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Rogan: "Du kannst langfristig keine Show abziehen"

Rogan:

Österreichs Schwimm-Star Markus Rogan hat sich am Donnerstagabend bis zur Olympia-Angelobung im Juli im Grunde von Österreich verabschiedet.

Rogan kommt vorher nur noch zur Zusammenkunft des OSV-Teams vor den Europameisterschaften vom 21. bis 27. Mai in Debrecen in die Heimat.

Der 29-Jährige verspricht sich davon, möglichst wenig von seinem Ziel eines olympischen Medaillengewinns abgebracht zu werden.

Dies und vieles mehr verriet Rogan im APA-Interview.

Frage: Herr Rogan, was ist der Grund dafür, dass Sie vor Olympia nichtmehr so richtig nach Österreich kommen?

Markus Rogan: "Weil ich nicht vor Olympia glauben will, dass ich schon gewonnen habe. Wenn man kurz vor großen Wettkämpfen da ist, dann wünschen einem alle viel Glück. Aber sie wünschen dir so viel Glück, als ob du dir die Medaille nur noch abholen müsstest - weil es nicht so viele Medaillenkandidaten gibt. In Los Angeles aber trainiere ich mit Leuten, die besser schwimmen können als ich. Das ist ein Riesenvorteil. Da wirst du nicht so leicht größenwahnsinnig. Wenn du hingegen in Österreich zu jeder Olympia-Veranstaltung gehst, nimmst du erstens fünf Kilo zu und zweitens musst du zehnmal versprechen, dass du sicher gewinnen wirst."

Frage: Stichwort Körpergewicht. Wie sehr ist Ihnen die geplant geweseneErnährungsumstellung gelungen?

Rogan: "Ich bin draufgekommen, dass Kohlenhydrate doch nicht so schlecht sind. Ich bin regelmäßig mit meiner Ernährungsberaterin in Kontakt. Wenn es nach meinem Willen geht, dann ist sie die drei Wochen vor Olympia mit im Trainingslager. Die Fußballer haben immer einen Koch dabei. Einmal im Leben möchte ich das auch haben."

Frage: Was hat sich sonst noch durch die bewusstere Ernährung geändert?

Rogan: "Ich habe schon um 5.30 Uhr ein großes Frühstück. Rechtzeitig vor dem Training von 7.00 bis 10.00 Uhr, das macht einen großen Unterschied. Danach kommt ein großes Mittagessen, der Mittagsschlaf, zwei Stunden Nachmittagstraining und nach dem Abendessen manchmal schon um 20.00 Uhr ins Bett. Ich komme an guten Tagen auf zwölf Stunden Schlaf - das ist schon ein Luxus. Und ich bin draufgekommen, ich brauche mehr Gewicht fürs Training als für den Wettkampf. Wenn ich auf das Wettkampfgewicht von 91 Kilo gehe, dann halte ich keinTraining aus. Aber wenn ich mit meinen 94 Kilo Trainingsgewicht einen Wettkampf schwimme, dann kann ich nicht so leicht schnell starten. Für die Abnahme der drei Kilo brauche ich eine Woche. Das ist das Unglaubliche, es geht irrsinnig schnell. Das funktioniert mit großem Frühstück, kleinerem Mittagessen und kleinem Abendessen und kein Snack dazwischen. Der Hauptunterschied ist das große Abendessen, das ich sonst esse."

Frage: Sie treten dieser Tage bei den britischen Meisterschaften in London an. Wie wichtig ist es Ihnen, die Olympia-Anlage schon vor den Spielen kennenzulernen?

Rogan: "Es ist eher das Demystifizieren. Zu erkennen, dass auch ein olympisches Schwimmbecken ein Schwimmbecken ist. Wir machen so viel mehr daraus. Ich versuche es runterzubringen auf den einfachsten Nenner - auf das, was es genau ist. Es geht um das richtige Einordnen. Klar werde ich bei Olympia aufgeregt sein. Aber ich hoffe, ich bin diesmal für die richtigen Gründe aufgeregt. Letztes Mal habe ich allen was beweisen wollen."

Frage: Was meinen Sie damit genau?

