich für ein WM-Team aussprachen, berichtet ebenfalls von „Quertreibern“.

Jedoch gibt er auch zu, dass die Mannschaft für seine Töchter aufgrund deren aktuellen Leistungsniveaus die einzige Möglichkeit wäre, bei der WM überhaupt an den Start zu gehen. Sie hätten die Griechinnen also gebraucht. Die Gegenseite stuft dies als ein Motiv bei der Übersiedlung der Griechinnen ein.

Der Karren steckt fest

Unterm Strich lässt sich erahnen, wie verzwickt die Situation ist, wobei festzuhalten ist, dass hier aus Pietäts- und Komplexitäts-Gründen nicht alle Aspekte der Problematik widergegeben werden können.

Egal, wie die Geschichte letztlich auch ausgeht, bleibt zu hoffen, dass am Ende nicht junge Mädchen, die eigentlich nichts dafür können, die Verlierer sind.

Ganz „wurst“, ob sie aus Griechenland oder Österreich stammen.

Reinhold Pühringer