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Den Klitschko-Brüdern gehen die Gegner aus

Den Klitschko-Brüdern gehen die Gegner aus

Während der Verlierer seine weinende Tochter tröstete, brachte der Weltmeister seinem legendären Trainer Emanuel Steward ein Geburtstagsständchen dar.

Wladimir Klitschko war Samstagnacht zum Singen zumute, Tony Thompson eigentlich nur noch zum Aufhören. "Wenn ich den Champion nicht schlagen kann, was soll das Ganze dann noch?", fragte sich der US-Boxprofi zu später Stunde in Bern.

Volle Kontrolle bei Klitschko

Denn auch im zweiten Anlauf auf den Weltmeister-Thron im Schwergewicht war er an Wladimir Klitschko gescheitert. Vor 24.000 Zuschauern war er im Stade de Suisse in der sechsten Runde k.o. gegangen. Vor vier Jahren in Hamburg hatte er immerhin noch elf Runden gegen den Ukrainer durchgehalten.

"Dieses Mal war es viel einfacher. Ich hatte die Kontrolle", betonte WBA-, IBF und WBO-Champion Klitschko nach seinem 58. Sieg im 61. Profikampf. "Ich wusste, dass ich schneller, stärker, besser bin. Tony wollte es unbedingt. Aber es war nicht seine Nacht."

Vier Runden lang suchte der 36-jährige Weltmeister nach der richtigen Distanz zum Gegner. Als er sie fand, war Thompsons Widerstand gebrochen.

"Einer der Besten aller Zeiten"

Eine mächtige Links-Rechts-Kombination schickte den 40-jährigen Amerikaner in der fünften Runde zu Boden. Nach weiteren Treffern im folgenden Durchgang zählte Ringrichter Sam Williams aus den USA den Herausforderer aus.

"Wladimir hat durch seine überragende Physis gewonnen", konstatierte Emanuel Steward. Klitschkos Trainer feierte am Ring seinen 68. Geburtstag - und zog Bilanz: "Ich habe fünf Schwergewichts-Weltmeister trainiert. Wladimir wäre für jeden Champion der Geschichte eine Gefahr gewesen. Wenn wir uns seinen Rekord anschauen, ist er einer der Besten aller Zeiten."

Keine Gegner für Wladimir

Steward weiß aber auch um das Dilemma seines Schützlings. Seine ehemaligen Boxer Mike Tyson, Evander Holyfield und Lennox Lewis hatten Gegenspieler, mit denen sie für unvergessliche Ringschlachten sorgten. Gegner, die sie groß machten. Wladimir Klitschko hat dagegen nur Herausforderer wie Thompson, die an der WM-Chance wohl vor allem die Gage reizt.

Und der einzige WM-Gürtel, den Klitschko sich bisher nicht im Ring erkämpft hat, ist dennoch im Familienbesitz. Den WBC-Titel verteidigt sein vier Jahre älterer Bruder Vitali am 8. September in Moskau gegen den Deutschen Manuel Charr.

Nur wenn Witali im Anschluss wegen seiner politischen Ambitionen das Boxen aufgeben sollte, könnte Wladimir um den letzten verbliebenen Titel kämpfen.

Wladimir feiert den 58. Sieg im 61. Kampf

Zwei Klitschko-Verlierer im Ring

Bis dahin muss sich Klitschko den Gegnern stellen, die er in der Weltrangliste vorfindet - auch wenn er sie schon einmal besiegt hat. Thompson hatte sich nach dem ersten Duell mit fünf Siegen in Folge zum Pflichtherausforderer der IBF zurückgekämpft.

Sollte am kommenden Samstag Dereck Chisora in London gegen seinen Landsmann David Haye gewinnen, wäre der Brite eine Option für Klitschkos nächsten Kampf im November oder Dezember in Europa.

Aber sowohl Chisora (Vitali) als auch Haye (Wladimir) sind schon an den Klitschkos gescheitert. "Zwei Klitschko-Verlierer wollen wissen, wer ist der Stärkste?", lautete deshalb der etwas abfällige Kommentar von Vitali Klitschko.

Mehr Geld in Europa

Für das kommende Jahr bastelt Klitschkos Manager Bernd Bönte an Duellen gegen die bisher unbesiegten Briten David Price und Tyson Fury. "Das wären Riesenkämpfe für 2013", meinte Bönte.

Ein Angebot, zum ersten Mal nach vier Jahren wieder in den USA zu kämpfen, schlugen Klitschko und Bönte dagegen aus, denn für den Weltmeister gibt es in Europa mehr Geld zu verdienen. Es fehlt schließlich ein schlagkräftiger US-Herausforderer. Und seit Samstagnacht gibt es wieder einen weniger.