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Österreichs "Goldene Generation"

Österreichs

Österreich verfügt über eine „Goldene Generation“.

Mit der Qualifikation für die EM in Dänemark 2014 setzte die Mannschaft den nächsten Meilenstein. Nie zuvor schaffte ein Handball-Nationalteam die sportliche Qualifikation für eine Europameisterschaft. Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Schweden 2011 war ebenso eine Benchmark, wie der neunte Platz beim kontinentalen Heimturnier 2010. Binnen drei Jahren schrieb diese Mannschaft die Geschichtsbücher neu.

Dabei hat sich das Grundgerüst des Kaders über die letzten Jahre gesehen nur marginal verändert. LAOLA1 wirft einen Blick auf den Kader und streicht die Protagonisten der Nationalmannschaft heraus.

Der Chef

Viktor Szilagyi ist das Hirn der Mannschaft. Spielerisch der beste Handballer, der je das österreichische Nationaltrikot getragen hat, ist der mittlerweile 34-Jährige Denker, Lenker und Torgarant in Personalunion. Übernimmt Verantwortung, wenn es vonnöten ist und ist der unumstrittene Anführer auf und neben dem Platz. Ohne seine Qualität wäre Österreich um eine Klasse schlechter. Auffallend, dass er nur selten aus der Haut fährt oder laut wird. Diese Abgebrühtheit ist auch wichtig für junge Spieler, die immer darauf vertrauen können, dass ihr Kapitän noch ein Ass im Ärmel hat.

Der Aggressiv-Leader

Vytas Ziura nahm schon bei der Heim-Euro als Einser-Verteidiger eine Schlüsselrolle ein. Der frischgebackene „Handballer des Jahres“ ist nicht nur schnell auf den Beinen, sondern verfügt über ein hohes Maß an Spielintelligenz. Seine provokante Art gepaart mit seiner Härte machte ihn schon bei vielen Gegenspielern zum unbeliebten Feindobjekt. So werden Serbiens Superstar Momir Illic und der Fivers-Spielmacher seit der EM 2010 mit Sicherheit keine Freunde mehr. Ein Spieler, den sich jeder Trainer für seine Mannschaft wünscht, gegen den aber keiner gerne spielt.

Der Stoiker

Nikola Marinovic gehört zu den besten Torhütern der Bundesliga und es scheint als hätte seine  Formkurve trotz seines fortgeschrittenen Alters von 36 Jahren ihren Zenit noch nicht erreicht. Ein intelligenter Tormann, der auf spektakuläre Saves und Showeinlagen komplett verzichtet und sich stattdessen lieber auf seinen Job konzentriert. Liest das Spiel des Gegners sehr gut und ist vor allem von den Flügeln nur sehr schwer zu überwinden. Vor allem in Spielen von großer Bedeutung wächst der gebürtige Serbe meist über sich hinaus, wobei es mitunter schon vorkommen kann, dass er in manchen Spielen überhaupt keine Hand an den Ball bekommt. Einen Mittelweg gibt es zumindest im ÖHB-Trikot selten.

Der Verrückte

Sollte Marinovic mal einen seiner schlechten Tage haben, verfügt Teamchef Johannesson mit Thomas Bauer über einen zweiten Torhüter, der in den letzten Jahren ein enorme Entwicklung genommen hat. Der ehemalige Fivers-Schlussmann wechselt in dieser Transferperiode von Absteiger Neuhausen zum Traditionsverein Lemgo und dies nicht per Zufall. Der 27-Jährige ist ein ehrgeiziger Arbeiter, der sich per Videoschulung ganz genau auf seine Gegner vorbereitet. Bauer lebt von seiner provokanten und aggressiven Spielweise, die im völligen Gegensatz zum Naturell von Marinovic steht. Aus diesem Grund ergänzen sich die beiden Schlussmänner auch so gut. Bauer ist als Motivator und Stimmungsmacher ein sehr wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft.

