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"Bolt hat eine Grenze überschritten"

Einmal ist keinmal.

Ein Ausrutscher wird schnell verziehen, zwei darf sich auch ein Usain Bolt nicht erlauben.

Nur mit einem Titel kann sich der Jamaikaner in Daegu rehabilitieren. Alles andere als die WM-Goldmedaille über 200 m (Vorläufe und Halbfinale am Freitag, Endlauf am Samstag) wäre für den Olympiasieger und Weltrekordler ein Debakel.

Nach dem Fehlstart über 100 m und der verpassten Titelverteidigung wird er wesentlich konzentrierter an die Sache rangehen, glaubt Österreichs Leichtathletik-Sportdirektor Hannes Gruber.

"Eine Grenze überschritten"

Das permanente Kommunizieren und Spielen mit dem Publikum, wie es Bolt immer vor dem Start macht, wird man, wenn überhaupt, dann wohl nur in reduziertem Ausmaß sehen.

"Das ist kein normales Aufwärmen, das er macht. Ich glaube, dass er unglaublich auf Lockerheit setzt, das hat er in Berlin schon gezeigt. Aber alles, was mit Lockerheit zu tun hat, hat seine Grenze. Diese Grenze hat er überschritten, die anderen schlafen auch nicht", sagte Gruber im Gespräch mit der APA.

Aus Missgeschick lernen

Man müsse beim Start einfach hochkonzentriert sein, führte Gruber weiter aus, denn: "Es gibt ja nicht nur die Gegner, sondern auch das Regulativ, das dich zu Konzentriertheit zwingt. Ein Fehlstart ist schneller gemacht als geglaubt", gab er zu bedenken.

Der Sportdirektor ist aber überzeugt, dass Bolt aus der Sache gestärkt herausgehen wird.

"Das glaube ich absolut. Es ist wichtig, dass er dieses Erlebnis gemacht hat. Dass er realisiert, dass er nicht dieser Überdrüber-Superstar ist, der über allen Dingen steht."

Aushängeschild der WM

Bolt müsse nun den Beweis liefern, dass es gerechtfertigt war, die ganze WM auf ihn aufzuhängen.

Überall in der Stadt sieht man Bolt und die auch in Asien so beliebte russische Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa.

Sie lächeln von Plakaten und zieren als lebensgroße Aufsteller in diversen Posen die überfüllten Einkaufsstraßen.

Favoritenrolle noch klarer

Über 200 Meter hält Bolt die Jahresweltbestzeit in 19,86 Sekunden, neben ihm war in dieser Saison nur Landsmann Nickel Ashmeade unter 20 Sekunden geblieben (19,95).

Drittstärkster war der US-Amerikaner Walter Dix, der bereits 100-m-Silber hat, in 20,02.

Bolt steht aufgrund des 100-m-Vorfalls zwar psychisch unter enormer Belastung, weil einmal mehr die ganze Sport-Welt auf ihn blicken wird, aufgrund seiner heuer über die doppelte Distanz gezeigten Leistungsmöglichkeit ist der 25-Jährige trotzdem klar zu favorisieren.

Blake setzte Bolt unter Druck

"Über 200 m hat er mehr Spielraum, über 100 Meter war da nicht so viel. Blake war die ganze Zeit hier im Training sehr stark", so Gruber.

"Blake und Bolt waren ähnlich stark, das haben die Trainer im Athletendorf bestätigt. Bolt wusste, er muss sehr viel riskieren, so deutlich überlegen wie in Berlin war er bei weitem nicht."

Bei der WM 2009 hat Bolt drei Goldmedaillen gewonnen und zwei Weltrekorde aufgestellt - und alles sah so einfach aus.

Neuerlicher Fehlstart unwahrscheinlich

Nach dem Fehlstart und der Disqualifikation war Bolts jüngerer Trainingspartner Yohan Blake zu Gold gelaufen.

Ein Fehlstart über 200 m gilt als eher unwahrscheinlich. Denn je länger die Strecke ist, desto weniger perfekt muss der Start sein. Ein Spätstarter Bolt wäre kein Beinbruch. Denn laufen kann er ja, der Bolt.