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Die Tops und Flops der Handball-WM

Die Tops und Flops der Handball-WM

Mit dem 25:22-Finalsieg Frankreichs über Katar gehen die 24. Handball-Weltmeisterschaften zu Ende.

Das Event im Wüstenstaat hat zweifellos viel Sand aufgewirbelt und gab einen kleinen Vorgeschmack darauf, was in den kommenden Jahren noch auf Doha und die Welt zukommen könnte.

LAOLA1 hat die Tops und Flops zur Handball-WM:


TOP

Österreich:

Die Meinungen über das Abschneiden der ÖHB-Truppe gehen auseinander. Man habe sich mit dem Verpassen des Viertelfinals die Chance auf eine erstmalige Olympia-Qualifikation so gut wie verbaut und Gegner wie Mazedonien oder Kroatien haben die eigenen Schwächen knallhart aufgezeigt, sagen Kritiker.

Österreich nach dem Sieg in der Vorrunde über Bosnien

Nichtsdestoweniger steht auf der Habenseite der erstmalige Einzug in die K.o.-Phase einer Weltmeisterschaft. Grund genug also, die Truppe von Teamchef Patrekur Johannesson unter „Top“ zu verbuchen.

Auch wenn es ein Achtelfinale bei WM-Turnieren erst seit 2013 gibt, ist das ÖHB-Abschneiden ein Schritt nach vorne, wie die Tatsache belegt, dass Österreich für die Auslosung der EM-Qualifikation für 2018 aus Topf zwei gezogen wird.

Medienwirksamkeit:

Wenn Österreichs Handball-Asse bei einem Großereignis zum Ball greifen, dann interessiert das den österreichischen Fan. Seit der Heim-EM 2010 ging das Interesse an den Spielen fast sukzessive nach oben.

Die LAOLA1-Beiträge über Handball verzeichneten ein sattes Reichweiten-Plus. Auch die Interaktion mittels User-Kommentare stieg massiv an, was freilich den polarisierenden Themen rund um die Nationalitätenvielfalt der katarischen Sieben sowie den Schiedsrichter-Pfiffen schuldete.

Der ORF vermeldete Ähnliches. Bei den ÖHB-Spielen fanden jeweils rund 100.000 Zuschauer den Spartensender ORF Sport+. Wiederholungen in ORF1 brachten es auf Spitzen von bis zu 200.000. Sicherlich ist man damit von anderen Sportarten noch ein gutes Stück entfernt, doch dem angestaubten Image vom Turnsaalsport ist man längst enteilt.

Bedingungen:

Den Sportlern bot sich eine perfekt organisierte WM. Bei der Unterbringung in Luxus-Hotels angefangen, über die umfassende Verpflegung in separaten Speisesälen, bis hin zu den Aufwärmhallen – es blieben keine Wünsche offen.

Ein Blick in die ÖHB-Zimmer

Selbst die Team-Transfers gingen dank Polizei-Eskorte trotz des teils recht kniffligen Verkehrs auf die Minute genau von statten.

Ein derartig gut organisiertes Turnier werden die Athleten wohl so schnell nicht wieder vorfinden. Auch weil es kaum ein Land auf der Welt gibt, in dem die Frage nach den finanziellen Mitteln dermaßen nebensächlich ist.


FLOP

Glaubwürdigkeit:

Die negativen Aspekte dieser WM wurden bereits während des Turnierverlaufs umfassend thematisiert. Diese Weltmeisterschaft fügt dem ohnehin schon angekratzten Image des Handball-Weltverbandes (IHF) eine tiefe Narbe hinzu.

Zuerst die Wildcard-Vergabe an Deutschland, welcher dem Anschein nach rein wirtschaftliche Überlegungen zugrundeliegen, und dann das Theater um eine mögliche Bevorzugung Katars durch die Schiedsrichter.

Ist dem windigen Präsidenten Hassan Moustafa und seinen IHF-Compagnons, zu denen auch Katars Staatsoberhaupt Tamim bin Hamad al Thani als Schatzmeister gehört, noch zu trauen? Viele der neugewonnenen österreichischen Handball-Fans meldeten massive Zweifel an.

Nachhaltigkeit:

Dass die Arenen schön und hochmodern sind, steht außer Frage. Doch wie die drei Sporttempel in Zukunft angemessen genützt werden sollen, bleibt ein Mysterium. Während Duhail (5.500 Plätze) und Al-Sadd (7.700) noch ein für Katar passendes Volumen vorweisen, darf im Falle der mitten im Nichts erbauten Lusail Multipurpose Hall offen bezweifelt werden, ob der 15.300 Zuschauer große Prunkbau überhaupt jemals ausverkauft sein wird.

Die Lusail-Halle beim Finale

Zwar konnte er in der Schlussphase der Handball-WM gefüllt werden, doch von aus-VERKAUFT kann keine Rede sein. Während eine spanische Fan-Gruppe sogar extra eingeflogen wurde, sollen Einheimische für das Jubeln bezahlt oder Eintrittskarten verschenkt worden sein.

Ticketing:

Beim Organisieren von Fans sind die Veranstalter über das Ziel hinausgeschossen. So mussten im Viertelfinale zwischen Katar und Deutschland über 50 Fans trotz gültiger Karten draußen bleiben. Katarische Anhänger waren lange vor Spielbeginn in die Halle geschafft worden und hatten die verkauften Sitze eingenommen. „Der Ordner hat gesagt, es ist alles voll. Die Plätze gibt es nicht mehr. Hier sitzt jetzt die katarische Armee“, berichtete Sandra Laukermann, Freundin von DHB-Kapitän Uwe Gensheimer, in deutschen Medien. Nur mit Glück gelangte sie dennoch in die Halle und verfolgte das Match auf den Stiegen sitzend.

Die Geräuschkulisse war in Katar eine etwas andere

Auch bei anderen Spielen tauchten Probleme auf. Bei Österreich-Tunesien waren einige Plätze doppelt verkauft worden. Aufgrund vieler noch freier Sitze war das Umsiedeln des österreichischen Anhangs runter auf den ersten Rang allerdings kein Problem. „Dem Veranstalter ist das Ticketing-Programm im Vorfeld abgestürzt“, glaubt ÖHB-Generalsekretär Martin Hausleitner eine mögliche Ursache zu kennen.

Darüber hinaus präsentierten die Organisatoren die exakten Fan-Packages erst im Herbst. Etwas, das im Handball normalerweise sofort nach der Auslosung bekannt wird. „Dadurch haben sie viele Fans verloren. Auch bei uns haben viele Fans ihr Interesse letztlich zurückgezogen. Schließlich müssen sie sich Urlaub nehmen und wollen wissen, ob sie nun in einem Hotel am Strand oder irgendwo in der Stadt wohnen“, kann Hausleitner die Wünsche der Fans verstehen.

Getränke-Sponsor:

Zum Abschluss noch etwas mit Schmunzelfaktor: Vor dem Turnier herrschte kurz Aufregung um „Go&Fun“, dem Getränke-Sponsor und Ausstatter der WM. Der Veranstalter informierte die teilnehmenden Föderationen, dass der Genuss des italienischen Energiedrinks einen positiven Dopingtest nach sich ziehen könne.

Daraufhin mussten auch die mit dem Logo versehenen Getränke-Flaschen vom Spielfeldrand verschwinden. Denn auch wenn etwas anderes drinnen ist, sollten die Akteure nicht beim Trinken aus vermeintlichen „Doping-Behältnissen“ abgelichtet werden. LAOLA1 hat “Go&Fun“ probiert, fühlte sich danach aber nicht positiver als sonst.

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer