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Das zehn Minuten lange Haar in der Suppe

Das zehn Minuten lange Haar in der Suppe

Bei Niederlagen wieder aufbauen und bei Siegen die Euphorie ein wenig drosseln.

Die Kunst, die Stimmung in und rund einer Sportmannschaft wohl zu temperieren, gehört zum Ein-mal-Eins eines jeden Trainers. Handball-Teamchef Patrekur Johannesson stellt da keine Ausnahme dar.

Das 38:26 gegen den Iran war eigentlich genau das, was Österreich bei der WM in Katar gebraucht hat. Ein relativ nervenschonender Sieg, der bereits vor dem letzten Gruppenspiel am Freitag gegen Mazedonien den ersten Achtelfinal-Einzug in der ÖHB-Geschichte in trockene Tücher brachte.

Er war aber offenbar nicht ganz das, was sich Johannesson vorgestellt hat. Der Isländer hatte nach dem Ende nämlich mehr Redebedarf über die Schlussphase der ersten Halbzeit, als über den Rest der Partie. „Diese zehn Minuten dürfen nicht noch einmal passieren“, erklärte er der versammelten Journalisten-Meute eindringlich.

Österreich hatte in dieser Phase der Partie innerhalb von zwei Minuten einen 0:4-Lauf hinnehmen müssen.

Zu wenig mit dem Körper gesprochen

Dabei hatte das Match ganz nach dem Geschmack der Handvoll österreichischer Schlachtenbummler begonnen, die einen 7:1-Vorsprung bejubeln durften. Johannesson bekam dadurch wie erhofft die Gelegenheit, seine Stammkräfte zu schonen.

„Raul Santos, Robert Weber oder ein Max Hermann MÜSSEN in so einem Match viele Pausen bekommen“, so der 42-Jährige, der dadurch den Ersatz-Flügeln Dominik Ascherbauer und Marian Klopcic zu ihrem WM-Debüt verhalf. Im Rückraum bekamen Roland Schlinger, Janko Bozovic und Lucas Mayer vermehrt Einsatzzeiten.

„Wenn wir diese schlechten Phasen gegen sie neuerlich zeigen, haben wir gegen Mazedonien keine Chance“, macht sich Johannesson nichts vor. Ein Sieg über Lazarov und Co. würde indes den zweiten Platz in der Gruppe B bringen.

In den letzten beiden Duellen zog Österreich jeweils den Kürzeren, beide Matches waren von vielen Emotionen geprägt. „Es wird keinen Privatkrieg mit Mazedonien geben“, will Viktor Szilagyi nichts unnötig hochspielen.

Welchen Achtelfinalgegner welcher Platz letztlich bringen wird, ist noch unklar. Jedenfalls wird es einer aus dem Trio Spanien, Katar oder Slowenien. Da Tunesien 27:24 gegen Bosnien gewinnt, ist für das ÖHB-Team sogar noch der vierte Gruppenrang möglich. Auf alle Fälle wartet am Freitag eine Konstellation mit vielen Variablen.

 

Aus Doha berichtet Reinhold Pühringer

Doch plötzlich klappte im österreichischen Spiel nichts mehr so richtig. Ganz zum Missfallen von Johannesson, der in der Pause laut Max Herrmann aber nicht unnötig laut wurde. Das unrund gewordene ÖHB-Spiel setzte sich zunächst auch nach dem Seitenwechsel fort.

„Von den unzufriedenen Spielern, die nicht viel spielen, will ich mehr sehen. Von Janko und Roland muss mehr kommen“, stellte Johannesson klar. „Ich erwarte mir von ihnen keine Tore, aber bessere Körpersprache.“ Ascherbauer und Klopcic hätten ihre Sache indes gut gemacht. „Ich wollte eigentlich noch mehr wechseln, aber das ging nicht.“

Aus Sicht des Chefstrategen hat die Leistung gegen den Iran zu große Lücken aufgewiesen. „Ein richtiges Top-Team zieht seine Spielweise über 60 Minuten lang durch. Bei uns hatte ich in den letzten zehn Minuten aber das Gefühl, dass jeder Torschützenkönig werden wollte.“

Rechenspiele bahnen sich an

Unterm Strich schoss sich Johannesson also sehr ausgiebig auf die negativen Aspekte des Iranspiels ein, was angesichts des nächsten Gegners wohl auch keine Überraschung darstellt. Denn mit Mazedonien wartet am Freitag ein Team, welches sich bislang als kampfstarke und clevere Mannschaft präsentierte und gegen Kroatien mit 29:25 seine erste Niederlage einstecken musste.