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"Außen wartet, in der Mitte gestaltet man"

Zlatko Junuzovic war 2011 einer der überragenden Akteure der heimischen Bundesliga.

Nicht umsonst wählten sowohl Trainer, Manager und Präsidenten, als auch die Spielergewerkschaft den Austrianer im Sommer zum Spieler der Saison 2010/11.

Und auch im Herbst konnte der 24-Jährige durch starke Leistungen überzeugen. Obwohl er nicht mehr in der von ihm bevorzugten Zentrale zum Einsatz kommt.

„Außen wartet man auf eine Aktion, in der Mitte kann man sie selbst gestalten“, sagt der 16-fache Internationale.

Werder ist dran

Junuzovic hat sich auch in diesem Jahr wieder in die Notizbücher der Scouts gespielt. Aktuell ist der Kreativspieler das Thema im heimischen Fußball, soll doch Werder Bremen vor der Verpflichtung der Offensivkraft stehen.

Noch vor seinem verdienten Winterurlaub, dem Trainerwechsel bei der Austria und dem Aufkommen der Werder-Gerüchte traf LAOLA1 Zlatko Junuzovic zum Interview.

In diesem lässt der FAK-Profi das Jahr Revue passieren, verrät, wann ihn die Medien nerven, wie er mit der Verantwortung umgeht und warum er die Kritik an Didi Constantini teilweise als unfair empfand.

LAOLA1: Du hast in diesem Jahr 54 Pflichtspiele bestritten. Wie anstrengend war 2011?

Zlatko Junuzovic: Das ist eine unglaubliche Zahl. Ich glaube nicht, innerhalb eines Jahres jemals so viele Spiele gemacht zu haben. Natürlich hat man Spaß dabei, wenn man immer spielt. Aber am Ende des Jahres spürt man schon die müden Knochen. Vor allem im Kopf ist man nicht mehr so frei und konzentriert wie am Anfang.

LAOLA1: Wie schwer ist es, sich trotzdem täglich zu motivieren?

Junuzovic: Körperlich kann man schon immer wieder über den inneren Schweinehund drübergehen. Mental ist es problematisch. Das fängt schon beim Aufstehen an und geht auch ins Privatleben über. Wenn man müde ist, ist man nur daheim und versucht sich zu erholen. Viel unternommen wird da nicht mehr.

LAOLA1: Jedem normalem Arbeitnehmer stehen innerhalb eines Jahres 25 Urlaubstage zu. Auf wie viele kommst du?

Junuzovic: Es waren 2011 im Sommer nach dem Nationalteam vier Tage, die ich frei hatte. Dann war das 100-Jahr-Spiel gegen die Figo-Allstars und anschließend hatte ich noch zwei Tage frei. Insgesamt waren es also sechs Tage. Wirklich abschalten konnte ich nicht.

LAOLA1: Wie fällt deine sportliche Jahresbilanz aus?

Junuzovic: Sehr positiv. 2010 ist mir relativ viel gelungen, ich bin überraschend Fußballer des Jahres geworden. 2011 musste ich das bestätigen, da wurde noch mehr von mir verlangt. Von den Leistungsdaten her übertrifft 2011 das Vorjahr – von den Toren und Assists her. Aufgrund dessen, dass ich nicht meine Lieblingsposition spiele, bin ich zufrieden. Ich spiele lieber in den Zentrale, wo ich das Spiel mitgestalten kann. Jetzt bin ich aber auf der Außenbahn.

"Gegen die Ukraine erkannte man ein System"

LAOLA1: Wie hast du die Phase im Frühjahr, als andauernd neue Transfergerüchte aufgetaucht sind, erlebt?

