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Schwarzl will es noch einmal wissen

Schwarzl will es noch einmal wissen

Um Roland Schwarzl ist es ruhig geworden. Sehr ruhig.

Der Mehrkämpfer, der in den letzten Jahren mehr mit Krankheiten und Verletzungen als mit Gegnern und Limits zu kämpfen hatte, ließ sich zuletzt aus freien Stücken aus dem B-Kader des Nationalteams streichen.

Der 32-Jährige ging stattdessen nach Saarbrücken, um dort für seine Trainerausbildung ein Praktikum zu machen. Unterm Strich: Klingt alles nach einem stillen und heimlichen Karriere-Ende. Oder?

„Nein, nein. Das haben vielleicht einige geglaubt“, winkt Schwarzl im Gespräch mit LAOLA1 ab. In Wahrheit will er es noch einmal wissen.

Nur eine Auszeit

Der Salzburger hat noch immer nicht genug. Ihn ihm lodert nach wie vor der Traum von Olympischen Spielen. Wie sich diese anfühlen, weiß er nur allzu gut. Vor mittlerweile neun Jahren erreichte er als eines der hoffnungsvollsten Mehrkampf-Talente mit 8.102 Punkten den zehnten Platz.

Ein weiteres Mal das Ticket zu lösen, blieb ihm bislang jedoch verwehrt. Schuld daran ist eine ganze Palette von Verletzungen und Erkrankungen, die seinen Weg bis in die jüngere Vergangenheit pflastert und auch eine mögliche Teilnahme in London auf dem Gewissen hat.

Darum nahm er sich eine Auszeit. „Damit ich meine Akkus wieder auflade und ich meine Gesundheit wieder einmal in den Griff bekomme“, erzählt Schwarzl, den das Gerede über seine Verletzungsanfälligkeit irritiert. „Jeder behauptet das immer, aber in Wahrheit habe ich seit fünf Jahren keine Verletzungsprobleme mehr.“ Faxen macht seither nur mehr die Gesundheit.

„Ich hatte zweimal das Pfeiffersche Drüsenfieber und auch mit Infekten zu kämpfen, die Schwächephasen verursachten.“ So auch 2011, als er nach der Hallen-EM in Paris 41 Grad Fieber bekam. „Das war wild. Davon habe ich mich eigentlich nicht mehr erholt. 2011 war deshalb vollkommen verkorkst. 2012 verlief auch nicht optimal.“

Weniger Sponsoren, weniger Druck

Bei genauer Betrachtung der Krankenakte des 2,01-m-Hünen drängt sich einem die Sinnfrage auf. Hat sich Schwarzl diese noch nie gestellt? „Sicherlich ist die Sinnfrage da, aber ich war nie einer, der nach einer Verletzung sagt: Das war’s!“ Eine Selbstdiagnose, bei der ihm wohl niemand widerspricht.

Schwarzl sucht nun vielmehr nach einem neuen Zugang zum Sport. Einem, wie er es nennt, unabhängigeren. „Nach den ganzen Sachen, die passiert sind, habe ich bis auf Adidas und dem Bundesheer keine Unterstützer mehr.“ Den Platz im HSZ gab Schwarzl zwar ab, aber über das Heeres-Programm „Karriere Danach“ wird seine Ausbildung in Saarbrücken finanziert.

Schwarzl trainiert in Saarbrücken selbst Nachwuchs-Sportler

„Es ist so, dass ich im Endeffekt nichts mehr habe. Aber nichtsdestotrotz schafft das ein gutes Gefühl“, spielt er auf die an ihn herangetragenen Erwartungen an. „Man sieht es beispielsweise bei den Skifahrern, dass sie Verpflichtungen dem Verband, dem Land, Sponsoren und wem weiß ich noch gegenüber haben. Dazu kommt, dass sie etwas für sich selbst reißen wollen. Diesem kombinierten Druck halten leider nicht viele stand.“

Dies sei auch ein Grund, warum sich Schwarzl zuletzt von sich aus aus dem B-Kader streichen ließ. „Ich wollte so auch möglichem Wirrwarr während meiner Ausbildung aus dem Weg gehen. Außerdem verzichte ich damit ja auch auf kein Geld. Es ist nicht so, dass ich da 20.000 Euro oder so verdient hätte“, so der mehrfache österreichische Meister, der sich aber nach wie vor im Doping-Testpool der NADA befindet, um Wettkämpfe bestreiten zu dürfen.

Dass er von anderen Seiten längst abgeschrieben wird, damit hat er mittlerweile leben gelernt.  „Auch wenn es kein schönes Gefühl ist. Aber solange man sich selbst nicht abschreibt, ist alles gut. Wenn das nur die anderen tun, ist es im Prinzip sch… egal.“

Comeback-Termin noch nicht fix

Somit bleibt Rio 2016 für ihn weiter das große Ziel. Ein Ziel, in dessen Richtung es nun die ersten Schritte zu machen gilt. Ganz oben auf der „To Do“-Liste steht, die alte Fitness wieder zu erlangen. Weil den Sommer hat Schwarzl „einmal richtig genossen“.

„Ich will es langsam anlaufen lassen.“ Wann er dann genau sein Comeback auf Wettkampf-Ebene geben wird, darauf will er sich noch nicht festlegen. „Ich möchte jetzt nicht sagen, dass ich beispielsweise im Mai alles zerreiße.“

Am liebsten wäre es ihm sowieso, erst im Frühjahr, wenn er im Formaufbau schon weiter ist, über sein Vorhaben zu sprechen.

Das Umfeld passt

In Saarbrücken findet er derzeit alles vor, um sich eine Perspektive für Rio zu schaffen. „Als Spitzenathlet eines fremden Landes habe ich hier freien Zugang zu allen Sportstätten. Das ermöglicht mir zu trainieren, wann ich will.“ Aktuell will er sechs Mal pro Woche.

Immer an seiner Seite ist Gattin Sandra, die als seine Trainerin fungiert. „Sie hat sich über die Jahre viel Knowhow angeeignet, sowohl was das Technische als auch das Drumherum anbelangt.“

Mehr braucht er im Endeffekt nicht, um seinen Traum am Leben zu erhalten.

Reinhold Pühringer