Der Manager

Conny Wilczynski gehörte während seiner Zeit bei den Füchsen Berlin zu den besten Linksaußen der Welt. Mittlerweile ist der Wiener zu seinem Heimatklub Westwien zurückgekehrt und dort sowohl als Manager, aber auch noch als Spieler, im Einsatz. Zwar hat er körperlich im Vergleich zu seinen Hochzeiten ein wenig abgebaut, die spielerische Klasse hat der 31-Jährige aber ohne Zweifel noch. Mit seiner Erfahrung, unter anderem wurde er als einziges Österreicher Torschützenkönig der deutschen Bundesliga, ist er vor allem für Raul Santos von immenser Bedeutung. Wilczynski spricht viel mit dem aufstrebenden Flügel und lässt ihn an seinem Wissen teilhaben. Dass ihn der jüngere Konkurrent aus der Start-Sieben gedrängt hat, ist für Wilczynski kein Grund, ihm seine Unterstützung zu untersagen. Und wenn er auf dem Parkett steht, zeigt er wie gegen Russland, dass er es auch spielerisch noch immer drauf hat.

Die Flieger

Ein in Österreich sehr bekannter Fußball-Trainer wagte einmal die These, dass Europa uns um die beiden Stürmer Roman Wallner und Roland Linz noch beneiden werde. Nun ja, darüber lässt sich mit einem Rückblick auf deren Karrieren streiten. Fakt ist, dass so manche Nation die österreichische Handball-Nationalmannschaft bereits jetzt um Robert Weber (27) und Raul Santos (21) beneidet. Beide mit einer tollen Hand ausgestattet, sind sie pfeilschnell und verfügen über eine bewundernswerte Sprungkraft. Santos fehlt teilweise noch die Abgebrühtheit, mit 21 Jahren aber durchaus verständlich. Seine rasante Entwicklung kann nur durch eine Verletzung gestoppt werden. Weber hingegen ist bereits in der Weltspitze angekommen und gehört mittlerweile zu den besten Rechtsaußen. Ihre Gegenstöße sind ein wesentliches Element im österreichischen Spiel, wobei Weber teilweise auch durch Anspiele an den Kreis und Zaubertore aus dem Rückraum glänzt. Vom technischen Vermögen neben Szilagyi der beste Handballer im Kader.

Der Bomber

Stefan Kretzschmar sagte über den gebürtigen Wiener einst, er würde aussehen, als hätte man ihn gerade von der Alm geholt. Dabei bezog sich der ehemalige Weltklasse-Spieler und nunmehrige TV-Experte auf die Statur und die Urgewalt, die Roland Schlinger in seinem Arm hat. Gefürchtet ist sein gutes Eins-gegen-Eins und sein Stemmwurf aus dem Rückraum. Ansatzlos hämmert er das Spielgerät in Richtung gegnerisches Tor. In der Verteidigung als Zweier ebenfalls sehr wichtig, da er wie erwähnt über die nötige Physis, aber auch die schnellen Beine verfügt.

Die nächste Generation

Mit Maximilian und Alexander Hermann (beide 21) haben bereits zwei junge Hoffnungsträger im Nationaltrikot bewiesen, dass sie auf höchstem Niveau bestehen können. Vor allem in der Partie gegen Russland gehörte Alex Hermann zu den spielbestimmenden Figuren. Zwar bekam er fast nur in der Verteidigung Spielanteile, diese nutzte er aber, um auf sich aufmerksam zu machen. Die starke Defensive war einer der Garanten für den Sieg über Russland. Neben den Zwillingen gibt es auch noch Dominik Schmid (23), der auf Dauer zum Nachfolger von Viktor Szilagyi aufgebaut werden soll.

Das Team

Auch wenn die bereits genannten Spieler meist im Mittelpunkt stehen, ist es vor allem der Teamspirit, der die Mannschaft so erfolgreich macht. Im Gegensatz zu vielen anderen Nationen hat Teamchef Johannesson nur selten mit Absagen zu kämpfen. Die Spieler wollen das Trikot tragen und zeigen für Rot-Weiß-Rot vollen Einsatz. Bestes Beispiel ist Markus Kolar, der gemeinsam mit Hermann in der Verteidigung den Russen den Zahn gezogen hat. Solche Spieler geben dem Teamchef mehr Möglichkeiten und eine längere Bank macht oft den Unterschied.

Sebastian Rauch