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Leichtathletik-WM: Was war hot und was not?

Leichtathletik-WM: Was war hot und was not?

Es war ein Feuerwerk an Spitzenleistungen.

Ein Potpourri an Skurrillem, Kuriosem, Spannendem und Tragischem.

Die 15. Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking hielt, was sie versprach: Beste Unterhaltung in 47 Wettkämpfen.

Von Usain Bolts beeindruckender Rückkehr an die Weltspitze über Dafne Schippers märchenhafte Entwicklung über Pawel Fajdeks irre Taxi-Fahrt bis hin zu einem Hürdensprinter, der sein Aus nicht akzeptieren wollte.

Was war "hot", was "not"? Wir lassen die WM noch einmal Revue passieren:

 

 ASHTON EATON

Zwei Jahre lang wartete die Szene darauf, dass der Olympiasieger wieder einen Zehnkampf bestreitet. In Peking kehrte der US-Amerikaner zurück. Und wie! Mit neuem Weltrekord von 9.045 Punkten kürte sich Ashton Eaton wie schon vor zwei Jahren zum Weltmeister.

 

 TYSON GAY

2007 wurde er Dreifach-Weltmeister, 2009 lief er die 100 Meter in 9,69 Sekunden, 2013 wurde er als Dopingsünder überführt. Der 33-jährige US-Amerikaner wollte in China wieder für sportliche Highlights sorgen, ging aber leer aus. Nur Rang sechs über 100 Meter, in der Sprint-Staffel wurden er und seine Landsleute disqualifiziert.

 USAIN BOLT

Er kam, sah und siegte. Schon wieder. Nach einer bis zur WM äußerst durchwachsenen Saison galt er als Außenseiter, doch mit dem Sieg über 100 Meter war der "alte" Bolt neu geboren und wieder voller Selbstvertrauen. Gold über 200 Meter und mit der Staffel folgten, mit nunmehr elf WM-Titeln ist er die klare Nummer eins der ewigen Bestenliste. Selbst ein Fotograf, der ihn mit einem Segway über den Haufen fuhr, konnte ihm nichts anhaben.

 

 RENAUD LAVILLENIE

Es ging nicht darum, ob er gewinnen würde, sondern darum, mit welcher Höhe. Der Franzose war haushoher Favorit im Stabhochsprung und wollte endlich auch bei Weltmeisterschaften am obersten Podest stehen. Am Ende blieb ihm mit übersprungenen 5,80 m "nur" Bronze - das Warten auf die erste WM-Goldmedaille geht für den 28-Jährigen weiter.

 

 DAFNE SCHIPPERS

Dafne, wer? Vor der WM war die Niederländerin allgemein Sportinteressierten wohl kaum ein Begriff. Mit Ende der Titelkämpfe sollte sie jeder kennen. Die einstige Siebenkämpferin spezialisiert sich vorwiegend voll auf die 100 und 200 Meter - mit Erfolg. Silber über 100 ließ sie sogar Gold über 200 folgen. Den WM- und Europarekord nahm sie dabei fast im Vorbeigehen mit.

 

 KENIAS SÜNDER

Ausgerechnet Kenianer. Nachdem eine ARD-Dokumentation vor wenigen Wochen kein gutes Licht auf Kenias Leichtathletik-Stars warf, wurden auch noch zwei von ihnen in Peking des Dopingmissbrauchs überführt. Koki Manunga (400 m Hürden) und Joyce Zakary (400 m) wurden umgehend vom ebenfalls ins schiefe Licht gerückten Weltverband suspendiert.

 

 SHELLY-ANN FRASER-PRYCE

Sie ist 1,52 Meter klein, sportlich aber eine der Größten. Die Jamaikanerin gewann solo und mit der Staffel Gold über 100 Meter und schraubte weiter an ihrem Denkmal. Die 28-Jährige hält mittlerweile bei zwei Olympiasiegen und sieben WM-Titeln. Aufgefallen wäre das "Blumenmädchen" aufgrund ihres Kopfschmucks aber auch ohne Topleistungen.

 

 DISKUS-DUO

In Schwechat nutzten sie die Gunst der Stunde und warfen jeweils über 67 Meter. In Peking hatten sie den Wind nicht auf ihrer Seite und schieden in der Qualifikation aus. Für Lukas Weißhaidinger (Platz 20) und Gerhard Mayer (Rang 30) war im Diskus-Bewerb nichts zu holen.

 JENNIFER WENTH

Aus österreichischer Sicht hielten sich die Highlights in Grenzen. Stark präsentierte sich Jennifer Wenth, der über 5.000 Meter überraschend der Einzug ins Finale gelang. Dort ging ihr allerdings die Puste aus. Ihr 15. (und letzter) Platz war dennoch das Höchste der Gefühle aus ÖLV-Sicht.

