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Die weichen Knie des Thronfolgers

Die weichen Knie des Thronfolgers

Die Bühne ist noch ungewohnt. Der Rummel etwas gar groß.

Nikola Bilyk durchlebt gerade eine sehr aufregende Zeit.

Die Handball-WM in Katar stellt für den Wiener – wie er selbst sagt – den „Höhepunkt“ seiner bisherigen Karriere dar. Kein Wunder, ist Bilyk gerade einmal 18 Jahre alt und somit der mit Abstand jüngste Spieler im österreichischen WM-Kader. Da darf der Vergleich mit den Allerbesten der Welt noch etwas ungewohnt sein.

„Jugend-Europameisterschaften, Jugendspiele…das alles sollte mich schrittweise auf Dinge wie das hier vorbereiten“, meint der Youngster.

Trotz seiner geringen Erfahrung zählt Teamchef Patrekur Johannesson auf den Rückraumspieler der Fivers, bot ihn sowohl beim 30:32 gegen Kroatien, als auch beim 23:21 über Bosnien von Beginn an auf. Auch wenn die Leistungen Bilyks, der auf einen bzw. drei Treffer kam, noch Luft nach oben lassen, ist das Vertrauen in ihn unterschüttert. Und dafür gibt es einen Grund.

Weiche Knie

Auch wenn die WM sein bisheriges Highlight darstellt, ist sie für Bilyk dennoch nur eine Vorbereitung auf das, was noch kommt. „Damit ich die Fehler, die ich hier mache, später einmal nicht mehr mache“, gibt er gegenüber LAOLA1 einen Satz wieder, den er bestimmt von einem seiner Trainer oder gar von seinem Handball-Vater Sergiy, der bei den Margaretnern das Tor hütet, eingeimpft bekam.

Da über eigene Unzulänglichkeiten zu sprechen angeblich den Charakter fördert und wir es ohnehin genauer wissen wollen, haken wir nach, welche Fehler er denn gemacht habe. „Ich war im ersten Spiel unfassbar nervös“, gesteht er. „Das war nicht notwendig. Dabei bin ich normalerweise nicht der Typ, der so nervös ist.“

Johannesson haderte nicht lange mit den weichen Knien des WM-Debütanten. „Klar ist er gegen Kroatien nervös, das gehört dazu. Aber Niko spielt nicht, weil er jung ist, sondern weil er meiner Meinung nach der beste linke Rückraum in Österreich ist. Das hat nur etwas mit Leistung zu tun, Alter spielt da keine Rolle“, stellt sich der Isländer vor seinen Schützling.

Auf den ersten Blick

Doch der Hobby-Psychologe aus dem Hohen Norden beließ es nicht nur bei Worten. Am Tag nach dem Kroatien-Spiel, also Stunden vor dem Bosnien-Match erklärte Johannesson bei der Mannschaftsbesprechung, dass erneut Bilyk aufbieten werde. „Er hat gesagt: Weil ich weiß, dass du es diesmal besser machst“, verrät der Jungspund.

Das Vertrauen bzw. das Wissen, auch Fehler machen zu dürfen, gaben Bilyk in Folge die notwendige Sicherheit für die Bosnien-Partie, in welcher er wesentlich besser ins Spiel fand als noch tags zuvor.

Den bis 2017 laufenden Vertrag bei den Fivers möchte er laut eigenen Angaben zwar noch erfüllen, doch die Vermutung liegt nahe, dass er sich bereits diesen oder spätestens nächsten Sommer verabschiedet. Dann würden auch die Fivers noch etwas Geld bekommen.

Gegen sein Geburtsland

Mit Österreichs nächstem Vorrunden-Gegner Tunesien (Montag, 19 Uhr MEZ) hat Bilyk eine ganz besondere Verbindung. Denn es ist das Land, in dem er geboren wurde.

Auch wenn sein Wikipedia-Eintrag (Stand 18.1.15) etwas anderes behauptet, erblickte klein Nikola in Nordafrika das Licht der Welt, als sein Vater gerade dort spielte.

Das Gastspiel dauerte jedoch nicht lange. Nach nur einer Saison wechselte der Torhüter samt Kind und Kegel wieder zurück in seine Heimat Ukraine. „Als ich dann zwei oder drei Jahre alt war, sind wir nach Wien gekommen“, schildert Nikola. In das Land, in dem er sich zuhause fühlt.

Bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres hatte er somit die Wahl, für Österreich, die Ukraine oder gar Tunesien aufzulaufen. „Aber für mich war das aber nie eine wirkliche Frage“, sagt er und wird am Montag sein drittes WM-Match für den ÖHB bestreiten.

Und wenn es Johannesson will, dann sogar von Beginn an.

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer

Unterm Strich ein cleverer Schachzug von Johannesson, der weiß, was er an seinem Rohdiamanten hat. „Als ich 2011 alle großen Vereine in Österreich besucht habe, habe ich Nikola zum ersten Mal gesehen. Ich glaube, er war zwar erst 14 Jahre alt, aber ich habe damals schon gewusst, dass ihm die Zukunft gehören wird“, erinnert er sich.

Früh der U20 entrissen

Bilyk gilt im ÖHB-Team als logischer Nachfolger des bereits 36-jährigen Regisseurs Viktor Szilagyi.

„Viele sprechen vom Umbruch“, sind dem Hoffnungsträger auf der Mitte-Position die Zeichen der Zeit ebenfalls nicht entgangen.

In der Tatsache, dass er die erfolgreiche Zeit im U20-Team nicht voll auskosten kann, sieht Johannesson sogar eine Parallele zu Nikola Karabatic. „Den haben sie auch ganz früh aus dem Nachwuchs raus und haben ihn ins Nationalteam der Große gesteckt“, zieht er der Teamchef einen Vergleich mit dem französischen Welthandballer.

Abgang eine Frage der Zeit

Bei den Junioren hat Bilyk ohnehin schon seine Duftmarken gesetzt. Im Vorjahr kürte er sich mit 17 bei der Heim-EM der Unter-20-Jährigen zum Torschützenkönig und wertvollsten Spieler des Turniers.

Großklubs aus Deutschland und Spanien sollen bereits um ihn angefragt haben.