news

Eine Judo-EM mit Trostpflaster

Eine Judo-EM mit Trostpflaster

Österreichs Judoka kehren zwar ohne Medaille von der EM in Chelyabinsk (RUS) heim, dennoch haben sie eine Auszeichnung im Gepäck.

Bernadette Graf (bis 70 kg) wird am Rande der Titelkämpfe vom europäischen Verband (EJU) als größtes Damen-Talent ausgezeichnet.

Die Innsbruckerin holte im vergangenen Jahr Gold bei U20-Europa- sowie -Weltmeisterschaften. In Chelyabinsk scheiterte die 19-Jährige leider bereits in der ersten Runde.

Als beste Judoka werden Teddy Riner (FRA) und Gevrise Emane (FRA) geehrt.

Drexler ist qualifiziert

Die Auszeichnung ist für das ÖJV-Team nach der ernüchternden EM ein Trostpflaster, blieb man doch erstmals seit 1999 ohne Edelmetall.

Ludwig Paischer war mit Platz fünf allerdings knapp dran. Zudem konnte neben den bereits fix qualifizierten Paischer und Sabrina Filzmoser nur Hilde Drexler ein Olympia-Ticket lösen.

Die Wienerin ergatterte einen kontinentalen Startplatz. Spekulieren wollte sie vor der EM noch nicht. "Ich habe das ganz von mir weggeschoben. Mein Ziel war, bei der EM gut zu kämpfen, was leider nicht der Fall war", meinte die 28-Jährige, die in der ersten Runde der Klasse bis 63 kg gegen Ramila Yusubova (AZE) ausschied.

"Seit meinem Kampf habe ich mir immer gedacht: Hoffentlich haben wir uns nicht verrechnet."

Endgültige Gewissheit wird es nach Aktualisierung der Weltranglisten in den kommenden Tagen geben.

Bereits vor EM verspielt

Dass ein vierter London-Starter schwer werden würde, hatten Sportler und Verantwortliche bereits vor Chelyabinsk gewusst. Die Ausgangslage vor der EM hatte sich für Peter Scharinger und Max Schirnhofer bereits zugespitzt, womit der Schluss nahe liegt, dass die Quali nicht erst bei der EM, sondern in den zwei Jahren zuvor verspielt wurde.

Bei Scharinger fehlten bei den punktestarken Turnieren die Ausreißer nach oben. Bei Grand Slams oder Grand Prixs überstand der Mühlviertler oftmals die eine oder andere Runde, flog vor den richtig „fetten“ Runden aber zumeist aus dem Turnier.

Somit kamen beim 26-Jährigen, der bereits ankündigte, es mit Hinblick auf Rio 2016 noch einmal wissen zu wollen, viele gleichwertige, aber in Summe zu niedrige Ergebnisse in die Wertung.

Schirnhofer lag vor einem Jahr noch sehr gut im Olympia-Rennen, in den darauffolgenden zwölf Monaten, deren Ergebnisse zu 100 Prozent (die im Jahr davor nur zu 50 Prozent) gezählt werden, wurde er durch Verletzungen sowie einem kleinen Motivationsloch aus der Bahn geworfen.

Noch Luft nach oben

Die drei London-Starter zeigten sich bei der EM noch nicht in Olympia-Form. Doch genau aufgrund der Ausrichtung auf den Saison-Höhepunkt kann das Abschneiden in Westsibirien nicht auf die Gold-Waage gelegt werden.

Paischer wirkte nach seinem fünften Platz sehr zuversichtlich. "Ich bin wieder da!", verkündete der Salzburger, der sich sogar auf Augenhöhe mit Größen wie etwa Georgiy Zantaraya, dem er im Viertelfinale mit Waza-ari unterlegen war, sah.

Dem Weltranglisten-Dritten aus der Ukraine war allerdings anzumerken, dass er wie anderen Matten-Kapazunder die EM eher nebenher mitnahm.

Dem Optimismus Paischers tat das keinen Abbruch, was wahrscheinlich besser so ist, benötigt der 31-Jährige doch laut Aussagen seines Trainers Taro Netzer ohnehin dringend ein Erfolgserlebnis. Die Frage, die sich aufdrängt: Reicht dazu ein fünfter Platz aus?

"Zähle zu den Medaillen-Favoriten"

Lupos Aussagen lassen zumindest darauf schließen. "In London gibt es wie immer an die zehn Medaillen-Favoriten, zu denen zähle ich mich auch", meinte der Silberne von Peking bei "Sport am Sonntag".

Bleibt nur zu hoffen, dass die selbstbewussten Worte nicht nur Mittel zum Zweck sind, sondern tatsächlich aus dem Unterbewusstsein des zweifachen Europameisters kommen. Apropos EM-Gold: Seine beiden EM-Titel holte er 2004 und 2008, also jedesmal vor Olympischen Spielen.

Filzmoser scheint derzeit die Sicherheit im Wettkampf zu fehlen, die sie vor einem Jahr so ausgezeichnet hat. Drexler benötigt nach ihrer langen Verletzungspause noch Praxis.

Reinhold Pühringer