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"Im Finale habe ich nun nichts zu verlieren"

"Na dann, geil! Jetzt gehe ich in die Eistonne!"

Österreichs 5.000-m-Läuferin Jennifer Wenth hat erst Minuten nach ihrem Vorlauf in Peking überrissen, dass sie sensationell in das WM-Finale eingezogen ist, und griff sich fassungslos an den Kopf. Im Gespräch mit Journalisten hatte sie bereits ein Jahr voraus zu Olympia geblickt, als diese ihr sagten, dass sie auch in China noch einmal ran darf.

"Ich muss noch hart arbeiten"

"Ganz zufrieden bin ich nicht, aber vielleicht ist es hinsichtlich nächstes Jahr gar nicht so schlecht, dass ich jetzt nicht ins Finale gekommen bin. Jetzt weiß ich, dass wir noch viel arbeiten müssen", plauderte die 24-jährige Niederösterreicherin in der Mixed Zone des "Vogelnest"-Stadions vor sich hin. "Nächstes Jahr bei Olympia in Rio will ich halt echt am Niveau sein und ins Finale kommen. Ich klopfe auf Holz, dass ich verletzungsfrei bleibe."

Den überraschenden Finaleinzug realisierte die Freiluft-EM-Elfte von 2014 in Zürich über 5.000 m und Hallen-EM-Neunte über 3.000 heuer in Prag nur nach und nach. "Bin ich jetzt weiter? Ich habe ja nicht mitgezählt, aber ich habe nie gedacht, dass es sich mit der Zeit ausgeht. Und ich habe schon gedacht, puh, Gott sei Dank muss ich nicht noch einmal laufen", sagte die wegen der schwülheißen Bedingungen tropfnasse Wenth, die für die erste WM-Finalteilnahme Österreichs seit 2009 sorgte. Damals war Diskuswerfer Gerhard Mayer Achter geworden.

WM-Qualifikation schon eine Überraschung 

Von der Wirklichkeit ob der überraschenden Verlängerung des Peking-Arbeitseinsatzes eingeholt, plant man da gerne mal um. "Danke für die Info! Jetzt freue ich mich natürlich darauf, noch einmal hier zu laufen. Das ist wirklich toll, einfach cool. Im Finale habe ich nun nichts zu verlieren, ich freue mich über jeden Platz, und wenn ich eine hinter mir lasse noch mehr. Für mich war es ja schon überraschend, dass ich mich überhaupt für die WM qualifiziert habe. Nun muss ich mich anziehen gehen, danke schön", verabschiedete sich die von den Emotionen überwältigte Athletin von SVS.

Wenth hatte sich im WM-Vorfeld eine minimale Chance ausgerechnet, die Vorrunde zu überstehen. Ihre persönliche Bestleistung steht seit heuer bei 15:16,12. Sie wusste, dass sie es in Peking nur über die Zeitregel schaffen kann. Laut Aufstiegsmodus kamen die jeweils Top-Fünf sowie die nächsten fünf Zeitschnellsten weiter, die Österreicherin war im zweiten der zwei Läufe an der Reihe. "Das Rennen war urlangsam, dabei war der erste Lauf auch nicht so schnell, ich habe das nicht verstanden. Das war auch für mich langsam, aber da kann man nichts machen."

"Nicht superschlecht, nicht supergut"

Die Athletin von Coach Karl Sander lief anfangs am Ende des Feldes ("Ich wollte dem Geschupfe irgendwie fern bleiben"), als sich dieses auseinanderzog, erhöhte auch sie das Tempo. "Ich wollte mir nichts vorwerfen. Ich hätte dann nie gedacht, dass es sich mit einer 43er-Zeit ausgeht." Wenth kam als Siebente in 15:43,57 ins Ziel, und als Fünfte noch über die Zeitregel weiter. Schnellste war die Äthiopierin Almaz Ayana in 15:09,40.

