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Quellmalz ist weg: "Gab etliche Hochs und Tiefs"

Quellmalz ist weg:

Judo-Österreich braucht einen neuen Teamchef.

Denn Udo Quellmalz ist Geschichte. Dass die Ära des gebürtigen Leipzigers nach den Sommerspielen in London ein Ende nimmt, ist allerdings keine Überraschung. Aufgrund der Wirren im heimischen Verband – Hans-Paul Kutschera wurde erst in einem zweiten Wahlversuch als Präsident wiedergewählt – waren dem Vorstand in Sachen Trainer-Bestellung bislang die Hände gebunden.

Quellmalz kam seinem drohenden Schicksal zuvor und erzielte im Rahmen der österreichischen U23-Meisterschaften in Imst Ende September eine einvernehmliche Trennung.

„Ich sehe es als Privileg, dass ich hier arbeiten durfte“, kommentiert der stets besonnene Deutsche das Ende seiner Schaffenszeit, die mit dem Gewinn der Olympischen Silber-Medaille durch Ludwig Paischer in Peking ihren Höhepunkt hatte. Dazu fallen noch zwei WM-Medaillen und drei EM-Titel in seine Ära.

Via Paischer nach Österreich

Auf die Frage nach seiner persönlichen Bilanz will Quellmalz aber nichts schönfärben. „Es gab etliche Hoch und Tiefs sowie Situationen, wo es nicht so gelaufen ist, wie ich mir das vorgestellt hatte“, erklärt der Olympiasieger von 1996, den es aus privaten Gründen nun nach Katar zieht.

Den Weg nach Österreich fand der früher in England tätige Trainer über Ludwig Paischer. Auf der Insel betreute er mit dem mittlerweile zurückgetretenen Craig Fallon den Erzrivalen des Salzburgers. Auf dem Weg zu Silber in Peking schaltete Paischer den Briten im Viertelfinale aus. Unter den wohlwollenden Blicken von Quellmalz, der damals schon auf der Seite des Österreichers am Mattenrand saß.

Zwischen Peking und London erfolgte aber ein Bruch mit Paischer, der in Folge auf Taro Netzer vertraute, was wiederum die Position des Deutschen innerhalb des Verbandes schwächte.

Haben aufgrund der geringen Größe Österreichs die rar gesäten Top-Athleten mehr Macht als ein vergleichsweise leicht austauschbarer Nationaltrainer? „Ich würde nicht sagen Macht, aber es ist schon so, wenn du kaum ernsthafte Konkurrenz im eigenen Land hast. Sicher ist es bei mehreren fast gleichwertigen Athleten zu sagen: Na gut, wenn nicht, dann nehme ich eben die Nummer zwei oder drei mit“, meint Quellmalz und spinnt den Gedanken auch bei der Beschickung der Großereignisse weiter. „Anstatt einen Athleten zur EM und einen anderen zur WM zu schicken, muss in Österreich versucht werden, einen Sportler auf zwei Höhepunkte hinzutrimmen.“

Müßig zu erwähnen, dass sich das nicht immer förderlich auf den Formaufbau auswirkt.

Wenige Athleten

Eine Kritik, mit der Quellmalz in Österreich sehr oft konfrontiert wurde: Er kümmere sich nur um sehr wenige Athleten. Etwas, das er nicht abstreitet.

„Gerade bei gestandenen Leuten, die schon große Erfahrung haben, muss man nicht jeden Schritt vorgeben. Da geht es vielmehr darum, dass man schaut, wie der Stand ist und was man noch machen kann.“ Hinzu komme auch, dass jeder Sportler Hilfestellungen des Trainers verschieden annehme.

„Aber den Athleten, mit denen ich eng zusammengearbeitet habe, habe ich schon Dinge weitergeben können.“ Dies bezieht sich vor allem auf Sabrina Filzmoser, die er auch bei den Spielen in London betreut hat, während Paischer und Hilde Drexler von Netzer bzw. Klaus-Peter Stollberg gecoacht wurden.

Förderung der „starken Zellen“

Aufgrund seiner tiefen Einblicke in Judo-Systeme anderer Nationen kann Quellmalz die Charakteristika des österreichischen sehr genau bestimmen. „Österreich zeichnet sich durch eine dünne Spitze aus, die über viele Jahre Top-Ergebnisse erzielt. Dafür, dass so wenige ganz vorne mitmischen können, kommen überdurchschnittlich viele Medaillen raus.“

Quellmalz mischte im Training stets gerne selbst mit

Diese Spitze zu verbreitern sei laut ihm aufgrund der vergleichsweise überschaubaren Mitgliederzahlen aber ein schwieriges Unterfangen. Die Bundessport-Organisation zählte 2011 22.209 eingetragene Mitglieder in 199 Vereinen. „Von daher ist es schon ein bisschen ein Wunschdenken.“

Doch wo muss der Hebel angesetzt werden? „Ein absolutes Wunderrezept gibt es nicht. Es wäre vermessen von mir zu sagen, das ändern wir jetzt und dann ist alles um 20 Klassen besser“, ist sich Quellmalz vollauf bewusst, dass es in Österreich wohl nie ein japanisches System mit unzähligen Budo-Universitäten geben wird. „Eine sportliche Infrastruktur in dieser Form ist hier einfach nicht möglich.“

In Österreich existieren stattdessen einige leistungsstarke Zellen bzw. Vereine. „Es ist wichtig, diese zu fördern, um dort die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Sie müssen auch in Zukunft stark miteinbezogen werden, da es auch in finanzieller Hinsicht nur mit der Unterstützung der Klubs sowie der Landesverbände gehen wird.“

Die Streitfrage, ob eine Zentralisierung für einen Aufschwung sorgen würde, sieht  Quellmalz ambivalent. „Das gibt es Vor- und Nachteile. Wenn die Top-Leute ständig zusammen trainieren, ist zwar der Level höher, aber auf der anderen Seite ist das auch immer mit zusätzlichen Kosten verbunden. Alles einfach zusammenfassen, dann wird auch nicht alles gut.“

Rohrauer winkt ab

In der Frage, wer Quellmalz nachfolgt, gibt es bislang nichts Konkretes. An den Gerüchten rund um Hubert Rohrauer ist nichts dran. „Nein, ich habe das lange genug gemacht“, winkt der sportliche Ziehvater von Claudia Heill auf Nachfrage ab.

Vieles deutet auf Marko Spittka hin. Der Deutsche verdiente sich zuletzt mit zahlreichen internationalen Medaillen mit Österreichs Junioren seine Sporen.

Der ÖJV hält sich in der Trainerfrage bislang bedeckt. Zumal sich der mit drei zusätzlichen Vize-Präsidenten umformierte Vorstand erst ausrichten muss. Derzeit wird gerade an einem Konzept gebastelt, das Anfang November fertig sein soll. Vielleicht weiß man dann auch schon mehr darüber, wer in die Fußstapfen von Quellmalz tritt.

Reinhold Pühringer