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"Deutschland-Partie ist unser erstes Endspiel"

Nicht nur die Handball-Fans mussten kurz schlucken, als Österreichs Auslosung für die anstehende EM-Qualifikation feststand.

Auch unter Nationalspielern sorgten die Gruppengegner Spanien, Deutschland und Finnland für – nennen wir es – kurzes Aufhorchen.

„Eine Hammergruppe“, gesteht Roland Schlinger.

Der Start hat es mit Spanien auswärts (Mittwoch) und Deutschland zu Hause (Sonntag) in sich. Nur die beiden Erstplatzierten sowie der beste Dritte aller sieben Gruppen qualifizieren sich direkt für die Endrunde 2016 in Polen.

Bevor es für Österreich ernst wird, bat LAOLA1 mit Schlinger jenen Mann zum Interview, der schon in den Ligen der beiden Auftaktgegner spielte:

LAOLA1: Viktor Szilagyi musste für den EM-Quali-Auftakt absagen. Wie sehr hat dich das überrascht?

Roland Schlinger: Als ich Vytas (Ziura; Anm.) UND Viktor auf der Kaderliste stehen gesehen habe, habe ich mir schon gedacht, dass wohl einer der beiden nicht mit dabei sein wird. Für uns ist klar, dass sie am Ende ihrer Nationalteam-Karrieren mehr Pausen brauchen. Wer weiß, wie lange sie noch mit dabei sind. Ich hoffe, dass wir bei der WM noch auf sie zählen können.

LAOLA1: Der Auftakt hat es in sich. Inwieweit seid ihr gegen solche Kaliber bereits in der Lage, die beiden zu ersetzen?

Schlinger: Schwierig. Insofern ist es sehr wichtig, dass mit Vytas zumindest einer mit an Bord ist. Sonst hätten wir keinen echten Mitte-Spieler. Meiner Meinung nach wird der Umbau auf dieser Position für die zukünftige Entwicklung des Teams ein entscheidender Faktor.

LAOLA1: Mit Nikola Bilyk steht ein großes Talent auf dieser Position parat.

Schlinger: Nikola ist eines der größten Talente, das wir in Österreich je hatten. Für das Nationalteam muss man ihm halt noch ein wenig Zeit geben. Er macht zweifellos Riesenfortschritte und seine Entwicklung geht steil nach oben, aber man muss schon noch ein bisschen realistisch bleiben. Zumindest für die nahe Zukunft. Mittel- und langfristig sehe ich Nikola als Nummer eins.

LAOLA1: Ist er in der Team-Hierarchie schon richtig angekommen?

Schlinger: Ja, Patti (ÖHB-Teamchef Patrekur Johannesson; Anm.) hat von Anfang an auf ihn gebaut und ihn eingesetzt. Je mehr du dabei bist – auch in jungen Jahren – desto mehr kommst du dran. Er macht seine Sache gut, hat Respekt, lernt gerne. Er hat mit Vytas einen im Verein, von dem er sich viel abschauen kann. Talent und Wille – das ist eine gute Kombination.

LAOLA1: Du als ehemaliger Spanien-Legionär weißt recht genau, was beim EM-Quali-Auftakt auf euch zukommt.

Schlinger: Nicht nur ich, auch die anderen. Das ist eine der besten Mannschaften der Welt. Wir werden versuchen, sie zu ärgern. Am Sonntag danach folgt dann gegen Deutschland das erste Endspiel in der Quali.

LAOLA1: Wodurch zeichnet sich das spanische Spiel aus bzw. was ist euer Schlüssel zum Erfolg?

Schlinger: Spanien spielt eine recht aggressive Deckung, die ganz schwer zu knacken ist, was man erst bei der vergangenen EM wieder gesehen hat. Vorne sind sie am Kreis eine Macht. Freilich gehören auch ihr Rückraum und ihre Außen zur Weltklasse, aber wenn ich es auf zwei Dinge reduzieren müsste, dann wären es Deckung und Kreis.

LAOLA1: Kreisläufer Julen Aguinagalde kennst du ja besser...

Schlinger: Mit ihm habe ich bei Ademar zusammengespielt. Auf seiner Position gehört er zu den Besten der Welt. Vom Charakter her ein super Typ. Ganz ruhig und sehr sympathisch.

LAOLA1: Wie weit ist Deutschland unter Neo-Teamchef Dagur Sigurdsson schon?

Schlinger: Schwer zu sagen, was Dagur in dieser kurzen Zeit bewegen konnte. Er wird dem Team mit Fortdauer seinen Stempel aufdrücken, was heißt, dass sie immer stärker werden. Jetzt haben wir vielleicht das Glück, dass sie noch nicht so weit sind. Die Deutschen werden aber mit Sicherheit einen Aufwind erleben. Dagur zu verpflichten, war die beste Entscheidung, die sie treffen konnten. Wir alle wissen ganz genau, was er bei uns bewirkt hat. Seitdem er bei uns war, geht es mit dem Nationalteam bergauf. Er war der Schlüssel zum Erfolg. Darum bin ich mir sicher, dass er das bei den Deutschen auch wieder hinbekommt. Von Spielermaterial haben sie ohnehin Top-Leute.

Dagur Sigurdsson betreute bis 2010 das österreichische Nationalteam
LAOLA1:Musstest du erst einmal schlucken, als du die EM-Quali-Gruppe erfahren hast?

Schlinger: Ja schon. Bereits bei der letzten EM-Quali, als wir Serbien und Russland dabei hatten, haben wir geschluckt. Jetzt haben wir wieder eine Hammer-Gruppe. Da sind wir offenbar nicht vom Glück verfolgt. Hilft nichts. Wir haben uns schon einmal in so einer Gruppe durchgesetzt – warum also nicht noch einmal?

LAOLA1: Du bist bei Hard zurück in der HLA. Wie zufrieden bist du mit deiner bisherigen Comeback-Vorstellung?

Schlinger: Es hat eigentlich ganz gut begonnen. In der Vorbereitung bin ich verletzungsfrei geblieben, was mich positiv stimmt. Die Leistungen waren auch ganz gut, aber sagen wir mal so: Ich erwarte mir immer mehr von uns und mir, weshalb ich finde, dass wir noch nicht dort sind, wo wir sein müssten.

LAOLA1: Bei wie viel Prozent siehst du euch?

Schlinger: Schwierig, das in Zahlen zu sagen. Vielleicht ist meine Unzufriedenheit auch ein gutes Zeichen. Vom Spielerischen her geht auf alle Fälle noch einiges mehr. Auch bei mir. Momentan ist es wichtig, dass wir Punkte holen, was wir auch gemacht haben. In der Tabelle sind wir voll dabei. Auch der HLA-Modus mit dem Grunddurchgang kommt uns entgegen. Ich bin optimistisch, dass wir uns in der zweiten Saison-Hälfte als Mannschaft richtig gefunden haben.

 

Das Interview führte Reinhold Pühringer