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Eine WM ohne Medaillen - Warum eigentlich?

Eine WM ohne Medaillen - Warum eigentlich?

Die zu Ende gegangenen Schwimm-Weltmeisterschaften im Oriental Sports Center von Shanghai können mit vielen verschiedenen Attributen bedacht werden:

Hochklassig, futuristisch, spektakulär, anzuglos, präolympisch oder auch zukunftsweisend.

Aus österreichischer Sicht waren sie unterm Strich aber vor allem eines: medaillenlos.

Zum ersten Mal seit den Titelkämpfen 2003 in Barcelona sind die rot-weiß-roten Schwimmer ohne Edelmetall von einer Langbahn-WM zurückgekehrt. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur:

1. Grund: Karriereende von Mirna Jukic

1. Grund: Karriereende von Mirna Jukic
Mirna Jukic fieberte auf der Tribüne mit

Auch wenn diesmal im Medaillenspiegel neben Österreich eine „0“ steht, ist das in Wahrheit kein allzu großer Unterschied zu den vergangenen drei LB-Weltmeisterschaften.

Denn dort sorgten nur Markus Rogan und Mirna Jukic für (jeweils zwei) Edelmetall.

Nach dem Karriereende von Jukic im September 2010 hat der heimische Verband somit 50 Prozent seiner Medaillen-Lieferanten verloren. Das schlägt sich nun eben auf das Ergebnis-Tableau nieder. Zwar schwimmt sich Bruder Dinko immer weiter in die internationale Spitze, doch diese ist speziell auf seiner Parade-Strecke 200 m Delphin (Platz sieben) enorm dicht.

2. Grund: Experimentierfreudiger Rogan

2. Grund: Experimentierfreudiger Rogan
Rogan holt Platz fünf über 200 m Lagen

Er ist einer Medaille noch am nächsten gekommen. Bei seinem fünften Platz über 200 m Lagen haben dem in Los Angeles trainierenden Wiener 45 Hundertstel auf Bronze gefehlt.

Durch seine Abkehr von den Rückenstrecken, über die er seine bislang einzigen beiden Langbahn-WM-Medaillen geholt hatte, hat sich der 29-Jährige einer stärkeren Konkurrenz ausgesetzt. Denn über die Lagen-Strecke tummeln sich mit Ryan Lochte und Michael Phelps die ganz großen Stars. Rogan stört das nicht.

Im Gegenteil: Er sucht die Herausforderung. Das zeigt auch sein Antritt über die 200 m Freistil, wo für ihn als 21. bereits im Vorlauf Schluss war. Für den zweifachen Olympia-Zweiten scheint dies als Vorbereitung für London 2012 zu dienen.

Jahr Ort Strecke Platz
2005 Montreal Markus Rogan 200 m Rücken 2.
2005 Montreal Mirna Jukic 200 m Brust 3.
2007 Melbourne Markus Rogan 200 m Rücken 3.
2009 Rom Mirna Jukic 200 m Brust 3.

Ausblick:

Ausblick:
Scherübl glänzte in der Kraul-Staffel

Mit Ausblick auf die Olympischen Spiele nächstes Jahr in London ist der Umstand, dass nur zwei Österreicher einen Vorlauf überstanden, wohl alarmierender, als dass der OSV diesmal ohne Medaille nach Hause kehrt. Auch wenn mit dem zweifachen Jugend-Europameister Christian Scherübl das vielleicht größte Kraul-Talent des Kontinents nachdrängt, muss der heimische Verband reagieren, um im internationalen Wettstreit nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten.

Das wohl erfreulichste Ergebnis war das Abschneiden der 4-x-200-m-Kraul-Staffel der Herren, die zwar um drei Hundertstelsekunden den Finaleinzug verpasste (Platz neun), aber das Olympia-Ticket löste. „Ich sehe bei uns sehr viel Potenzial“, freut sich auch Dinko Jukic, der gemeinsam mit Scherübl, Rogan und David Brandl schwamm.

Für einen versöhnlichen Schlusspunkt dieser WM sorgte Jördis Steinegger, die als 13. über 400 m Lagen für die viertel Olympia-Norm (nach Rogan, Jukic und Herren-Staffel) sorgte.

Hoffentlich nicht die letzte.

 

Reinhold Pühringer

3. Grund: Hinter internationalen Standards

Der Schwimm-Sport hat sich weiterentwickelt. Michael Phelps spielt in den USA nur noch die zweite Geige, Weltrekorde sind auch ohne Anzüge möglich (siehe Lochte) und Asiens Schwimmer sind bärenstark.

Der Aufwand, den viele Länder betreiben ist enorm. „Es sind Nationalteams hier, die ein separates Kaltwasserbecken haben. Andere wiederum haben extra Betreuer, die für die Athleten spezielle Getränke anfertigen. In dieser Hinsicht sind wir mickrig unterwegs“, berichtet etwa Fabienne Nadarajah in ihrem WM-Tagebuch.

Der Nachholbedarf beschränkt sich aber keineswegs auf das Umfeld der Sportler. Auch auf dem Trainingssektor weht mittlerweile ein anderer Wind. „Wenn ich höre, was andere alles trainieren – und dabei meine ich vor allem Dinge, die abseits des Beckens stattfinden – dann bekomme ich große Augen“, so Nadarajah weiter.

Dieses Hinterherhinken wirkt sich vor allem auf die Breite im OSV-Team aus: Außer Rogan und Jukic erreichte kein weiterer rot-weiß-roter Schwimmer ein Finale.