Junuzovic: Das war irgendwie schon langweilig. Jede Woche ist ein neues Gerücht aufgetaucht und ich wurde dazu befragt. Für mich war das schwierig. Was soll ich sagen? Ich habe jedes Mal das gleiche gesagt: Da ist nichts dran, ich habe mit niemandem Gespräche geführt. Trotzdem sind jede Woche die gleichen Fragen gekommen. Irgendwann zipft dich das an. Es ist einfach langweilig, sich immer wieder zu wiederholen. Mittlerweile kann ich damit besser umgehen, es besser einordnen, damals war es Neuland für mich.

LAOLA1: 2011 war das Jubiläumsjahr der Austria. Was ist dir in besonderer Erinnerung geblieben?

Junuzovic: Für uns Spieler war das Spiel gegen die Figo-Allstars ein besonderes Highlight, das hat viel Spaß gemacht. Auch die Gala war toll. Legenden wurden geehrt und wir waren mittendrin. Wir spielen für einen Traditionsverein und jeder Spieler weiß auch zu schätzen, wo er ist. Wir genießen, wo wir spielen und sind in gewisser Weise auch stolz darauf.

LAOLA1: Hast du die Austria heuer noch einmal besser kennengelernt?

Junuzovic: Sicher. Man lernt viel von der Geschichte. Normalerweise kriegt man ja jetzt von Spielern wie Matthias Sindelar nichts mehr mit. Diese Geschichten hört man sich gerne an. Da wird einem erst richtig bewusst, dass man bei einem ganz großen Verein ist. Es gibt wenige Vereine in Österreich, die diesen Stellenwert haben.

LAOLA1: Kommen wir zum Nationalteam: Überrascht es dich, dass Didi Constantini nicht mehr Teamchef ist?

Junuzovic: Natürlich waren die Erfolge nicht so da, wie wir uns das gewünscht hätten. Aber wir hatten immerhin Spiele dabei, die uns so keiner zugetraut hätte. Aber in der heutigen Zeit ist es ganz normal, dass ein Wechsel vollzogen wird, wenn die Erfolge ausbleiben. Ich hoffe, dass die Zukunft positiver aussieht. Gegen die Ukraine konnte man schon ein gewisses System erkennen.

LAOLA1: Hast du die teilweise sehr harte Kritik an Constantini als unfair empfunden?

Junuzovic: Ja, schon. Es haben einige Aussagen einfach nicht gepasst. Man muss als Experte oder Journalist ein gewisses Gefühl dafür entwickeln, dass man die Situation besser kennt, versteht, was da passiert. Einige reden nur blind drauf los. Und deren Aussagen zählen dann sehr viel. Da wird man teilweise ungerecht behandelt. Aber ohne Erfolge ist es schwer, dagegen zu reden.

LAOLA1: Auch nach der Bestellung von Marcel Koller waren einige sehr kritische Stimmen zu hören. Wie hast du das empfunden?

Junuzovic: Das waren zum Beispiel solche unfairen Aussagen. Jeder hat seine Meinung und kann diese auch kundtun. Aber trotzdem muss man erst einmal abwarten, was passiert. Im ersten Moment kann keiner wissen, ob sich ein Wandel zum Positiven oder zum Negativen vollzieht. Ich finde es ungerecht, im Vorhinein zu sagen, dass das nicht funktioniert. Man muss sich seine Meinung erst einmal bilden.


Das Gespräch führte Harald Prantl

LAOLA1: Du sprichst an, dass du zum linken Mittelfeldspieler umfunktioniert wurdest. Wurmt dich das?

Junuzovic: Ehrlich gesagt: Ja. Ich kenne den genauen Grund nicht, warum ich fast immer nur auf der Außenbahn eingeplant bin. In den ersten beiden Jahren bei der Austria habe ich immer in der Zentrale gespielt. Das war mein Spiel. Ich hatte pro Partie 90 bis 100 Ballkontakte. Auf der Außenbahn kriegst du nur jede dritte, vierte Minute den Ball. Das ist schwierig für mich, weil ich es nicht gewohnt bin. Außen wartet man auf eine Aktion, in der Mitte kann man sie selbst gestalten. Deswegen kommt mir das nicht so entgegen. Dadurch, dass wir immer viel im Ballbesitz sind, ist das Problem aber nicht so groß.

