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Durfte das Verbandsgericht überhaupt urteilen?

Durfte das Verbandsgericht überhaupt urteilen?

„Der von ihnen gewählte Gesprächspartner ist im Moment nicht erreichbar.“

Das bekommt man zu hören, wenn man dieser Tage die Nummer von Dinko Jukic wählt.

Der Schwimmer genießt trotz einjähriger Sperre durch den OSV, davon 10 Monate unbedingt, seinen Urlaub.

Das Handy dreht er nur auf, wenn er jemanden erreichen möchte. Ansonsten Funkstille.

"Nicht korrekt zusammengesetzt"

Bereits vor seiner Abreise – und also auch vor dem Urteil – gab der 23-Jährige dem Magazin „News“ ein Interview, in dem er klarstellt, warum ihn das ganze Disziplinarverfahren kalt lässt.

„Das Verbandsgericht, das den Fall behandelt, wurde formalrechtlich, also laut OSV-Statuten, nicht korrekt zusammengesetzt. Es kann mich also gar nicht für Wettkämpfe sperren“, bleibt Jukic entspannt.

Und: „2008 wurden nur zwei Mitglieder gewählt, das dritte sollte nachnominiert werden. Wer das ist, wurde nie offiziell mitgeteilt. Und urplötzlich ist dieser dritte Mann sogar der Vorsitzende der Kommmission.“

"Ist schon vier Jahre her"

LAOLA1 liegt das Protokoll vom Verbandstag des Österreichischen Schwimmverbandes, der am 20. September 2008 in Wien stattgefunden hat, vor.

Und wirklich: Unter Punkt 8, Neuwahlen, werden beim Verbandsgericht nur Dr. Rainer Fischer-See, im Zivilberuf Leiter der ORF-Rechtsabteilung, und Jurist Dr. Kurt Kozak, der unter anderem auch Obmann des Schwimmvereins SU Salzburg und Mitglied des Österreichischen Retrieverclubs ist, wie auf seiner Homepage nachzulesen ist, aufgeführt.

Die dritte Person wird laut Protokoll nachnominiert.

Ja, bestätigt Dr. Herbert Schachter, der dritte und also nachnominierte Mann im Verbandsgericht, im Gespräch mit LAOLA1, er wurde nicht am Verbandstag gewählt, sondern vom OSV-Vorstand gefragt.

„Ich glaube, dass mich Präsident Paul Schauer und Generalsekretär Thomas Gangel angerufen haben.“ Aber ganz genau könne er sich nicht mehr erinnern, so der Jurist. „Das ist ja auch schon wieder vier Jahre her.“

Vom Verbandstag nicht gewählt

Nach Auffassung von Schachter ist das Verbandsgericht statutengemäß zustande gekommen.

„Der Vorstand hatte meines Wissens eine Ermächtigung vom Verbandstag, den dritten Kandidaten frei auszuwählen. Außerdem hat der OSV ein Gutachten eingeholt. Das war rechtlich alles einwandfrei.“

Wirklich? Immerhin heißt es in den OSV-Statuten unter Paragraph 32, Punkt 1 zur Zusammensetzung der offiziellen „Schlichtungsstelle“: Das Verbandsgericht hat aus drei vom Verbandstag gewählten Mitgliedern zu bestehen, die für vier Jahre gewählt werden.

Und von einer Ermächtigung des Vorstands ist im Protokoll nichts vermerkt.

Keine neuen Vorwürfe

Der langjährige ARBÖ-Präsident versteht die Aufregung nicht.

„Der Herr Jukic ist ja nicht der erste, der formale Einwände erhebt, das ist nicht neu und steht ihm auch frei. Aber die wenigen Einwände, das waren vielleicht zwei, drei Fälle, wurden immer abgewiesen und das Verbandsgericht auch bis heute nicht außer Kraft gesetzt“, so Schachter, der als einziger aus dem Trio keine offensichtlichen Verbindungen in den Schwimmsport hat.

„Deshalb wurde ich in diesem Fall auch zum Vorsitzenden ernannt.“

Warum kein Einspruch?

Rechtsexperten sind sich uneins, wie aufgrund der bekannten Faktenlage Jukic‘ Chancen vor einem ordentlichen Gericht stehen, die Meinungen gehen auf LAOLA1-Nachfrage bei einigen Juristen weit auseinander.

Die große Frage: Warum hat Dinko Jukic selbst beantragt, dass er eine mündliche Verhandlung möchte und nicht bereits nach der Eröffnung des Disziplinarverfahrens die Zusammensetzung des Verbandsgerichts beeinsprucht?

Die Antwort auf diese Frage kennt nur Dinko Jukic. Aber der hat sein Handy weiter aus.

Bleibt nur zu hoffen, dass der OSV-Führung nicht das gelungen ist, wovor sich das Schwimm-Aushängeschild immer gefürchtet hat.

Nämlich dass man ihn mit dem Disziplinarverfahren mundtot machen will.

 

Stephan Schwabl