 

 GATLINS PK

Es mutete seltsam an, als Justin Gatlin nach Silber über 100 m bei der Pressekonferenz gefragt wurde, ob Bolts Sieg einer für den sauberen Sport war. Noch seltsamer war jedoch die Reaktion des US-Amerikaners. "Ich bin dankbar für diese Frage", respondierte er. Auf Nachfrage, ob er nicht konkreter werden könnte, meinte er lapidar: "Ich bin ganz konkret dankbar."

 

 HOCHSPRUNG-KRIMI

Das Herren-Finale war zwar nicht hochklassig, aber ungemein spannend. Mit Derek Drouin (CAN), Lokalmatador Guowei Zhang (CHN) und Titelverteidiger Bohdan Bondarenko (UKR) qualifizierten sich drei Athleten für das Stechen, das man heute nur noch ganz selten zu sehen bekommt. In diesem rissen zunächst alle die Hürde von 2,36 m, ehe Drouin als einziger die 2,34 m überwand. Seinen Kontrahenten blieb immerhin Silber.

 

 RONNIE ASH

Ein Frühstart wurde dem US-Hürdensprinter zum Verhängnis, die Disqualifikation war die logische Folge. Nicht so für Ash, der sich partout nicht von der Tartanbahn verabschieden wollte und den Rennablauf verzögerte. Erst nach eindringlichem Auffordern seitens der Veranstalter und viel Geduld mit dem Sturkopf räumte er das Feld. Bei langjährigen Leichtathletik-Fans wurden Erinnerungen an Jon Drummond ("I did not move") wach ...

 

 Katarina Johnson-Thompson

Es hätte ihre WM werden können und endete in einem sportlichen Desaster. Die Britin war drauf und dran, die Führung im Siebenkampf zu übernehmen, als sie in ihrer Paradedisziplin, dem Weitsprung, dreimal übertrat. Eigentlich ein "NOT" in unserer Kategorie, doch Johnson-Thompson setzte den Wettkampf fort und beendete den 800-Meter-Lauf. So viel Sportsgeist gehört mit einem "HOT" belohnt.

 

 DER GENERALVERDACHT

Ob Bolts phänomenale Rückkehr, Schippers' Leistungsexplosion oder diverse weitere Bestleistungen: Die Leichtathletik wird den Schatten des Dopings nicht los und muss sich wohl auch in den nächsten Jahren immer wieder mit Vorwürfen, Unterstellungen und leider auch weiteren Dopingfällen auseinander setzen.


Christoph Nister

 JULIUS YEGO

85,40 Meter. Dort stand die Bestweite des Kenianers im Speerwurf vor Saisonbeginn. Binnen weniger Wochen steigerte er sie bis auf 91,39 Meter, ehe er bei der WM - im wahrsten Sinne des Wortes - zum ganz großen Wurf ausholte. 92,72 Meter bedeuteten Afrika-Rekord für den 26-Jährigen, der zugleich die drittgrößte Weite aller Zeiten erzielte. Damit ging Gold in dieser Disziplin zum zweiten Mal nach 1997 (Marius Corbett) an einen afrikanischen Athleten.

 

 FAJDEKS TAXI-FAHRT

Es war der Lacher der WM: Pawel Fajdek gönnte sich nach seinem WM-Titel im Hammerwurf das eine oder andere Gläschen zu viel und bezahlte die Taxi-Fahrt in sein Hotel doch glatt mit der eben errungenen Goldmedaille. Tags darauf stellte er schockiert seinen Fauxpas fest. Mithilfe der Polizei wurde der Lenker ausfindig gemacht, der Pole bekam sein Edelmetall zurück.

 

 MO FARAH

Man sollte ihn "King Mo I." nennen, denn der in Somalia geborene Brite ist der unangefochtene Superstar der Langstrecke. Gold über 5.000 und 10.000 Meter - schon wieder. Für den 32-Jährigen ist es bereits das fünfte Double nach Barcelona 2010 (EM), London 2012 (Olympia), Moskau 2013 (WM) und Zürich 2014 (EM).

 

 MOLLY HUDDLE

Wer sich zu früh freut, den bestraft das Leben. Molly Huddle riss im 10.000-m-Lauf der Damen im sicheren Glauben, Bronze gewonnen zu haben, die Arme nach oben. Blöd nur, dass der dritte Platz alles andere als eingebettet war. Landsfrau Emily Infeld schlich sich klammheimlich heran und spurtete auf den letzten Metern an ihrer US-Teamkollegin vorbei zur Medaille.