LAOLA1: Stimmt es, dass immer wieder Vereine kommen, um dich zu beobachten, sie sich dann aber nicht wirklich ein Urteil bilden können, weil du nicht auf deiner angestammten Position spielst?

Junuzovic: Das ist dann das Problem. Ich weiß nicht, mit welchen Gedanken die Beobachter kommen. Wenn sie mich auf der Außenbahn sehen, werden sie sich wohl meistens denken, dass ich ein Außenbahn-Spieler bin. Das wollte ich immer vermeiden. Ich bin ein zentraler Spieler.

LAOLA1: Du hast 2011 elf Tore erzielt und 21 Assists gegeben. Geht da noch mehr?

Junuzovic: Es geht immer noch besser. Aber dieser Wert ist für mich ein Wahnsinn, den hatte ich in den Jahren davor nie. Ich bin sehr stolz darauf, auf der Außenbahn so einen Wert zu erreichen. Aber ohne unseren Spielstil, wäre es nie dazu gekommen. Diesen Wert habe ich auch der Mannschaft zu verdanken.

LAOLA1: Zu Beginn deiner Karriere hattest du das Problem, kaum Tore zu erzielen…

Junuzovic: Ich will mich von Jahr zu Jahr steigern. Man wächst mit der Verantwortung. Ich versuche stets, mich zu verbessern. Ich habe in den letzten Jahren Erfahrung gesammelt und weiß besser, wie ich mich in gewissen Situationen verhalten muss. Ich glaube, dass ich in den letzten ein, zwei Jahren den Fortschritt gemacht habe, in gewissen Situationen nicht mehr so viel nachzudenken. Viel wurde automatisiert. So ist es zu erklären, dass ich mehr Tore erziele.

LAOLA1: Du sprichst die gestiegene Verantwortung an. Wie gehst du damit um?

Junuzovic: Es ist nicht einfach. In Wien wird man sehr schnell erkannt. Wenn die Leistungen nicht stimmen, fragen dich die Leute, was los ist. Ich stehe im Rampenlicht, trage die Verantwortung für den Erfolg. Ein gewisser Druck ist immer vorhanden. Das ist eine Herausforderung. Man muss immer konzentriert sein, darf nie abschalten, muss immer an sich arbeiten und vor den Trainings Extraschichten einlegen. Geschenkt wird einem gar nicht. Wir wissen ja: Wenn es ein bisschen schlechter läuft, hauen sehr, sehr viele Leute sofort auf einen hin, weil viele sehr neidisch sind.

LAOLA1: Du bist ein Spieler, der sich immer den Medien stellt. Nervt das manchmal? Denkst du dir manchmal: Lasst mich in Ruhe, eigentlich habe ich nichts zu sagen?

Junuzovic: So ist es nicht. Nach dem Spiel hat man immer etwas zu sagen, immer einen eigenen Eindruck von der Partie. Das will ich auch loswerden. Aber es sind natürlich immer wieder Fragen dabei, die man nicht beantworten kann, die in diesem Zusammenhang auch gar nicht passen – das nervt manchmal schon ein bisschen. Aber warum sollte man sich nicht nach Niederlagen auch grundsätzlich den Medien stellen? Die Fans wollen ja auch wissen, welches Gefühl man nach einem Spiel hat. Ich finde das normal, das sollte jeder Spieler machen.

LAOLA1: Liest du regelmäßig Berichte über die Austria?

Junuzovic: Ja. Wenn man jeden dritten Tag ein Spiel hat, ist man dazwischen oft daheim, um sich auszuruhen. Da wird einem schnell einmal langweilig und dann liest man diverse Sachen. Man darf aber das ganze Drumherum nicht zu ernst nehmen, muss seinem Gefühl nachgehen. Jeder kann sich selbst einschätzen, weiß, ob er gut oder schlecht gespielt hat.