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LAOLA1 geht mit WM-Starter Vojta auf die Laufstrecke

LAOLA1 geht mit WM-Starter Vojta auf die Laufstrecke

Wie viele Pulsschläge sind das wohl? 170? Nicht ganz. Meine Puls-Uhr zeigt einen Minutenschnitt von knapp unter 160 Schlägen an. Trotzdem heftig.

Das Schnaufen fällt schwer, vom Reden ganz zu schweigen. Was meinen Kreislauf so in Schwung bringt? Laufen. Streng beruflich mache ich allerdings etwas Anderes – nämlich ein Interview.

Mein Nebenmann wirkt da nicht ganz so gequält. Wen wundert’s, schließlich trägt er den Namen Andreas Vojta, ist Österreichs WM-Starter über 1.500 m und hat eine gefühlte Schritt-Länge von drei Metern, was man von mir bei einer Körpergröße von knapp unter 1,70 m (Da drücken wir mal ein Auge zu) nicht behaupten kann.

Der feine Unterschied

Zurück aber zu einer Herzensangelegenheit von mir – und zwar den Pulswerten.

„Wie viel zeigt deine Uhr an?“, frage ich den fast lässig durch die Prater Hauptallee joggenden Leichtathleten. „So an die 120“, schallt es mit entspannter Stimme zurück.

Meinen Blick, der sich aus einer Mischung aus Entrüstung und akuter Sauerstoffnot zusammensetzt, quittiert Vojta mit einem Grinsen: „Aber deine Kondition kann sich ja eh sehen lassen.“ Klang da etwas Sarkasmus durch?

Nicht nur rein äußerlich entspannt

Wenn ich dem 22-Jährigen schon sportlich nicht zusetzen kann, versuche ich ihm zumindest journalistisch auf den Zahn zu fühlen. „Daegu (27. August bis 4. September; Anm.) ist deine erste WM, mit welchen Erwartungen gehst du da rein?“, japse ich mit kurzen Sprechpausen, die wahrlich nicht dazu da sind, um die Spannung zu erhöhen.

Vojta überlegt kurz. „Nervös bin ich deswegen noch nicht, aber das Kribbeln wird in den Tagen vor dem Lauf noch kommen.“

Ernst wird es für den Gerasdorfer am Dienstag. Dann findet nämlich der Vorlauf über 1.500 m statt. „Da werde ich ähnlich wie in das EM-Halbfinale vergangenes Jahr in Barcelona (Endrang elf; Anm.) reingehen. Ich denke, ein WM-Semifinale ist in etwa genauso hoch einzuschätzen, wie ein Einzug in den Endlauf bei einer EM.“

Gewusst wie

Die taktische Marschroute für einen Halbfinal-Coup steht bereits.

„Bei großen Meisterschaften versuchen die Top-Leute oft, Kraft zu sparen, mit möglichst wenig Anstrengung weiterzukommen. Diese meist langsamen Läufe sind sehr unberechenbar. Darin liegt meine Chance.“

Der Vergleich: Vor dem Laufen noch sehr entspannt...

Letztendlich komme es bei der Wahl der Taktik aber immer auch auf den Rennverlauf an. „Aber den Gegnern einfach davonrennen, werde ich nicht können.“ Seine Devise lautet deswegen: Beim Feld dabei bleiben und hellwach sein.

Am Ziel stets festgehalten

Wie die WM letztendlich auch ausgehen mag, für Vojta ist sie bloß eine Zwischenstation. Das übergeordnete Ziel heißt Olympia 2012. Mit dem Limit für Daegu, das er im Juli in Uden in seiner persönlichen Bestzeit von 3:37:82 Minuten gelaufen ist, hat er sich gleichzeitig das Ticket für London gesichert.

Vor ein paar Jahren war dies noch undenkbar. „2008 waren wir in meinem Verein eine Handvoll guter Läufer. Zumindest einer von uns sollte die Olympia-Quali schaffen, haben wir uns damals zum Ziel gesetzt“, erinnert sich Vojta.

Dass er selbst, derjenige sei, dem es dann gelingt, war damals noch nicht abzusehen. “Ich bin bei einer Bestzeit von 3:58 gestanden, also etwa 20 Sekunden über der heutigen Quali-Norm.“

Ein Schluck Spätlese

In den Folgejahren explodierte Vojta förmlich. 2009 war er bereits um ganze elf Sekunden schneller. „Das hat man so nicht erwarten können.“

...und nachher wirke ich dann doch leicht verschwitzt (siehe T-Shirt)

Ein Jahr später folgte der nächste Sprung, der ihn schließlich auch ins EM-Halbfinale hievte und ihn zu Österreichs „Leichtathleten des Jahres“ machte.

Vojta kann deshalb getrost als Motivationshilfe für mittelmäßige Nachwuchssportler genommen werden, denn in den Jugendklassen stach er nie sonderlich heraus. „Offensichtlich bin ich ein Spätentwickler“, bestätigt Vojta.

