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Nina Dittrich - Karriereende mit 21 Jahren?

Nina Dittrich - Karriereende mit 21 Jahren?

Knappe sechs Jahre ist es her, da galt Nina Dittrich als eines der größten heimischen Schwimm-Talente aller Zeiten. Heute steht sie mit nur 21 Jahren vor einem möglichen Karriere-Ende.

2006 war es, als die Wienerin in Rio de Janeiro mit Bronze über 200 m Schmetterling für die erste österreichische Medaille bei Jugend-Weltmeisterschaften sorgte. 2012 beziffert Trainer-Vater Kurt Dittrich, der selbst bei den Olympischen Spielen 1980 schwamm, die Chancen auf ein Weitermachen seiner Tochter gerade einmal mit 50:50.

So viel ist fix: Die für sie bisher stets unergiebige Kurzbahn-Saison lässt Dittrich einmal links liegen, schraubt vorerst das Training stark zurück, um sich klar zu werden, was sie will. „Ich habe mich in den vergangenen zwei Jahren voll auf das Schwimmen konzentriert“, verrät Nina, die täglich bis zu sieben Stunden trainierte, im Gespräch mit LAOLA1. „Nun möchte ich diesen Fokus ein wenig ausweiten, um zu schauen, ob es dadurch dann auch mit dem Schwimmen wieder besser geht.“

Allzu viel Zeit bekommt sie dafür aber nicht. „Spätestens im November sollte sie sich entscheiden, ob für sie der Sport noch einen Sinn macht“, spricht Kurt die Vorbereitung für die Langbahn-Saison 2013 mit der Weltmeisterschaft in Barcelona an.

Dämpfer Debrecen

Die Entscheidung zurückzuschrauben reifte nach der Europameisterschaft im Mai. Mit den Plätzen neun (1.500 m Kraul) und zwölf (800 m Kraul) blieb sie in Debrecen nicht nur unter ihren Erwartungen, sondern verfehlte auch das Weltverbands-Limit für die Sommerspiele.

Nach der geschafften Quali vier Jahre zuvor für Peking ein herber Rückschlag. Ein tiefes Motivationsloch war die Folge.

„Nach der EM habe ich mir zum ersten Mal ernsthaft Gedanken gemacht, wie es weitergeht“, berichtet Dittrich, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass sie wenig später über die Invitation-Zeit in das London-Aufgebot über 800 m nachnominiert werden sollte. „Wenn du alles in den Sport investierst, es sich dann aber nicht ausgeht, bringt dich das einfach zum Nachdenken.“

Zuerst pfui, dann wieder hui

Der Olympia-Traum schien geplatzt zu sein. „Ich bin die Zeit, mit der ich mich im Endeffekt über die Weltrangliste qualifiziert habe, bereits ein Jahr davor, genau mit dem Beginn der Quali-Phase geschwommen. Uns war nicht bewusst, dass die Zeit von damals gilt.“

Von Funktionärsseite war ebenfalls niemand zur Stelle, um die Athleten (bei Sebastian Stoss und Hunor Mate verhielt es sich ähnlich) auf eine mögliche „Doch-Noch-Quali“ hinzuweisen. Die Folge: „Ich habe vorübergehend nur halbherzig trainiert.“

Bis zu den Spielen in Peking verlief für Dittrich alles nach Plan

Nina: „Bis Peking ist eigentlich alles nach Plan verlaufen.“ Es folgte ein Wechsel nach Linz und mit ihm die ersten Probleme.

„Dort habe ich das Delphin-Schwimmen – eine meiner größten Stärken – vielleicht zu sehr vernachlässigt. Wobei andererseits die 800 und 1.500 m Kraul auch sehr gut gegangen sind – es hatte ja einen Grund, warum wir uns darauf konzentriert haben. Der sechste Platz bei der EM 2010 in Budapest im Matura-Jahr hat mir wieder Auftrieb gegeben. Ich dachte mir, vielleicht geht sich bei der EM in zwar Jahren sogar ein dritter Platz aus.“

Zu verbissen?

Dieses Vorhaben ist letztendlich aber total in die Hose gegangen. „Da fängst du dann zu grübeln an. Ich weiß nicht, was da schief gegangen ist.“

 Druck von außen verspürte sie keinen. „Vielleicht war ich selbst zu verbissen.“

Genau deshalb will sie nun ein wenig Abstand gewinnen („Eventmarketing und Journalismus würden mich interessieren“), um vielleicht so wieder die Leichtigkeit des Erfolgs zu finden.

Reinhold Pühringer

Erfahren, dass sie doch nach London darf, hat sie Mitte Juni, also erst eineinhalb Monate vor dem großen Wettkampf. Die verbleibende Zeit wurde logischerweise mit Vollgas trainiert. Und auch das Motivationsloch wurde zumindest vorübergehend bei Seite geschoben.

Das Abschneiden in London war schließlich sogar verhältnismäßig gut. Die 8:45,41 Minuten reichten im olympischen 800-m-Rennen zwar nur zu Rang 28, aber „in Debrecen wäre das der vierte Platz gewesen“, relativiert Kurt. Vom zeitlichen Sprung ganz zu schweigen: Zehn Sekunden liegen zwischen ihrer Debrecen- und ihrer London-Zeit. Die Zweifel an der Richtigkeit des eingeschlagenen Lebensweges konnte diese Zeit aber dennoch nicht zerstreuen.

Die wechselnden Leistungen sorgen dafür, dass auch der Papa hin- und hergerissen ist: „Wenn sie nicht mehr mit hundert Prozent hinter dem Sport steht, ist es besser, wenn sie die Zeit und Energie in eine Berufsausbildung steckt.“

Schwierige Ursachenforschung

Der rasante Abstieg vom einst hoffnungsvollsten Talent des Landes zum drohenden Karriere-Ende wirft Fragen auf: Was lief falsch?