news

Erste Rücktritte nach Doping-Skandal

Erste Rücktritte nach Doping-Skandal

Der gigantische Doping-Skandal in der Leichtathletik zieht weitere Konsequenzen nach sich.

Am Mittwoch legte der langjährige Weltverbands-Präsident Lamine Diack seine Ehrenmitgliedschaft im IOC nieder.

Der Senegalese war bereits am Tag zuvor vom Exekutivkomitee des IOC vorläufig suspendiert worden. Auch der Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors trat von seinem Posten zurück.

Gregori Rodschenkow soll dem erschütternden Report der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zufolge die Beseitigung von 1.417 Dopingproben angewiesen haben. Seinem Labor wurde deshalb am Dienstag vorläufig die Zulassung entzogen.

Neue Dimensionen

Diack und Rodschenkow gehören zu den Schlüsselfiguren einer Affäre, in der es unter anderem um das Verschwinden von positiven Doping-Tests gegen die Bezahlung hochrangiger Funktionäre geht.

Gemessen an dem weltweiten Entsetzen über diese selbst für den Profisport neue Dimension hielt sich IOC-Präsident Thomas Bach in seiner ersten öffentlichen Reaktion allerdings zurück.

"Es gibt nun die Ermittlungen in der Leichtathletik, und der Weltverband wird seine Schlüsse daraus ziehen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen", sagte Bach am Mittwoch in einem Interview des neuseeländischen Fernsehens.

Der Deutsche gab sich "überzeugt, dass Russland kooperieren wird, damit sich seine Athleten an die globalen Anti-Doping-Regeln halten werden. Das braucht es, um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können."

WADA-Chef unter Verdacht

Skandalfigur Diack und auch der russische Sport gehörten im IOC stets zu den Unterstützern von Bach. Und so kommt zu der ohnehin schon enormen Dimension der gesamten Affäre noch das Problem hinzu, dass einige einflussreiche Personen und potenzielle Aufklärer in dieser Sache zumindest erheblich vorbelastet sind.

Beispielsweise WADA-Präsident Craig Reedie, der jener Organisation vorsteht, die das wahre Ausmaß des Skandals ans Licht brachte. Trotzdem geriet der Brite im Sommer in den Verdacht, noch während der Ermittlungen der WADA-Untersuchungskommission geheime Absprachen mit dem russischen Sportministerium getroffen zu haben.

Die ARD enthüllte im August eine Mail von Reedie an die Anti-Doping-Beauftragte der russischen Regierung, in der er unter anderem bedauerte, dass es zwischen der WADA und ihrer Regierung "in der Atmosphäre zu Problemen gekommen sei".

Gegenüber der "New York Times" wehrte sich Reedie nun. "Die Behauptung, ich sei nachsichtig mit Russland, bestreite ich kategorisch", sagte er am Mittwoch. Jeder, der das nach den Enthüllungen der WADA immer noch behaupten würde, müsse "leicht verrückt sein".

Ein Mann aus dem System

Eine weitere Schlüsselperson ist IAAF-Chef Sebastian Coe, der mit seinem Vorstand demnächst über Konsequenzen für Russland entscheiden soll.

Der Olympiasieger von 1980 und 1984 steht seit August an der Spitze des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF). Es ist nun seine Aufgabe, den Leichtathletik-Weltverband zu reformieren. Doch der Brite ist nicht nur der Nachfolger von Diack - er war auch von 2007 bis 2015 sein Stellvertreter und damit Teil des Systems.

Nach seiner Wahl formulierte Coe Ergebenheitsadressen der servilsten Art an Diack, der Senegalese werde für immer "mein spiritueller Präsident bleiben". Die Doping-Enthüllungen der ARD nannte Coe seinerzeit noch eine "Kriegserklärung an meinen Sport".

Eigenwillige Doppelrolle

Noch größer als die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit sind bei ihm nur noch die Zweifel an seiner Unabhängigkeit.

Coe hat einen fürstlich entlohnten Beratervertrag mit dem Sportartikel-Giganten Nike. Vor allem aber ist Coe weiterhin Teilhaber und Aufsichtsrat des Sportmarketing-Giganten CSM.

"In der einen Rolle, als Verbandspräsident und IOC-Mitglied, vergibt er Weltmeisterschaften und Olympische Spiele. In der anderen Rolle bietet er sich dafür an, dieselben Weltmeisterschaften und Olympischen Spiele für Honorar zu akquirieren", schrieb die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" dazu.