"Nicht superschlecht, nicht supergut, ich hätte aber nicht schneller laufen können. Der Schritt hat sich nicht so gut angefühlt, ich laufe meistens besser nach der ersten Belastung", sagte Wenth, die das nun am Sonntag (13.15 Uhr MESZ) zeigen darf.

Da weiß sie dann auch schon, was sie im Olympiastadion erwartet. Denn als sie in der Früh auf dem Aufwärmplatz gekommen sei, wäre die Nervösität rasant angestiegen. "Ich habe versucht, ruhig zu bleiben und es zu genießen. Wenn du dann in das Stadion reinkommst und es so laut ist, ist das schon sehr, sehr cool."

Schrott erreicht ihr Ziel

Mit ihrer besten Vorlaufzeit bei Freiluft-Meisterschaften auf Weltebene hat Hürdensprinterin Beate Schrott ihr Ziel mit dem Semifinaleinzug bei der Leichtathletik-WM in Peking erreicht.

"Es war eine solide Leistung. Ich wäre natürlich gern unter 13 Sekunden gerannt, aber ich war knapp dran", sagte die 27-Jährige nach den 13,04 Sekunden bei einem Meter Gegenwind, die Gesamtrang 19 bedeuteten.

Trotzdem wurde die Angelegenheit für die Olympia-Achte und EM-Dritte von 2012 vor dem Fernseher in der Mixed Zone zur Zitterpartie. Sie musste alle Vorläufe abwarten, denn in ihrem war sie nur Fünfte geworden und hatte den Direktaufstieg um einen Rang verpasst.

"Verstecken muss ich mich nicht"

Über die Zeitregel ging es sich aber gut aus. 2011 bei der WM in Daegu war Schrott mit 13,25 in die Titelkämpfe gestartet, 2012 bei Olympia in London mit 13,09. 2013 in Moskau fehlte sie verletzungsbedingt.

Schrott und ihr neuer Trainer Rana Reider hatten sich für das erste Jahr der Zusammenarbeit das WM-Semifinale vorgenommen. "Ich bin mir sicher, dass ich mit Rückenwind unter 13 Sekunden gelaufen wäre. Ich habe von Anfang an gewusst, ich kann nicht beeinflussen, was andere rennen, sondern nur das, was ich tue. Damit jetzt unzufrieden zu sein, wäre falsch. Und verstecken muss ich mich auch nicht", sagte Schrott. Ihr Schwachpunkt waren die ersten drei Hürden, auf denen sie gegenüber den Konkurrentinnen verlor.

"Froh, dass ich schmerzfrei laufen konnte" 

Schrott hatte nach fast einwöchiger Zwangspause wegen einer schmerzhaften Muskelverhärtung am Beinbeuger erstmals am Mittwoch wieder Hürdentraining gemacht. "Ich bin irrsinnig froh, dass ich schmerzfrei laufen konnte. Das war natürlich in den vergangenen Tagen nicht optimal, aber ich habe versucht, ruhig zu bleiben."

Die drei Semifinali der Top-24 und das Finale gehen bereits am Freitag in Szene. Schrott läuft im ersten Halbfinallauf auf Bahn drei (13.25 Uhr MESZ), Gegnerinnen sind u.a. die Jamaikanerin Danielle Williams und die US-Amerikanerin Dawn Harper Nelson. Die jeweils ersten Zwei und die weiteren zwei Zeitschnellsten steigen auf. Vorlaufschnellste war Brianna Rollins (USA/12,67) vor Tiffany Porter (GBR/12,73).

Saison-Bestleistung möglich

Schrott peilt die Verbesserung der Saisonbestleistung von 12,92 an. "Für morgen ist eine Saison-Bestleistung durchaus im Bereich des Möglichen. Den Start muss ich besser hinkriegen!"

Ausgeschieden ist mit Gerhard Mayer hingegen auch der zweite österreichische Diskuswerfer, er war verletzt angetreten und kam bei seinem einzigen gültigen Versuch auf 57,73 Meter und wurde 30. Lukas Weißhaidinger kam auf Gesamtrang 20.