Rogan: "In Wahrheit hat mir Manchester (Anm.: 1. OSV-WM-Gold im April 2008) danach in Peking eine Olympia-Medaille gekostet. Vor allem dann diese mir gewidmete Briefmarke der österreichischen Post. Das ist ein Ego-Todesurteil. Da habe ich mir vor Olympia dann gedacht, jetzt habe ich es geschafft. Und probieren Sie einmal an den Start zu gehen mit dem Gefühl 'Jetzt habe ich es geschafft'."

Frage: Was würden Sie in ihrer Karriere rückblickend anders machen?

Rogan: "Ich würde weniger oft probieren zu beweisen, wie schlau ich bin. Das war der größte Fehler. Ich wollte jedes Mal, jeden Tag zeigen, ich kann nicht nur schwimmen, sondern auch reden. Ich glaube, das hat mein Image geprägt. Ich probiere, in Interviews jetzt anders rüber zu kommen. Ob ich es schaffe, kann ich nicht beurteilen. Aber langfristig kannst du nur so sein, wie du bist. Du kannst langfristig keine Show abziehen. Wenn ich den Tick früher hätte abstellen können, hätte ich mich viel besser auf das Wesentliche konzentrieren können."

Frage: Wie hat sich der österreichische Schwimmsport seit Ihrem Einstieg 1998 verändert?

Rogan: "Wir sind viel professioneller. Als 12-Jähriger wäre ich jetzt in keinem Nationalkader, auch nicht als 15-Jähriger. So wie ich mich für Olympia in Sydney 2000 qualifiziert habe, hätte ich keine Chance."

Frage: Haben Sie etwas beigetragen zu dieser Entwicklung?

Rogan: "Ich hoffe, dass ich mehr beigetragen als verhindert habe. Am meisten habe ich beigetragen, wenn ich einfach geschwommen bin und nichts gesagt habe. Weil ich habe schon oft eher auf Brechstangen- als auf langsame Änderungen gesetzt. Mir ist alles viel zu langsam gegangen. Weil ich erkannt habe, dass man alten Hunden keine neuen Tricks beibringt. Wenn ich von Anfang an respektiert hätte, dass alte Herren sich langsamer verändern, dann wären wir jetzt viel weiter."

Frage: Welche Tipps geben Sie heutzutage jungen Schwimmern für ihre Karriere?

Rogan: "Schwimmt, wenn euch Schwimmen wirklich Spaß macht. Wenn dir das Spielerische im Wasser nicht Spaß macht, dann sollte man es lieber bleiben lassen."

Frage: Hatten Sie auch Phasen, in denen es keinen Spaß gemacht hat?

Rogan: "Ja, als ich zwanghaft probiert habe, mehr zu sein. Ich habe das Schwimmen aber nicht bleiben lassen, weil ich zu viel Geld damit verdient habe."

Frage: Nun sind Sie schon in Ihrer vierten Olympia-Vorbereitung. Was hat sich darin seit Sydney 2000 geändert?

Rogan: "Es ist wie mit vier Ehen. Du hast jetzt vielleicht weniger Aufregung und auch weniger Illusionen, gehst das Ganze aber viel schlauer an. Und die Höhepunkte sind dann schon besser, weil du eben den ganzen Blödsinn, den du zwischendurch immer angezapft hast, nicht mehr machst."

Frage: Und wie fällt Ihr Vergleich der vier Olympia-Städte aus?

Rogan: "Sydney ist meiner Meinung nach am besten organisiert bis jetzt. Das war am authentischsten. Bei den Griechen war es nett, aber chaotisch. In China war es bombastisch. Das sieht man in London überhaupt nicht. London wird so in etwa wie Sydney. Sie sind clever. Die Designs sind gut. Man merkt, sie haben das Beste aus weniger Geld als die Chinesen gemacht."

Frage: Und Los Angeles? Wird das nach Olympia Ihr Hauptwohnsitz bleiben?

Rogan: "Das kommt darauf an, wie ich in London abschneide. Mit einer Medaille kann ich mir viel mehr leisten als ohne. Olympia verändert in Wahrheit nichts, aber im Grunde sehr viel."