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Schlaflos in Doha

Schlaflos in Doha

Es ist ungewohnt, nach Partien der Handball-Nationalmannschaft auf den Spielbericht zu schauen und bei Viktor Szilagyi "0 Tore" zu lesen.

Insbesondere bei Großereignissen, bei denen der Kapitän gerne noch torgefährlicher als sonst ist. Wie auch immer war dieser besondere Fall im dritten Vorrundenspiel der WM in Katar gegen Tunesien eingetreten.

Das 25:25 bescherte Österreich zwar einen Zähler und den zwischenzeitlichen dritten Gruppenplatz (die ersten Vier steigen auf), Szilagyi jedoch eine harte Nacht. „Ich habe danach nur sehr schwer einschlafen können und auch schlecht geschlafen“, gesteht der Kapitän.

Dass dem 36-jährigen Routinier, der in seiner langen Laufbahn alle europäischen Klubbewerbe gewonnen hat, das so zu Herzen geht, verdeutlicht, mit wie viel Emotion er nach wie vor bei der Sache ist. Irgendwie aber auch kein Wunder, schließlich könnte die WM im Wüstenemirat sein letztes Großereignis sein.

Mit einem Sieg am Mittwoch (15 Uhr) gegen den Iran könnten Österreichs Handball-Herren erstmals in die K.o.-Phase einer WM aufsteigen. Allerdings gibt es erst seit der Modus-Änderung 2013 ein Achtelfinale.

Körner gelassen

„Ich habe mich über sehr viel geärgert“, geistert in Szilagyis Kopf vor allem die Schlussphase herum, als dem ÖHB-Team aus seinen letzten beiden Angriffen kein Treffer mehr gelang. „Das finde ich wirklich schade. Vielleicht waren wir auch etwas zu passiv. Aber diese knappen Situationen zu analysieren ist schwierig.“

„Wir sind definitiv Favorit. Alleine von dem her, was wir im Gegensatz zu ihnen bei diesem Turnier schon gezeigt haben“, begründet Szilagyi, gibt im gleichen Atemzug jedoch zu bedenken, dass es bei dieser WM schon einige enge Entscheidungen gab. „Nichtsdestoweniger war es schon vor der WM für jeden von uns klar, dass wir für das Achtelfinale einen Sieg über den Iran brauchen. Daran hat sich nichts geändert.“

Einfach drauf los

Was auf Österreich mit dem Iran zukommt, fällt nach wie vor unter die Kategorie Wundertüte. Zwar hat das Video-Material der drei WM-Matches Licht ins Dunkel einer Mannschaft geworfen, die ausschließlich in der heimischen Liga tätig ist, ihre Spielweise hat aber nach wie vor Überraschungspotenzial.

„Mir kommt vor, dass bei ihnen sehr viel im instinktiven Bereich stattfindet. Übertrieben gesagt, spielen sie gerne einfach so drauf los“, charakterisiert Szilagyi. „Sich taktisch darauf einzustellen, wird schwierig.“

Von daher werde die Marschroute lauten, sich mehr auf den eigenen Matchplan zu konzentrieren. Wie das geht, wurde bereits in eindrucksvoller Manier von Gruppenfavorit Kroatien beim 41:22 am Montag vorexerziert.

Na dann: Bitte nachmachen.

 

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer

Szilagyi und Co. bekamen nach dem Match einen Halbtag frei, um die Akkus wieder ein wenig aufzuladen, ein bisschen abzuschalten und um den schmerzenden Knochen ein wenig Ruhe zu gönnen. Die mussten gegen Tunesien ordentlich in die Schlacht geworfen werden. Der physisch enorm starke Gegner setzte jedes Gramm Körpergewicht sehr zielführend ein und teilweise auch über den Grenzen des Erlaubten.

„Das war auch mental schwer, weil es viele Provokationen gab, bei denen du aber weiter ruhig bleiben musst.“ Von der Spielanlage sei man gut vorbereitet gewesen. Taktik war, den Abschluss über die Flügel zu suchen. „Dass Robert und Raul an diesem Tag nicht die beste Wurfquote hatten, ist untypisch für sie, aber das kann in einer Ausnahme-Situation wie einer WM nun mal vorkommen. In einem normalen Spiel hätten wir gewonnen“, ist sich der Regisseur sicher.

Bei seiner eigenen Performance sieht er es ähnlich. Zwar sei ihm die Deckungsvariante der Tunesier nicht entgegengekommen, „aber letztlich habe ich auch nicht meine optimale Leistung gebracht“. Positiv sei, dass es nur zwei Tage später schon wieder weitergeht und ein möglicher Sieg gegen den Iran das Tunesien-Spiel praktisch vergessen macht.

Breite Brust mit möglichst wenig Krampf

Die Ausgangslage vor dem vierten Gruppenspiel ist völlig klar: Gegen den noch punktelosen Iran muss ein Sieg her.

Trainer und Spieler sprechen unisono vom „Annehmen der Favoritenrolle“. Einerseits zwar Ausdruck der breiten Brust, andererseits jedoch auch ein sich selbst Druck auferlegen. Zumal das österreichische Spiel schon gegen Tunesien zeitweise recht verkrampft war.