Dinge, die man nicht tun sollte

Gebannt lausche ich seinen Ausführungen. Allerdings mit aufsteigendem Unbehagen. Ursache ist mein Magen.

Die ungewohnt schnelle Lauferei scheint mein Verdauungsorgan in einen Steinklumpen zu verwandeln. Das hat mir noch gefehlt?! Doch meine Kritik an meinen Innereien hält sich in Grenzen, da mir einfällt, dass ich zu Mittag ein Schnitzel mit Pommes hatte.

Denn Mittwoch ist in der Redaktion „Schnitzeltag“. Darum: Selbst Schuld, Zähne zusammenbeißen und im notfalls Runterschlucken.

Respekt aber keine Autogramme

Mein Magen verlangt nach Ablenkung – am besten mit der nächsten Frage: „Freust du dich schon, vielleicht auf Usain Bolt zu treffen?“

Vojta: „Na klar, was er für die Leichtathletik getan hat, ist unermesslich, aber ich werde jetzt nicht herumlaufen und versuchen, mir Autogramme von ihm oder Bekele zu besorgen.“

Mit Vorbildern hat er es ohnehin nicht so. Nicht einmal auf seinen Strecken. Was auch erklärt, warum er auch für seinen Lauf keinen speziellen „Wunschgegner“ bzw. Lieblings-Nebenmann nennen kann. „Von denen kenne ich kaum jemanden persönlich.“

Hauptsache schnittig

Die unmittelbare Vorbereitung, die er in einem Höhentrainingslager in St. Moritz heruntergespult hat, sei optimal verlaufen.

Doch für den Sturm-Graz-Fan („Beim Gewinn des Meistertitels war ich das bisher einzige Mal im Stadion.“) zählen vor einem wichtigen Wettkampf nicht nur gelaufene Kilometer und spritzige Beine – nein, in Wahrheit kommt es auf die richtige Haarlänge an. Wie bitte?!

„Ja, ich vertrete die These, dass man ohne der richtigen Frisur keine gute sportliche Leistung bringen kann“, meint Vojta mit einem Augenzwinkern. Das Augenmerk liege vor allem auf der Windschnittigkeit.

„Ich habe es noch nie im Windkanal ausgetestet, aber ein paar Hundertstel wird das schon bringen“, schmunzelt er vor sich hin.

„Der eine hat's mit den Schuhen, ein anderer mit der Musik und ich mache es halt mit den Haaren.“ Am liebsten gibt sich Vojta dabei in vertraute Hände. „Ich hab da schon meinen Stamm-Friseur, wo ich meine Extra-Wünsche nicht mehr groß erklären brauche.“

Mehr Sportler als Student

Angesichts seiner Haar-Ticks liegt es auf der Hand, dass sein Facebook-Like „Ich hasse es, wenn mir jemand in die Haare greift“ wörtlich zu nehmen ist.

Auf der anderen Seite würde für ihn ein kleiner Traum in Erfüllung gehen, würde eine Shampoo-Firma beim Leichtathletik-Verband als Sponsor einsteigen. „Dafür wäre ich der richtige Mann“, hofft er lachend.

Wenn der sympathische Heeressportler nicht gerade auf der Laufbahn ackert, dann sitzt er in der Universität. Oder sagen wir, er nimmt es sich zumindest vor.

„Jetzt vor der WM habe ich das Studieren auf die Seite geschoben, damit ich mich voll auf den Sport konzentrieren kann.“ Im Studium der Betriebswirtschaft steckt er deshalb noch in der Eingangsphase. Doch das wird ihm nicht davonlaufen, was bei seinen Gegnern schon eher der Fall sein kann.

Weder PS3 noch Xbox

Für eine Freundin - „Momentan bin ich solo“ - oder aufwendige Hobbies bleibt da nur noch kaum Zeit. Computerspiele haben es ihm aber angetan.

Bei der Gretchen-Frage, Playstation oder Xbox, negiert er: „Nein, am liebsten zocke ich auf dem PC.“

Und welches Genre? Ego-Shooter? „Ich bin jetzt nicht so der Typ, der nach Mitternacht noch Kopfschüsse verteilt. Meine Droge sind deshalb Fußball-Manager-Spiele.“

Eine zu große Klappe

Meine Lunge und meine Beine brennen um die Wette. Doch das ist jetzt egal, denn nach knapp neun Kilometern und rund 40 Minuten ist Schluss. Gott sei Dank! Meine Beine und Lungenflügel vollführen Luftsprünge, wenn sie dies noch könnten.

„Das war ideal für mich, weil mein Trainingsplan für heute eh lockeres Auslaufen vorgesehen hat“, freut sich Vojta.

Wieder bei Luft, packe ich mein gönnerhaftes Lächeln aus: „LAOLA1 hilft doch gern bei der WM-Vorbereitung. Also wenn du wieder etwas brauchst, melde dich einfach!“

Vojta: „Na wenn das so ist: Morgen steht eine schnelle Einheit auf dem Programm.“

Verdammt!

 

Reinhold Pühringer